1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wolmirstedt
  6. >
  7. Cassuhn über ihren Job als Bürgermeisterin

Interview Cassuhn über ihren Job als Bürgermeisterin

Wolmirstedts Bürgermeisterin Marlies Cassuhn blickt auf ein Jahr mit ausgeglichenem Stadthaushalt und ruft einen Willkommenstag ins Leben.

Von Gudrun Billowie 26.01.2019, 00:01

Volksstimme: Frau Cassuhn, Sie wurden im Dezember als Bürgermeisterin für die nächsten sieben Jahre vereidigt. Sind Sie im neuen Amt und im neuen Büro in der ersten Etage angekommen?

Marlies Cassuhn: Ich habe mich um dieses Amt beworben und es mir genauso ausgesucht. Bürgermeisterin zu sein, ist der Abschluss und Höhepunkt meines beruflichen Lebens. Ich bin sehr dankbar, dass es so gekommen ist. Inzwischen bin ich auch im neuen Büro angekommen und genieße es außerdem, dass eine Büroleiterin für mich organisiert. Nur manchmal fehlt mir der direkte Kontakt zu den Leuten, die vorher an mein Fenster geklopft haben. Da saß ich im Erdgeschoss, aber hier oben kommt eben keiner mehr ran.

Volksstimme: Haben Sie schon gravierende Schwierigkeiten meistern müssen?

Marlies Cassuhn: Es ist sehr positiv, dass wir den gordischen Knoten in der Angelegenheit Jahnhalle zerschlagen konnten. Die Beschlüsse des Stadtrates haben dazu geführt, dass der Heimfall der Halle an die Stadt unmittelbar bevorsteht. Außerdem haben wir eine Vereinbarung zur Regelung der Schadensersatzforderungen mit dem Insolvenzverwalter abgeschlossen. Steht die Stadt als Eigentümerin im Grundbuch, ist sie Vermieterin des darin ansässigen Gesundheits- und Fitnessstudios.

Volksstimme: Welche Folgen ergeben sich daraus?

Marlies Cassuhn: Politik und Verwaltung waren sich immer einig, dass eine sportliche Nutzung der Jahnhalle auch weiterhin gewährleistet werden soll. Die Frage war und ist, zu welchen Konditionen. Und da ist es unsere Aufgabe als Verwaltung, Nachteile von der Stadt abzuwenden. Zusammen mit dem Stadtrat wurde der Grundsatzbeschluss gefasst, das Objekt zu verkaufen. Unter den gegebenen Bedingungen streben wir an, dass in einem Kaufvertrag die sportliche Nutzung sichergestellt wird. Sollte ein neuer Mieter einziehen, wollen wir die Schließzeit während eines eventuellen Betreiberwechsels möglichst gering halten. Derzeit wird der Verkauf der Halle vorbereitet.

Volksstimme: Was hat Sie in Ihrer bisherigen Dienstzeit besonders gefreut?

Marlies Cassuhn: Zuallererst die gute Resonanz vieler Bürger auf meine Wahl. Ich fühle mich akzeptiert. Und: Der Stadtrat hat die geänderte Struktur im Rathaus genauso mitgetragen, wie sie von mir im Stellenplan vorgelegt wurde. Allerdings fehlt in der Verwaltung noch leitendes Personal. Zwei Fachdienstleiterstellen, eine für Jugend, Kultur und Sport sowie eine für Personal und Organisation werden zurzeit ausgeschrieben.

Volksstimme: Derzeit erhitzt das Genehmigungsverfahren für eine neue Deponie nördlich von Mose und Farsleben so manches Gemüt. Wie gehen Sie damit um?

Marlies Cassuhn: Das dafür vorgeschriebene Verfahren muss sachlich abgearbeitet werden. Bürger haben ihre Meinung schriftlich dargelegt und diese Bürgermeinung ist Bestandteil unserer überarbeiteten Stellungnahme. Aber klar ist auch, wenn der Antragsteller alle gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt, dann muss eine Genehmigung akzeptiert werden.

