Corona Warum Corona-Tests das Haldensleber Landratsamt so stressen
Seitdem die Corona-Pandemie begonnen hat, sind die Gesundheitsämter mit Arbeit überhäuft. Das zeigt auch ein Besuch in der Kreisverwaltunh Börde.

Haldensleben - Mehrere Hundert Neuinfektionen mit dem Corona-Virus werden täglich im Landkreis Börde registriert. Das sind viele, das erkennt sogar der Laie. Für die Landkreisverwaltung bedeutet diese Zahl nicht nur viele Krankheitsfälle, sondern vor allem jede Menge Arbeit. Hunderte Bescheide wollen eingetippt werden, und zwar nicht nur in ein System, sondern in zwei Datenbanken. Hunderte Menschen mit dazugehörigen Familien, Freunden und Kollegen stecken hinter dieser Zahl – viele von ihnen haben Fragen zur anstehenden Quarantäne, es stehen Arbeitgeber dahinter, Schulklassen, Kita-Gruppen, die womöglich ebenfalls Redebedarf zur Vorgehensweise bei einem positiven Testergebnis haben. Wo fängt man bei alledem am besten mit der Arbeit an?
Viele Labore arbeiten am Limit
Friederike Hecht vom Landkreis Börde weiß es. Eigentlich leitet sie das Amt für Bildung in der Verwaltung in Haldensleben. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist aber schon lange nicht mehr alles, wie es einmal war. Momentan koordiniert Friederike Hecht die Abläufe von alledem, was in der Landkreis-Verwaltung mit Corona zu tun hat. „Erstmal müssen wir natürlich die Meldungen aus den Laboren bekommen“, erläutert Friederike Hecht.

Schon da liege derzeit der Hase im Pfeffer. Denn durch die Omikron-Variante des Corona-Virus, die hoch ansteckend ist und die Inzidenzen in die Höhe treibt, arbeiten viele Labore am Limit. Wie die Volksstimme von Lesern am Telefon erfahren hat, brauche es manchmal bis zu neun Tagen, bis nach einem PCR-Test das Ergebnis aus dem Labor da ist. Wie Henning Schneider, der als Eigentümer des Lucky Fitness Fitnessstudios in Haldensleben auch das dazu gehörende Testzentrum unter sich hat, allerdings berichtet, gibt es auch noch Labore, die breiter aufgestellt sind. „Wir haben Glück. Das Labor, mit dem wir arbeiten, braucht in der Regel nicht länger als 24 Stunden, bis das Testergebnis da ist.“
Ist ein Mensch in der Börde corona-positiv, wird sein Ergebnis vom Arzt, vom Labor oder vom Testzentrum automatisch an die Landkreisverwaltung gemeldet. Alle diese Bescheide kommen zunächst bei Brigitta Görges und Ina Dreiling an. Sie arbeiten im Akkord. Nicht ohne Grund sind die beiden Damen die erste Instanz, bei denen die Meldungen über Erkrankungen auflaufen, denn sie sind im Amt für Gesundheit und Verbraucherschutz für die Überwachung von Infektionskrankheiten, Seuchengefahr, Katastrophen- und Zivilschutz und auch Belehrungen über das Infektionsschutzgesetz zuständig. Sie kennen sich ganz genau aus und können nach einem Blick auf einen Bescheid Dinge ablesen, die Otto-Normal-Verbraucher nicht auf Anhieb sehen würde.
Brigitta Görges und Ina Dreiling geben die Daten, die sie erhalten, in das Programm „Survnet“ ein. Dieses überträgt die Meldungen später an das Robert-Koch-Institut. Den ganzen Tag vorm Rechner sitzen und Daten eingeben? So einfach ist es für die beiden Landkreis-Mitarbeiterinnen nicht. Schon allein, dass manchmal die Adresse der Bürger unvollständig ist, die die Labore als corona-positive Personen weitermelden, sei ein Problem. „Wir müssen dann teilweise richtig recherchieren, das frisst Zeit“, erzählt Brigitta Görges. Außerdem sind sie und ihre Kollegin die Profis, wenn es um die Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes geht. Deshalb laufen bei den beiden Frauen auch Anfragen von beispielsweise Kindertageseinrichtungen und Schulen auf, von Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen. Ina Dreiling und Brigitta Görges geben geduldig fachliche Anleitung und finden zwischendurch ab und zu sogar noch Zeit dafür, über ihr Arbeitsprogramm „Survnet“ den Kopf zu schütteln. Denn das hängt sich gern mal auf – kein Wunder bei der riesigen Datenmengen und etlichen Nutzern, die gleichzeitig auf den Server zugreifen.
