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Jubiläum Volkssolidarität erfindet sich neu

Seit 70 Jahren gibt es die Volkssolidarität. Doch sie befindet sich gerade im Umbruch.

Von Gudrun Billowie 10.10.2015, 01:01

Wolmirstedt l Die Räume in der Burgstraße gelten für eine Begegnungsstätte der Volkssolidarität schon lange als ungeeignet. Die Stufen sind für gehbehinderte Menschen schwer zu überwinden, der von Balken durchzogene Raum ist für große Veranstaltungen mit über 100 Personen zu klein. Das Sommerfest wird deshalb im Garten des Bürgerhauses gefeiert, das Weihnachtsfest im Katharinensaal. Dort feiert der Regionalverband Ohre-Börde am Mittwoch, 21. Oktober, ab 14 Uhr auch den 70. Gründungstag der Volkssolidarität.

Die war im Herbst 1945 aus der Taufe gehoben worden, um uneigennützig und solidarisch die Not in der Nachkriegszeit zu lindern. Diese übergroße Not jener Jahre ist vorbei, doch noch immer geht es um das „Miteinander - Füreinander“, So heißt der aktuelle Slogan.

Wie der unter heutigen Bedingungen mit Leben erfüllt werden kann, steht auch in Wolmirstedt auf dem Prüfstand. Die Mitglieder werden älter, Nachwuchs ist nicht in Sicht. Wer ehrenamtliche Aufgaben aus Altersgründen abgibt, finden keinen Nachfolger mehr. Zudem knirscht es bei der Finanzierungshilfe durch die Stadt. Der jährliche Zuschuss ist bisher nicht geflossen. Der Antrag der Volkssolidarität war zu spät und unvollständig bei der Stadtverwaltung eingereicht worden und wurde deshalb vom Finanzausschuss in die Dezember-Beratungsfolge verwiesen. Bis dahin soll die Volkssolidarität begründen, warum sie einen Zuschuss benötigt. „Wir befinden uns in der Haushaltskonsolidierung“, sagt Finanzausschussvorsitzender Kurt Prilloff (CDU), „da müssen wir sehr genau prüfen, wo wir das Geld hingeben.“

Die Stadt unterstützt die Volkssolidarität jährlich mit rund 7000 Euro. Damit wird die Miete der Räume in der Burgstraße gedeckt. Um eine Förderung der Stadt zu bekommen, müssen Vereine generell bis zum 30. September vollständige Anträge eingereicht haben. „Dieses Datum war uns nicht bewusst“, gesteht Martina Richter, die Geschäftsführerin der Regionalverbände Magdeburg-Jerichower Land und Ohre-Börde. Nun zahlt die Volkssolidarität die Miete vorerst aus eigenen Mitteln. „Aber es würde weh tun, wenn die Stadt nichts gäbe.“

Unabhängig von den Zahlungen der Stadt wird innerhalb der Volkssolidarität überlegt, wie die zukünftige Arbeit aussehen soll, damit sie wirtschaftlich Sinn macht. „Wir wollen uns nach anderen Räumlichkeiten umschauen“, sagt Martina Richter. Außerhalb von Veranstaltungen wird die Begegnungsstätte nur spärlich genutzt, es sei denn, der Seniorenchor singt oder es gibt Seniorengymnastik, auch Kartenspielnachmittage locken Interessenten. Ohne Anlass kommen pro Tag nur wenige Besucher. Die tägliche Arbeit wie Betreuung der Besucher, die Organisation von Festen und Angeboten, Papierkram sowie den Kontakt zur Verwaltung und den Senioren in ihren Wohnungen erledigt Begegnungsstättenleiterin Marita Albrecht weitgehend in Personalunion. Aufgaben wie Essen ausfahren ist Sache der Magdeburger Sozialstation.

Die Volkssolidarität vereint in Wolmirstedt rund 220 Mitglieder, unterteilt in drei Ortsgruppen. Das Leben innerhalb dieser Gruppen gestaltet sich wiederum rege. Eine Ortsgruppe wird von Marita Albrecht geleitet, eine weitere von Carin Oelze. Um die Elbeuer Ortsgruppe kümmert sich Heidemarie Knust. Helferinnen wie Helga Richter bereichern die Arbeit außerdem.

Carin Oelze leitet die Ortsgruppe 6. Dazu gehören rund 100 Mitglieder. Das Durchschnittsalter liegt bei 76 Jahren. „Ich halte meine Mitglieder zusammen“, sagt Carin Oelze (79) und betont, das gelte für die anderen beiden Ortsgruppenleiterinnen ebenso. Sie nutzen gemeinsam oder in kleinen Gruppen die Angebote der Volkssolidarität und der Stadt und gehen gerne auf Reisen. „Ich motiviere immer wieder“, sagt Carin Oelze. Sie ist das Bindeglied zum Reiseclub der Volkssolidarität, besucht Senioren, wenn sie krank daheim bleiben müssen, übermittelt Glückwünsche zu Geburtstagen und Jubiläen und hält ein Schwätzchen mit denen, die ihren Jahresbeitrag von 36 Euro nicht per Bank, sondern persönlich abgeben möchten. „Ich bin sehr oft unterwegs.“ Carin Oelze mag die Vitalität.

Die braucht sie auch, wenn sie mit der Spendenbüchse in der Hand an Haustüren klingelt und um Unterstützung bittet. Die Arbeit der Volkssolidarität wird über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert.

Wie es inhaltlich weitergeht, damit wird sich die Geschäftsführung jenseits der Feierlichkeiten zum 70. Gründungstag beschäftigen. „Wir müssen schauen, wo die Interessen der Mitglieder und anderer Senioren liegen, „sagt Martina Richter, „diese Interessen bedienen und überlegen, wo gehen wir mit der Begegnungsstätte hin.“