Volksstimme: Die Richtlinie zur Förderung der Vereine ist in der letzten Beratungsfolge kritisiert worden, weil sie von den Vereinen viel gefordert hat und wurde schließlich von der Tagesordnung genommen. Wann wird Sie erneut diskutiert und wie stehen Sie zur Vereinsförderung?

Marlies Cassuhn: Die Richtlinie kommt in die März-Beratungsfolge des Stadtrates. Klar ist: Wir brauchen Vereine und wir brauchen das Ehrenamt. Beides ist elementarer Bestandteil des öffentlichen Lebens der Stadt. Außerdem dienen Vereine dazu, dass Bürger ihre persönlichen Hobbys in der Gemeinschaft organisieren können. Bei der Förderung ist es eine große Kunst, beide Seiten - die Arbeit für die Gemeinschaft und für die persönlichen Interessen - ausgewogen zu gestalten. Für die Sportler stellen wir die Sportstätten kostenlos zur Verfügung. Bei der Kultur sehe ich noch Spielraum, unter anderem im Bürgerhaus. Andererseits haben wir gerade auf den Weg gebracht, dass Vereine durch Bundesfreiwillige unterstützt werden können, und zwar ohne, dass ihnen ein bürokratischer Aufwand entsteht. Die Verwaltung und der Stadtrat waren sich einig, das Ehrenamt so zu unterstützen.

Volksstimme: Die Ortschaften sind sehr stolz auf ihr gemeindschaftliches Leben, den Zusammenhalt. Sehen Sie das in der Kernstadt ebenso?

Marlies Cassuhn: Wolmirstedt wird nur dann mit Leben gefüllt werden, wenn Wolmirstedter Angebote annehmen und sich einbringen. Wenn viele Hände etwas tun, wird es ein schönes Mosaik. Mir fehlt im öffentlichen Leben manchmal die Mittelschicht, also die Menschen, die im Berufsleben stehen. Aber ihnen bleibt wohl neben Beruf und Familie wenig Zeit. Dennoch sehe ich auch bei uns Handlungsbedarf. Verwaltung und Stadtrat sollten das bürgerschaftliche Engagement mehr in den Fokus rücken. Wir werden aber auch selbst aktiv. Die Verwaltung plant, in diesem Jahr zwei Regionalmärkte zu organisieren. Die Termine stehen fest, Sonnabend, 4. Mai, und Sonnabend, 28. September. Vorschläge zur Ausgestaltung, beispielsweise Mitmach-Aktionen, sind noch gefragt. Ansprechpartnerinnen in der Verwaltung sind Monique Pauls und Astrid Eichel. Wir hoffen, dass sich die Interessengemeinschaft Innenstadt mit eigenen Aktionen beteiligt. Vorbesprochen wurde das bereits Anfang Dezember.

Volksstimme: Gerade wurde die Initiative gestartet, eine Bürgerstiftung zu gründen. Unterstützen Sie diese Initiative?

Marlies Cassuhn: Ein klares Ja. Aber noch ist die Beschlusslage meines Erachtens nach nicht reif. Insbesondere die rechtlichen Aspekte einer Stiftung müssen gründlich durchdacht und vorbereitet werden.

Volksstimme: Seit einigen Jahren hat sich ein Wirtschaftsstammtisch unter der Federführung des Rathauses etabliert. Werden Sie diese Zusammentreffen fortführen?

Marlies Cassuhn: Den Wirtschaftsstammtisch werden wir weiterhin organisieren. Beim letzten Treffen wurde als Thema vorgeschlagen: Wie kommen die Steuern in die Kommunen? Das ist interessant, weil mit diesen Steuern unter anderem die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, mit denen sich das Leben in der Stadt so gestalten lässt, dass sich Menschen gerne hier ansiedeln und/oder bleiben. Es ist vorgesehen, dazu am Dienstag, 9. April, ins Rathaus einzuladen. Abgesehen davon sind wir in der Verwaltung immer Ansprechpartner für ansiedlungswillige Unternehmen.

Volksstimme: Lange stand das Wort Haushaltskonsolidierung über allem. Wie sieht es 2019 aus?

