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Schule Von Muttiheften und Strebern

Börde-Landrat Martin Stichnoth und Wolmirstedts Bürgermeisterin Marlies Cassuhn haben in ihren alten Zeugnismappen gekramt.

Von Gudrun Billowie 15.07.2020, 01:01

Haldensleben/Wolmirstedt l Heute ist er endlich da, der letzte Schultag vor den langen Sommerferien. Das Zeugnis, das die Schüler heute erhalten, ist hoffentlich ein Grund zur Freude. Und wenn nicht – das neue Schuljahr ist noch weit entfernt. Erst Ende August läutet die nächste Schulklingel und bis dahin wird kein Wecker mehr piepen. Für die Volksstimme haben zwei Politiker die Zeugnisse der zweiten Klasse herausgekramt und sich an ihre Schulzeit erinnert.

„Wer Ordnung im Schrank hat, hat auch Ordnung im Leben“, ist einer der Leitsätze, mit denen Wolmirstedts Bürgermeisterin Marlies Cassuhn heute noch lebt. Ihre Eltern haben ihr Ordnung, Disziplin und Fleiß beigebracht. „Und vorgelebt“, betont sie. Auch wegen dieser häuslichen Prägung seien ihre Kopfnoten immer bestens gewesen.

Marlies Cassuhn wurde am 1. September 1966 in Dingelstedt eingeschult. Noch heute hütet sie ihr Mutti-Heft. „Auch, weil ich es meinen Enkeln zeigen möchte.“ Bereits am 10. September 1966 vermerkte die Lehrerin: „Marlies war in der 1. Schulwoche die Beste!“ Zwei Wochen später hieß es: „Marlies macht mir nur Freude.“ Das Lob gipfelte bereits am 26. November 1966 in folgendem Eintrag: „Diese Woche war mir die große Freude zuteil, daß ich Marlies vor unserem Herrn Direktor und vor der ganzen Klasse loben konnte.“

Das Lieblingsfach der heutigen Bürgermeisterin war Deutsch, das habe sich bis ins Gymnasium fortgesetzt. Ihre Lehrerin Frau Koslowski habe einerseits die Liebe zur Literatur geweckt, andererseits „hat sie uns eingebläut, eine Stoffsammlung anzulegen und Texte zu strukturieren.“ Marlies Cassuhn sagt, das helfe noch heute, beispielsweise bei der Erstellung von Beschlussvorlagen.

Ein paar Jahre später wurde auch Martin Stichnoth (CDU), Landrat des Landkreises Börde, eingeschult. Im Jahr 1986 ging er in die zweite Klasse der Adolph-Diesterweg-Oberschule in Wolmirstedt. „Ich war sehr wissbegierig. Ich bin gern zur Schule gegangen – zumindest bis zur dritten Klasse“, erinnert sich Martin Stichnoth. Die Sommerferien seien ihm mit acht Wochen ewig lang vorgekommen.

Sein Antrieb: Er wollte endlich die Fernsehzeitung lesen können. „Meine Mama sagte immer, es käme nichts im Fernsehen, aber ich sah, dass im Fernsehprogramm ganz viel stand“, so Stichnoth. Er wollte endlich lesen, was dort stand. Und Tierbücher, die wollte er auch endlich lesen können. Zur Einschulung fragte der Abc-Schütze, wann sie denn nun endlich lesen und schreiben lernen. Das „M-A-R“ konnte er schon, aber T-I-N und der lange Nachnahme fehlten noch.

Auf dem Zeugnis der zweiten Klasse fallen vor allem die Kopfnoten auf – alles Einsen. „Das ist für einen Jungen gar nicht so einfach“, sagt Stichnoth und schmunzelt. Seine Lehrerin vermerkt in der Einschätzung: „Martins Leistungen sind vorbildlich.“ Er bezeichnet sich selbst als „klassischen Streber“. „Ich dachte mir immer: Was ich hier in der Schule beim Stoff mitnehme, das muss ich nicht mehr Zuhause machen“, erinnert er sich. Deswegen erledigte er die Schulaufgaben oft noch in der Schule, um Zuhause seine Freizeit zu genießen.

Sein Lieblingsfach zur damaligen Zeit: Schulgartenunterricht. Einmal in der Woche ging es zum Schulgarten an der Glucke. Dort wurde gegraben, gehakt, geharkt, gesät. „Das war meine Welt“, sagt er.

Zu DDR-Zeiten sei er mit seinen Freunden immer durch die Stadt gestreift und habe Papier und Glas gesammelt. Dafür gab es in der Annahmestelle für Sekundärrohstoffe, kurz „Sero“, kleine, braune Zettel, die dann in der Klasse abgegeben wurden. „So haben wir Pionierarbeit geleistet und unser Taschengeld aufgebessert“, erinnert sich Martin Stichnoth.

Bis zur siebten Klasse machte Stichnoth seine Schulaufgaben in der Schule. Dann ging er auf das Gymnasium, im Volksmund Thälmann-Gymnasium genannt (Heute: Kurfürst-Joachim-Friedrich-Gymnasium). „Dann musste auch ich mich Zuhause an die Schulaufgaben setzen“, sagt Stichnoth. Er habe sich dann auch mal die Note 4 eingefangen. Physik und Chemie zählten definitiv nicht zu den Lieblingsfächern. Und auch für das Fach Kunst habe ihm „definitiv etwas gefehlt“.

Martin Stichnoth erinnert sich gern an den Zusammenhalt zwischen den Schülern. „Wir sind zusammen groß geworden und waren ein Verband“, sagt er. Mit einigen Schulfreunden von damals habe er bis heute Kontakt.