Weder intuitiv noch selbsterklärend
Mandy Augsberg arbeitet mit einem anderen Programm. Mit der Software zum Pandemiemanagement arbeiten die Gesundheitsämter – darin werden die Daten eingegeben, auf deren Grundlage später die Bescheide für die positiv auf das Corona-Virus getesteten Bürger erstellt werden. Fragt man Mitarbeiter der Landkreisverwaltung, wie gut sich mit „Sormas“ arbeiten lässt, hört man oft das Gleiche: Anfangs war es anstrengend, weil das Programm weder intuitiv noch selbsterklärend ist. Mittlerweile haben sich die Kollegen des Landkreises aber eingefuchst und brauchen rund vier Minuten, um einen Bescheid „einzutickern“, wie sie es selbst nennen. Bei den vielen Bescheiden am Tag können aber weder zwei noch fünf Mitarbeiter das Aufkommen alleine bewältigen.
Es gibt Mitarbeiter, die sich hauptsächlich mit der Eingabe der Daten beschäftigen. Dafür hat der Landkreis Börde befristet Personal eingestellt. Außerdem gibt es – wie auch zu Beginn der Pandemie schon einmal – einen Vertrag mit der Bundeswehr. Diese stellt Soldaten ab, die beim Eingeben der Bescheide helfen.
„Hier liegt der Stapel, den wir abarbeiten müssen“, sagt Friederike Hecht und zeigt auf einen eher unscheinbaren Papierhaufen. Alle Corona-Meldungen, die von den Laboren gekommen sind und bereits von Ina Dreiling und Brigitta Görges bearbeitet wurden, liegen im Büro von Mandy Augsberg. Die Mitarbeiter der Pandemie-Bekämpfung kommen vorbei und holen sich die Akten, um die Daten einzugeben und die Bescheide zu erarbeiten. Denn jeder Erkrankte benötigt einen Quarantäne-Bescheid und auch einen Genesenen-Bescheid. „Oft kommen auch Mitarbeiter anderer Abteilungen vorbei, die gerade mal fünf Minuten Luft bei ihrer eigentlichen Arbeit haben. Wenn diese mal drei bis vier Bescheide am Tag mit eintickern, ist uns schon sehr geholfen. Wir brauchen wirklich jede Kraft, die wir kriegen können“, sagt Friederike Hecht.
Nicht noch einmal soll die Situation so aussehen, wie beispielsweise vor Weihnachten 2021. Da dauerte es teils zehn bis zwölf Tage, ehe Menschen in Quarantäne ihre Bescheide erhielten. Aufgrund einer zu geringen Mitarbeiterzahl in der Pandemiebekämpfung und eines hohen Krankenstandes kam das Gesundheitsamt einfach nicht mehr mit der Bearbeitung der Corona-Bescheide hinterher. Heute sind die großen Stapel längst abgearbeitet, ein Bescheid kommt etwa nach zwei bis drei Tagen beim Bürger an. Trotzdem machen die hohen Inzidenzen derzeit den Mitarbeitern wieder zu schaffen.
Diese müssen ja nicht nur Daten eingeben und Briefe für die Einwohner erstellen, sondern so ziemlich alles bearbeiten, was mit der Pandemie in Zusammenhang steht. Testzentren müssen beauftragt werden, dazu ist der Bedarf zu ermitteln, entsprechende Eignungsprüfungen müssen vorgenommen werden.
Solcherlei Dinge erledigen beispielsweise Janina Pfenning und ihre Kollegin Marieluise Brauer. Beide Frauen sitzen in einem Büro und kennen sich bestens mit allen Gesetzen aus – das betrifft beispielsweise die Eindämmungsverordnung, den Infektionsschutz und alle rechtlichen Zusammenhänge. Rufen Bürger, Firmen oder Großveranstalter an und wollen sich beraten lassen, werden sie sofort zu besagten Damen durchgestellt, denn die sind fit, was die sich ständig ändernden Gesetze angeht. Janina Pfennig und Marieluise Brauer sprechen unter anderem Kontaktempfehlungen aus, sind in Gesprächen mit der Heimaufsicht und der Kassenärztlichen Vereinigung und sind so die Schnittstelle zwischen den Gesetzen von oben und den Einrichtungen und Bürgern, die diese am Ende der Kette umsetzen müssen.
Corona-Hotline wurde ausgegliedert
45 Mitarbeiter sind derzeit im Pandemiestab des Landkreises Börde tätig, erzählt Friederike Hecht. Und sie alle haben alle Hände voll zu tun. Die Corona-Hotlines des Landkreises wurden jetzt ausgegliedert. Während die Termin-Hotline, über die man Impftermine vereinbaren kann, in die landesweite Hotline integriert wurde, wird die Telefonnummer, über die Bürger Fragen stellen können, jetzt von einem externen Dienstleister bearbeitet. Beide Dinge waren einfach nicht mehr leistbar für die Mitarbeiter der Pandemiebekämpfung.
Friederike Hecht und ihr Team hoffen darauf, dass die Höchstwerte wieder zurückgehen. Noch aber werden die Mitarbeiter im Landkreis Börde wohl noch viele weitere Tage haben, an denen mehrere Hundert Befunde bearbeitet und die Menschen dahinter versorgt werden müssen.