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Kirche Kleinode werden generalüberholt

Seit Jahrhunderten thront in Groß Ammensleben inmitten der Magdeburger Börde ein ganz besonderes Juwel.

Von Sebastian Pötzsch 06.05.2020, 15:39

Groß Ammensleben l Majestätisch ist die ehemalige Klosterkirche „Sankt Peter und Paul“ von außen anzusehen. Mit der sich anschließenden Domäne bildet das Ensemble das historische Aushängeschild der Region. Trutzig wirken die Außenmauern aus hellem Bruchstein, gekrönt von einem Dach aus roten Ziegeln. Der Innenraum mit dem holzgeschnitzten Hochaltar aus dem Jahr 1769 beeindruckt ebenfalls. Der große Raum wirkt lichtdurchflutet.

Ganz anders der Eindruck in der Ursulakapelle: In dem kleinen Raum wirkt es feucht, es riecht nach modrigen Wänden und Pilz. Tatsächlich bröckelt der Putz, die Mauern sind durchnässt und vermoost. „Es wird Zeit, dass sich hier etwas tut. Schließlich haben wir eine große Verantwortung für das Gebäude“, sagt Evelyn Kasper. Sie ist die Vorsitzende des Fördervereins „Katholische Kirche Groß Ammensleben an der Straße der Romanik“. Seit Jahren unterstützen die Mitstreiter nicht nur den Erhalt des altehrwürdigen Sakralbaus, sie setzen sich auch vehement für seine Restaurierung sein. Zur Seite stehen ihnen dabei unter anderem die Mitglieder der Kulturhistorischen Gesellschaft. In einem Gemeinschaftsprojekt konnte beispielsweise jüngst eine historische Tafel, die an die Teilnehmer der napoleonischen Befreiungskriege aus Groß Ammensleben erinnert, saniert werden.

So gelang es auch in einem ersten Bauabschnitt in den Jahren 2014 und 2015, die Außenmauer der Kirche trockenzulegen. „Dazu wurde das Niveau neu modelliert“, sagt Evelyn Kasper. Denn über die Jahrhunderte sei der Boden im Außenbereich stetig auf bis zu 1,30 Meter angehoben worden, auch während der vielen Umbaumaßnahmen. So konnte Feuchtigkeit ins Mauerwerk eindringen und zu teils massiven Schäden führen. Diese sind im Zuge der jüngsten Sanierungsarbeiten jedoch behoben worden. Auf der Nordseite wurden zudem Lehm aufgetragen und die Sockel sind in diesem Bereich verbessert worden. Ferner wurde ein umlaufendes Traufpflaster hergestellt und die Wasserabführung vom Gebäude optimiert. Zudem sind im Inneren Estrich und Fliesen aufgenommen sowie ein Entfeuchtungsdrainage geschaffen worden.

In einem zweiten Bauabschnitt in den Jahren 2016 und 2017 wurde der Innenraum weiter auf Vordermann gebracht. Zuvor reichten die Durchfeuchtungen zum Teil raumhoch. Große Risse durchzogen den dunklen Putz, der in Schollen abplatzte.

Doch die geschädigten Wand- und Deckenputze wurden nun mit Kalkmörtel und die Sockelbereiche mit Saniermörtel erneuert. Risse wurden beseitigt, Decken und Wandflächen in hellen Naturfarben neu gestrichen und der Chorraum nach den Vorgaben der Bischofskonferenz neu gestaltet.

Rund 500 000 Euro hatte allein dieser Bauabschnitt verschlungen. Die Mittel wurden finanziert unter anderem über das europäische Förderprogramm „Leader“, über Lotto Sachsen-Anhalt, dem Bonifatiuswerk und über einen Zuschuss des Bistums Magdeburg.

Und wieder haben die Freunde, Förderer und Unterstützer von „Sankt Peter und Paul“ ein hartes Pensum hingelegt und etliche Papiere zusammengetragen sowie Formulare ausgefüllt. Die sind nötig, um die rund 150.000 Euro an veranschlagten Kosten zusammen zubekommen, die für den nun anstehenden dritten Bauabschnitt notwendig sind. Die Mittel sollen wieder aus dem „Leader“-Programm kommen. Das Bistum steuert ebenfalls einen Teil dazu bei. Denn nicht nur die Ursulakapelle soll saniert werden, sondern auch die Marienkapelle. An beiden Gebäudeteilen nagt der Zahn der Zeit. Während Letztere wohl aus dem 15. Jahrhundert an die Nordseite des nördlichen Nebenchores angebaut wurde, stammt die Ursulakapelle wohl aus der Zeit um 1334.

In beiden Räumen müssen die starken Durchnässungsschäden beseitigt werden. Dazu muss laut Evelyn Kasper der alte Putz, soweit vorhanden, bis auf das historische Mauerwerk abgetragen werden. Anschließend werden die Wände entsalzt und getrocknet, bis ein neuer Putz samt Anstrich folgen kann. Außerdem, so der Plan, werden sämtliche Fassungen sowie Rippenbögen an den Decken erneuert. „Alles wird nach denkmalschutzrechtlichen und kunsthistorischen Aspekten instand gesetzt und auch konstruktiv gesichert“, hebt die Vereinsvorsitzende hervor und fügt hinzu: „Wenn die beiden Kapellen saniert sind, haben wir zwei romanische Bauwerke gesichert und können diese für Besucher öffnen.“

In diesem Zusammenhang verweist sie auf die Touristenroute „Straße der Romanik“, die auch Groß Ammensleben eben wegen der ehemaligen Klosterkirche tangiert. „Viele Leute, die uns besuchen, freuen sich, dass in es in einem so kleinen Ort wie den unsrigen ein so bedeutendes Bauwerk gibt“, erzählt Evelyn Kasper voller Stolz. Und wenn auch die Marienkapelle wieder öffnet, können die Gäste unter anderem die beiden Sandsteinfiguren aus dem 14. Jahrhundert bewundern, die hier zu beiden Seiten des Altars aufgestellt sind. Die Skulpturen stellen zwei gekrönte Märtyrerinnen dar.

Doch bis es soweit ist, wird noch einige Zeit ins Land gehen müssen. „Die Förderanträge sind gestellt und bei den zuständigen Stellen in Bearbeitung. Das Antragsverfahren läuft also“, sagt Kasper. Und obwohl es wegen der Corona-Krise wohl zu Verzögerungen in der Bearbeitung gekommen sei, „sieht es so aus, dass alles seinen Gang geht.“ Laut der Vorsitzenden könnte im Juni oder Juli der Bewilligungsbescheid eintreffen und im Spätsommer mit dem Projekt begonnen werden.