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Dietmar Dransfeld ist trockener Alkoholiker und arbeitet im Ausschank des SSV Samswegen Vom Alkoholsüchtigen zum Gastwirt

Von Christina Stapel 04.07.2013, 01:10

Lange Zeit hat das Thema Alkohol in Dietmar Dransfelds Leben eine große Rolle gespielt. Zwei Entzüge hat der 60-jährige Mann aus Meseberg hinter sich. Heute arbeitet er für den SSV Samswegen - im Ausschank am Sportplatz.

Samswegen l Als sich Dietmar Dransfeld am 30. Mai 2011 im Städtischen Klinikum in Olvenstedt für einen erneuten Alkoholentzug entscheidet, zittern seine Hände. "Der Arzt gab mir einen Becher mit Tee, den ich mir übers Gesicht geschüttet habe, weil ich so einen Tatter hatte", erinnert sich der 60-Jährige. Heute, knapp zwei Jahre später, ist der gebürtige Thüringer trockener Alkoholiker, wohnt in Meseberg und ist im Vorstand des SSV Samswegen.

Für den Verein, der seit März einen Ausschank am Sportplatz hat, verkauft er bei Veranstaltungen Essen und Getränke - darunter auch Bier, Schnaps und Likör. "Ich weiß nicht warum, aber ich habe an Alkohol einfach kein Interesse mehr", sagt Dransfeld nachdenklich. Dabei spielte die Sucht zu trinken, viele Jahre eine große Rolle in seinem Leben.

Geboren in Brehme bei Nordhausen, wuchs Dietmar Dransfeld als ältester von vier Kindern auf. Mit 16 Jahren verließ er sein Elternhaus, um sich als Bergmann ausbilden zu lassen. "Bei uns sagte man immer: ¿Wer nicht trinkt, ist auch kein Bergmann\'." So gönnte sich Dransfeld morgens ein Bier, doch betrunken sei er nie zur Arbeit gegangen, betont er.

Richtig mit dem "Saufen", wie er sagt, habe er erst angefangen, als ihn seine erste Ehefrau verließ. "Ich kam nach meiner Zeit bei der Armee zum Kaliwerk nach Zielitz. In dieser Zeit lernte ich sie kennen." Schnell heiratete das junge Paar, doch ein Jahr später zerbrach die Ehe und die Scheidung folgte. Erstmals stellte der Alkohol ein Problem dar. Im Juni 1976 heiratete Dransfeld seine zweite Frau. "In dieser Zeit war alles gut. Ich trank vielleicht mal ein Bier am Wochenende, aber das war es auch schon." Exzessiv mit dem Trinken begann Dransfeld 2010. "Wegen einer verschleppten Lungenentzündung musste ich in Vorrente gehen. Und da fing es an."

"Die Schwester fragte mich, wie ich meiner Frau erklären möchte, dass ich nicht mehr lange zu leben habe, wenn ich so weitermache."

Dransfeld erinnert sich an seine schlimmsten Abstürze: "Einmal in meinem Leben bin ich betrunken Auto gefahren, ein einziges Mal." Damals sollte er seine Frau vom Krankenhaus abholen. "Als ich dort ankam, bin ich förmlich aus dem Auto gefallen." Eine Krankenschwester seines Hausarztes war es letztlich, die ihn zum ersten Entzug bewegte. "Sie sagte, dass ich meine Frau mit zur Untersuchung nehmen soll. Dann legte sie mir die Untersuchungsergebnisse vor und fragte mich, wie ich meiner Frau erklären möchte, dass ich nicht mehr lange zu leben habe, wenn ich so weitermache."

Im Oktober 2010 entschließt sich Dransfeld, in Magdeburg zu entziehen. "Ich bin jeden Tag von Zielitz nach Magdeburg in die Klinik gefahren." Die Gespräche in der Gruppe und die Behandlung scheinen Wirkung zu zeigen. Mit der Zeit werden die Besuche bei der Selbsthilfegruppe immer seltener. Statt fünfmal die Woche, fährt er nur noch dreimal oder zweimal die Woche nach Magdeburg. "Eines Abends bekamen wir Post von der Krankenkasse. Darin stand, dass sie die Therapie, die ich machen wollte, nicht zahlen würden. Auch die Kur, die meine Frau wegen ihrer Schultern brauchte, wollten sie nicht übernehmen."

Nach einem halben Jahr fängt Dransfeld wieder mit dem Trinken an. "Ich weiß noch, dass ich wegen einer Bauchspeicheldrüsenentzündung ins Krankenhaus kam." Mit Tabletten habe man ihn entgiften wollen, erinnert sich Dransfeld. "Als ich nach Hause kam, zog ich mir noch nicht mal die Schuhe aus. Ich ging sofort zum Schrank und setzte die Schnapsflasche an."

"Egal ob ich Tee, Wasser oder Bier ausschenke. Mir geht es dabei nicht ums Trinken, sondern um den Verein."

Die Tage danach habe er "durchgesoffen", wie er sagt. "Ich fasste einen Entschluss. Ich wollte nach dem Geburtstag meiner Tochter einen zweiten Entzug machen." Am 30. Mai 2011 geht er tatsächlich in die Klinik und muss elf Tage dort bleiben. Im Anschluss kommt er nach Uchtspringe, um eine Therapie zu machen. "Die ersten Wochen wurde ich richtig zusammengefaltet, es war schlimm." In dieser Zeit habe er gelernt, eine gewisse Ruhe zu bekommen, erklärt er. Nach der Therapie kehrte Dransfeld nach Zielitz zurück und zog daraufhin nach Meseberg um. Seit März dieses Jahres kümmert er sich um den Ausschank am Sportplatz des SSV Samswegen. Mit dem Geld, das durch die verkauften Speisen und Getränke eingenommen werden, finanziert der Verein seine Ausgaben. "Es ist mir gleich, ob ich Tee, Wasser oder Bier ausschenke. Mir geht es dabei nicht ums Trinken, sondern um den Verein." Nur das Leergut, das er wegbringen muss, machte ihm erst zu schaffen. "Wenn die Flaschen hier ein paar Tage stehen, fängt es an zu riechen. Der Geruch hat mich gestört."

Die Vereinsarbeit gibt Dransfeld Beschäftigung, was wichtig für ihn ist. "Ich habe gar keine Zeit, Langeweile zu haben und auf irgendwelche Ideen zu kommen." Die Sucht sei eine Krankheit, die er sein Leben lang mit sich tragen würde. Bei Treffen der Anonymen Alkoholiker und vor Schulklassen spricht er über diese Krankheit. Einmal pro Woche fährt er auch nach Magdeburg in die Klinik. "Wenn ich die Menschen sehe, die dort frisch aus der Entgiftung kommen, weiß ich, dass Alkohol mir nur schaden kann und ich nicht dorthin zurück will."