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Verkehr Umspannwerk in Wolmirstedt ist Drehkreuz für Strom und für Schwertransporte

Immer wieder verlassen riesige Schwerlasttransporte das Umspannwerk von Wolmirstedt oder steuern dieses an. Trotzdem wird das Gelände nicht leerer.

Von Tom Wunderlich 03.08.2021, 19:03
Der 315 Tonnen schwere Transformator wird aus dem Umspannwerk in Wolmirstedt gerollt. Rund 75 Meter ist der Schwertransport lang. Sein Ziel ist das 50 Kilometer entfernte Umspannwerk bei Stendal.
Der 315 Tonnen schwere Transformator wird aus dem Umspannwerk in Wolmirstedt gerollt. Rund 75 Meter ist der Schwertransport lang. Sein Ziel ist das 50 Kilometer entfernte Umspannwerk bei Stendal. Fotos (3): Tom Wunderlich

Wolmirstedt - „Heute lässt die Polizei aber ganz schön auf sich warten“, schimpft ein Mann in gelber Warnweste vor dem Umspannwerk in Wolmirstedt. Sein Ärger ist durchaus berechtigt. In wenigen Stunden sollen er und seine Kollegen einen 315 Tonnen schweren Transformator von Wolmirstedt nach Stendal bringen. Der Zeitplan ist eng. Die Polizei lässt weiter auch sich warten.

Anderthalb Stunden vorher herrscht noch emsiges Treiben auf dem Gelände des Umspannwerks. Schwerlastexperten prüfen alle Teile des rund 75 Meter langen Trosses, welcher noch am gleichen Abend seinen Weg zum Umspannwerk Stendal West antreten soll. Dort war eine Woche zuvor ebenfalls ein Transformator abgeholt und nach Wolmirstedt gebracht worden. „Das ist jetzt aber erstmal der letzte Transport nach Stendal“, erklärt Siegfried Wagner von der Kommunikationsabteilung des Netzbetreibers 50Hertz. Es habe sich quasi um einen Austausch gehandelt, ein „altes“ Gerät wurde gegen ein „neues“ getauscht. „Tatsächlich stellt sich die Sache so dar, dass der neue Trafo um einiges leistungsstärker ist als sein Vorgänger“, erklärt Wagner.

Feintuning

Die größere Leitungsfähigkeit ist nötig, da im Stendaler Umspannwerk zukünftig mehr Strom ankommen soll, als jetzt zur Zeit noch. „In Stendal kommt der gesamte durch Windkraft erzeugte Strom an.“ Damit dies auch in den nächsten Jahren ohne Probleme möglich sei, habe nun ein größeres Gerät eingebaut werden müssen.

„Der 315 Tonnen schwere Transformator bringt eine Leistung von insgesamt 400 Megavoltampere“, erklärt der Pressesprecher weiter. Man betreibe mit dem Einbau quasi eine Art Feintuning für das Umspannwerk bei Stendal. Davon gibt es in Deutschland insgesamt 65 Stück im Netz von 50Hertz. Das in Wolmirstedt gehört auch dazu und gilt aktuell als eines der wichtigsten Umspannwerke im sogenannten Südost-Link.

Hiebei handelt es sich um eine beantragte Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitung (HGÜ), welche von den Netzbetreibern 50Hertz Transmission und Tennet TSO betrieben wird. Das Netz soll den begehrten Windstrom von der Ostsee bis ins tiefste Bayern übertragen. Die Hochspannungstrasse gilt hierbei als wichtiger Bestandteil der Energiewende, bei der vor allem erneuerbare Energien wie eben dieser Windstrom eine wichtige Rolle spielen. Wolmirstedt spielt dabei eine zentrale Rolle, denn hier wird der grüne Strom in alle Richtungen verteilt. Zudem wird hier der ankommende Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt. Mit einer neuen Trasse soll der 380-Kilovolt-Strom dann vom Windstrom-Drehkreuz Wolmirstedt bis ins mehr als 500 Kilometer entfernte bayrische Isar-Umspannwerk bei Landshut transportiert werden.

Ist der neue Transformator in Stendal dann eingebaut, wird sich dies auch bemerkbar machen. Zumindest aus Sicht des Betreibers. Wie bereits erwähnt, steigt die Auslastung des Umspannwerkes mit jeder neu aufgeschalteten Windkraftanlage weiter. „Wir bewegen uns immer weiter in Richtung Volllast. Um eine Überlastung zu verhindern, sind solche Transformatoren besonders wichtig. Unsere Planer müssen den Einsatz solcher Trafos so planen, dass sie den Belastungen der kommenden Jahre auch standhalten.“ Wagner spricht hier vor allem vom örtlichen Zubau durch erneuerbare Energien.

Transport-Drehkreuz

Doch warum spielt Wolmirstedt nun eine entscheidende Rolle bei diesen Trafo-Transporten? „Weil es einfach nicht anders realisierbar ist“, so der 50Hertz-Mitarbeiter. Wagner erklärt dies am Beispiel des neuen Stendaler Trafos. „Dieser wurde im nordrhein-westfälischen Bad Honnef hergestellt. Allerdings kann der über 500 Kilometer weite Transport nach Stendal nur sehr schlecht auf der Straße erfolgen.“ Deshalb setze man beim Transport solcher Güter vorrangig auf die Schifffahrt und den Eisenbahnverkehr. „Der Trafo wurde also mit dem Schiff bis zum Schwerlasthafen nach Magdeburg gebracht. Dort wiederum wurde der Koloss auf die Schiene gebracht und weiter nach Wolmirstedt transportiert.“ Und genau an dieser Stelle komme die Besonderheit des hiesigen Umspannwerkes ins Spiel. Es sei nämlich eines der wenigen, welches noch über einen Gleisanschluss verfüge. „Neuere Werke wie das in Stendal haben kein eigenes Anschlussgleis mehr. Die Unterhaltungskosten wären dafür einfach viel zu hoch“, so Siegfried Wagner. Deswegen erfolge die letzte Meile für bestimmte Umspannwerke ab dem Standort Wolmirstedt erst mit dem Schwertransport auf der Straße.

Dabei nutzen die Transportprofis sogenannte Schnabelwagen. Diese ermöglichen den leichten Übergang von der Schiene auf die Straße und sind zudem noch extrem flexibel durch ihre vielen lenkbaren Achsen. „Es wird übrigens nicht der letzte Trafo sein, den wir hier in Wolmirstedt ausrollen lassen. Im Werk steht bereits der nächste bereit. Dieser soll zeitnah in das Umspannwerk nach Förderstedt gebracht werden.“

Fast zeitnah ist auch die Polizei dann da. Kurz vor 23 Uhr rollt der Streifenwagen beim Umspannwerk vor. Nach dem Check der Ladepapiere geht es um 23.51 Uhr los in Richtung Stendal. Der Transport verläuft absolut unproblematisch. Um kurz nach fünf Uhr ist der Trafo in Stendal angekommen. Hier soll dieser in den nächsten Tagen nun eingebaut werden, um die Energiewende weiter voranzutreiben.

Um durch das Umspannwerk rollen zu dürfen, ist eine Spezialgenehmigung notwendig.
Um durch das Umspannwerk rollen zu dürfen, ist eine Spezialgenehmigung notwendig.
Tom Wunderlich
Der Transformator wurde von der Firma ABB in Bad Honnef (Nordrhein-Westfalen) gebaut.
Der Transformator wurde von der Firma ABB in Bad Honnef (Nordrhein-Westfalen) gebaut.
Tom Wunderlich