Marlies Cassuhn: Wir haben in diesem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt. An dieser Stelle ein öffentliches Danke an alle Mitarbeiter, die an diesem Verfahren beteiligt waren. Freiwillige Aufgaben wie die Bibliothek oder das Schwimmbad sind sichergestellt. Außerdem werden für die nächsten Jahre große Investitionen vorbereitet, unter anderem bei den Feuerwehren. In Farsleben und Glindenberg gibt es Bedarf für moderne Gerätehäuser. In Farsleben ist die bauliche Situation noch einen My schwieriger als in Glindenberg, deshalb beginnen wir dort mit der Erneuerung. Anschließend werden wir eine neue Drehleiter anschaffen, dann am Glindenberger Gerätehaus weiterarbeiten. Das alles kann nur umgesetzt werden, wenn es Fördermittel gibt.

Volksstimme: Sie bieten regelmäßig eine Bürgermeisterprechstunde an. Wie ist die Resonanz?

Marlies Cassuhn: Die Sprechstunde wird gut genutzt. In der letzten Sprechstunde konnte ich jedem Bürger zehn Minuten widmen. Damit niemand lange warten muss, feile ich noch an der Organisation. Allerdings können Bürger auch außerhalb dieser Bürgermeistersprechstunden einen Termin mit mir vereinbaren. Es gibt viele Themen, die sich unbürokratisch besprechen lassen. Außerdem möchte ich auch Sprechstunden in den Ortsteilen anbieten, vielleicht einmal im Jahr. Bei ähnlichen Sprechstunden im Wahlkampf habe ich unter anderem erfahren, dass es für Bürger ein Problem ist, dass es in Farsleben und Glindenberg keine Nahversorgung gibt. Daran wollen wir arbeiten. Aber das Ergebnis hängt von vielen Faktoren ab. Für Wolmirstedter Neubürger möchte ich künftig vier Mal im Jahr einen Willkommenstag anbieten. Der erste steht am 6. April im Kalender. Dort werde ich Neuzugezogenen erzählen, was die Stadt ausmacht, was hier angeboten wird. Im vierten Quartal 2018 sind immerhin 300 Menschen nach Wolmirstedt gezogen.

Volksstimme: Unter Ihrer Federführung ist die Frühjahrsputzaktion entstanden. Gibt es eine Neuauflage?

Marlies Cassuhn: Auf jeden Fall. Neu ist, dass dafür eine ganze März-Woche geplant ist. So können sich auch Schulen oder Vereine an anderen Tagen neben dem eigentlichen Putztag am Sonnabend beteiligen.

Volksstimme: Das Küchenhornstadion schreibt eine endlose Geschichte. Welches Kapitel ist derzeit aktuell?

Marlies Cassuhn: Die Standortfrage für ein Stadion ist im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz noch nicht geklärt. Unser Ziel ist es, das Verfahren in diesem Jahr so weit abzuschließen, dass wir wissen, an welcher Stelle die zentrale Sportstätte der Stadt betrieben werden soll. Auch hierfür haben wir einen Fördermittelantrag gestellt. Aktuell hat das Land signalisiert, dass Fördermittel in Aussicht stehen.

Volksstimme: Welche Aufgaben liegen oben auf dem Schreibtisch?

Marlies Cassuhn: Priorität haben immer die Sachverhalte der Beratungsfolge für den nächsten Stadtrat. Dann folgt das Tagesgeschäft. Und dann kommen Themen, die komplex und perspektivisch angegangen werden müssen. Aktiv arbeiten wir an der Entwicklung des ehemaligen Krankenhausgeländes, auch für die bereits beschlossene Errichtung des LIDL-Marktes müssen noch Entscheidungen getroffen werden. Das Friedhofskonzept, das zurzeit erarbeitet wird, berücksichtigt Veränderungen im Bestattungsverhalten. So sind nur noch ein Viertel dieser Flächen wirklich ausgelastet. Da müssen wir uns einfallen lassen, wie wir damit umgehen. Das sind strategische Aufgaben, denen ich mich gerne widme.