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Stadtrat Wolmirstedt Neue Hände fürs alte Rathaus

Einige Häuser Wolmirstedts sollen in neue Hände gehen. Dazu zählen das ehemalige Rathaus, die ehemalige Elbeuer Kita sowie die Jahnhalle.

Von Gudrun Billowie 11.05.2020, 01:01

Wolmirstedt l Überraschend hat die Frisierkunst Ende April Insolvenz angemeldet. Das Geschäft ist seither geschlossen, die Geschäftsführerin musste alle 24 Mitarbeiterinnen entlassen. Frisör, Kosmetik und Fußpflege wird es an dieser Stelle nicht mehr geben. Auch das Haus steht zum Verkauf, offenbar gibt es einen Interessenten. Das Erbbaurecht ermöglichte der Frisierkunst GmbH, das Bauwerk zu unterhalten, Grund und Boden gehören der Stadt. Deshalb muss der Stadtrat einem Verkauf zustimmen.

So ein Prozedere gilt für das Haus der Frisierkunst, aber auch für die ehemalige Elbeuer Kita sowie die Jahnsporthalle. Mit einem Verkauf würde auch die Geschichte dieser Häuser eine andere Wendung nehmen.

Die Frisierkunst GmbH residierte in einem Gebäude, das für die Stadt früher besonders bedeutsam war, es war das Rathaus. Noch immer prangt das alte Stadtwappen über dem Eingang. Die heilige Katharina mit Rad, Schwert und einer Lilie wacht über Wolmirstedt.

Der Wolmirstedter Autor Otto Zeitke (95) erzählt in seinem Buch „Straßengesichter meiner Stadt“ von diesem Haus. Es soll 1718 fertiggestellt worden sein, „nach jahrelangen Querelen“. Diese Querelen sind nicht näher benannt, Otto Zeitke schreibt jedoch, dass die Stadt 76 Jahre zuvor, im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) im Jahr 1642 ihren „vernichtenden Schlag“ erhalten habe, in der Stendaler Straße kaum etwas übriggelassen wurde.

Stendaler Straße, so hieß einst die August-Bebel-Straße, die heutige Fußgängerzone, diese Straße war die vielbefahrene Verbindung zwischen Magdeburg und Stendal. Otto Zeitke beschreibt: „...das Rathaus schaut mit seinen Fensteraugen mild auf die Straße, die seit vielen Jahrhunderten die lebendigste von allen im Städtchen ist.“

Inzwischen ringt Wolmirstedt darum, das Geschäftsleben in dieser Straße zu halten. Zumindest an den Markttagen mittwochs und freitags flanieren Bürger der Stadt und der umliegenden Orte über die kleine Meile im Herzen der Stadt.

Das Rathaus residierte später übrigens am anderen Ende der August-Bebel-Straße, in der Nachbarschaft des heutigen Neubaus.

Wer dieses alte Rathaus kaufen möchte, ist noch nicht bekannt. Grundstücksangelegenheiten werden im Stadtrat stets nichtöffentlich behandelt. Das betrifft auch die ehemalige Elbeuer Kita.

Das Backsteinhaus befindet sich hinter der Elbeuer Kirche St. Peter und Paul. Bis August 2015 tobten Kinder in den Räumen und auf dem Spielplatz, zuletzt 16 Kinder unter der Obhut zweier Erzieherinnen. Diese Kita war zu diesem Zeitpunkt bereits Außenstelle der Kita „Storchennest“ und in Trägerschaft des Bodelschwingh-Hauses. Vor gut fünf Jahren wurden die Elbeuer Gruppen in das „Storchennest“ integriert.

Ein Grund für die Elbeuer Kita-Schließung war die damalige Haushaltskonsolidierung. Betriebskosten sollten gespart werden, der Verkauf des Hauses zusätzlich Geld in die Stadtkasse spülen. Inzwischen steht das Gebäude fast fünf Jahre leer. Womöglich entscheidet der Stadtrat am Donnerstag, 14. Mai, über einen Verkauf.

Die Geschichte des Hauses reicht viel weiter zurück. „Das war einst ein Schulgebäude“, erinnert sich Dr. Ernst Riemann, „dort wurde eine Klasse unterrichtet, auch der Lehrer wohnte darin.“ Der 82-Jährige lernte dort selbst bis zur sechsten Klasse, bekam dort das Grundwissen, das er später bis zum Medizinstudium und darüber hinaus ausweitete.

Über den Verkauf der Jahnhalle will der Stadtrat am Donnerstag ebenfalls entscheiden. Nach mehreren Ausschreibungen gibt es ein einziges Angebot. Das hat der jetzige Mieter Sascha Zimmermann vorgelegt, Betreiber des Gesundheits- und Fitnesszentrums „Speed“. Sein Angebot liegt allerdings weit unter dem Preis, den ein Verkehrswertgutachten ausweist.

Die Nutzer des Fitness- und Gesundheitszentrums wünschen sich ungeachtet dessen ein Ende der endlosen Geschichte, hoffen, dass die Halle endlich verkauft wird, vor allem, weil sie auf die weitere sportliche Nutzung Wert legen. Einige besuchten am Montag die Hauptausschusssitzung, haben im Vorfeld gegenüber der Volksstimme sinngemäß geäußert: „Wenn das Fitnesszentrum auch noch wegfällt, haben wir in Wolmirstedt bald gar nichts mehr.“

Die Entscheidung des Stadtrates bedarf dennoch gründlicher Abwägung. Auf der einen Seite stehen die Bürger, die in dieser Halle Sport treiben sowie die derzeit fehlende Alternativzukunft für die Halle. Auf der anderen Seite muss die Stadt die Finanzen im Sinne aller Bürger im Blick haben und kann deshalb im Preis kaum nachlassen. Schon jetzt wurden reichlich Steuergelder in die Halle gesteckt, zuletzt wurde zum Jahresende 2019 die Grundschuld von 216.000 Euro beglichen. Nach der Insolvenz des Taekwondo-Vereins und viel Hick-Hack gehört die Halle wieder der Stadt.

Plan B zum Verkauf der Halle wird die Versteigerung sein.