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Barleber Gymnasiasten erforschen Schicksal des KZ-Zuges von Farsleben Hillersleber Historiker hat Kontakt mit amerikanischen Befreiern und Opfern

Von Burkhard Steffen 27.08.2011, 06:36

Hillersleben. In Hillersleben fiel gestern der Startschuss für ein Projekt von Schülern des Internationalen Gymnasiums in Barleben. Auf Initiative des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge erforschen sie die Geschichte des im April 1945 bei Farsleben gestrandeten Zuges und der etwa 2500 jüdischen KZ-Häftlinge, die damit aus Bergen-Belsen in das Vernichtungslager Theresienstadt gebracht werden sollten.

"Die Geschichte des Zuges und seiner Insassen soll möglichst gut aufgeklärt und dokumentiert werden", nannte Philipp Schrage vom Volksbund das Ziel des Projektes.

Viel Vorarbeit bei der Erforschung dieses Themas hat bereits der Hillersleber Hobbyhistoriker Klaus-Peter Keweloh geleistet. "Durch meine Nachforschungen habe ich viel Bildmatereial über den Zug und seine Insassen bekommen. Ich stehe in Kontakt mit dem amerikanischen Hauptmann, der mit seinen Panzern im April 1945 Farsleben erreichte und auf die jüdischen Menschen traf, die am Bahndamm lagerten. Kontakte haben wir auch mit Lexi Keston. Sie war als Sechsjährige im Zug. Sie erlebte das Sterben vieler Menschen und die Befreiung. Heute leitet sie das jüdische Museum im australischen Sydney." Dann zeigte Keweloh erschütternde Bilder.

Im April 1945 waren aus Bergen-Belsen drei Züge mit Häftlingen abgefahren. Einer erreichte Theresienstadt, ein anderer strandete bei Torgau. Der dritte Zug irrte drei Tage im Raum Magdeburg umher. Der Lokführer stammte aus Farsleben. Er fuhr zu seinem Heimatort und ließ den Zug hier stehen. Schwer an Ruhr erkrankt, verstarb er drei Tage später. Sein Schicksal teilten auch zahlreiche Insassen des Zuges, die vor Erschöpfung oder gezeichnet von Krankheiten kurz nach ihrer Befreiung verstarben.

Die amerikanischen Soldaten brachten die Überlebenden nach Hillersleben, wo sie gepflegt wurden. "Dennoch sind 138 Menschen hier verstorben", berichtete Keweloh. Am ehemaligen Gleisdreieck wurden 18 der Opfer beerdigt, in den fünfziger Jahren von sowjetischen Soldaten jedoch exhumiert und dann umgebettet. "Wir vermuten, dass sie in Hillersleben-Siedlung bestattet wurden, wo jetzt der Gedenkstein steht", sagte Keweloh. Ob diese Vermutung zutrifft, könnte sich in den nächsten Tagen herausstellen. Historiker Dr. Thomas Kubetzky von der Universität Hannover, der sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigt und gestern beim Projektauftakt in Hillersleben dabei war, will dazu Akteneinsicht im Kreisarchiv nehmen.

Eindrückliche Worte an die jungen Gymnasiasten richteten Joachim Falta und Hans-Jochen Tschiche. "Es darf niemals in Vergessenheit geraten, dass man versucht hat, Menschen fabrikmäßig umzubringen", mahnte Hans-Jochen Tschiche, der durch einen Volksstimme-Artikel auf das Projekt aufmerksam geworden war.

Später besichtigten die Schüler den jüdischen Friedhof und den Gedenkstein.