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Der Tag der Arbeit ist auch ein Tag, der auf die Bedeutung von Gewerkschaften hinweist Viele Wolmirstedter tragen zum 1. Mai noch immer rote Nelken im Knopfloch

Von Gudrun Billowie 02.05.2012, 05:22

Die Maifeier der IG Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) in und vor der Wolmirstedter Museumsscheune hat Volksfestcharakter. Viele Besucher tragen noch immer die rote Nelke, das Symbol der Arbeiterbewegung.

Wolmirstedt l Vor der Museumsscheune duftet es nach Pilzpfanne, an den Stehtischen treffen sich Familien und Kollegen. In der Scheune spielt die Kapelle des Steinsalzwerkes Braunschweig-Lüneburg. Die Feier zum 1. Mai hat besonders für Kaliwerker eine lange Tradition.

"Wir kommen immer als Großfamilie hierher", sagt Anja Pforr, die mit ihrer Schwägerin Heike Pforr und der Schwiegermutter Ursula Pforr an einem der langen Tische sitzt. Die Kinder toben draußen auf der Hüpfburg oder lassen sich schminken. Die drei Frauen und ihre Ehemänner gehören alle einer Gewerkschaft an, wenn berufsbedingt auch jeder einer anderen. "Ich fühle mich durch meine Gewerkschaft gut vertreten", nennt Anja Pforr den Grund für die Treue. Sie und ihre Schwiegermutter Ursula sind durch die in Zielitz arbeitenden Ehemänner in die "Zielitzer Gewerkschaftskreise" gekommen.

"K+S erreichte 2011 das zweitbeste Ergebnis seiner Geschichte. Davon sollen die Mitarbeiter profitieren."

Klaus Krüger

Hans-Joachim und Manuela Benkenstein sind ebenfalls regelmäßige Besucher der Maifeier und tragen die rote Nelke. "Wir sind überzeugte Gewerkschafter", sagt der ehemalige Kaliarbeiter Hans-Joachim Benkenstein, "ohne Gewerkschaft hätten wir viel mehr Hungerlöhne und auch die Renten wären knapp." Das Ehepaar genießt inzwischen den Ruhestand "Aber", sagt Manuela Benkenstein, "wir kommen immer noch gerne zur Maifeier."

Die Gewerkschafter des Zielitzer Kaliwerkes agieren zwar in einem wirtschaftlich starken Unternehmen, der K+S-Gruppe, aber haben dennoch gerade einen Kampf hinter sich. "K+S erreichte 2011 das zweitbeste Ergebnis seiner Geschichte", sagt Klaus Krüger, Betriebsratsvorsitzender des Zielitzer Kaliwerkes und Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates, "von diesem Ergebnis sollen unsere Mitarbeiter profitieren." Mit Arbeitskampfmaßnahmen wurden unter anderem eine Sonderzahlung und eine höhere Vergütung der Auszubildenden des ersten Lehrjahres durchgesetzt.

Klaus Krüger wollte sich im Zusammenhang mit Lohnerhöhungen auch einen Seitenhieb auf die Landespolitiker nicht verkneifen. "Eine Diätenerhöhung um 18 Prozent, einfach per Handzeichen - das hat was", sagte er, "Dazu noch eine Altersentschädigung, die ein Bergmann auch nach 45 Arbeitsjahren nicht bekommt." Klaus Krüger wunderte sich, dass die Politiker den 1. Mai noch nicht abgeschafft haben, "denn sie brauchen offenbar nicht zu kämpfen."

Der Betriebsratschef selbst sieht trotz der guten Lage seines eigenen Betriebes gar keinen Grund, die Gewerkschaften abzuschaffen. "Wenn wir auf Europa blicken, haben wir uns schon an die schlechten Nachrichten gewöhnt, die beispielsweise aus Griechenland kommen", sagte er, "doch diese Krisen haben auch Auswirkungen auf unsere soziale Sicherheit." Krüger mahnte zur Wachsamkeit gegenüber den globalen Märkten.

"Gewerkschaften finde ich gut, weil sie für Gerechtigkeit und faire Löhne stehen."

Mathias Koch

Am 1. Mai wird vor allem die Geselligkeit groß geschrieben. Neben Gegrilltem, einer Hüpfburg, Getränken und roten Nelken gehört noch etwas zur Tradition der Maifeier, zu der sich vor allem Mitarbeiter und ehemalige Kaliwerker treffen, nämlich das Bergmannslied "Glück auf." Die Kapelle spielte und nicht alle in der Museumsscheune sangen es mit. Aber alle erhoben sich während der Strophen von ihren Plätzen.

Nach dem Verklingen der Hymne strömten die meisten nach draußen vor die Scheune, ließen sich von der Sonne locken. Auch Mathias Koch, der seine Arbeitszeit unter Tage, in der Grube, verbringt und Gewerkschafter in der dritten Generation ist. "Schon für meinen Opa war das wichtig", sagt der 31-jährige und auch er schließt sich dessen Weltbild an: "Gewerkschaften finde ich gut, weil sie für Gerechtigkeit und faire Löhne stehen."