Coronavirus Wieder Besuche im Pflegeheim
In Wolmirstedter Pflegeeinrichtungen sind Besuche trotz Corona wieder erlaubt. Das stellt den Seniorenwohnpark vor Herausforderungen.
Wolmirstedt l Eine Stunde lang konnte Petra Kleinsorge ihren Vater besuchen und strahlt: „Ich bin total glücklich, dass ich diese Gelegenheit hatte.“ Nebensache, dass zwischen ihnen eine Plexiglasscheibe aufgebaut war, beide einen Mund-Nasenschutz tragen mussten, Petra Kleinsorge außerdem Handschuhe übergezogen hatte. Hauptsache, beide konnten zusammen eine Tasse Kaffee trinken, plaudern, per Smartphone Grüße der Enkel überbringen, sich gegenüber sitzen. „Meinen Papa so lange nicht sehen zu können, das war eine Last.“
Die 63-Jährige besucht ihren 91-jährigen Vater gewöhnlich zwei bis drei Mal pro Woche, doch seit Mitte März war das aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht mehr möglich. Zu groß schien das Risiko, dass sich Menschen mit den Corona-Virus infizieren. Daran hat sich bis heute im Grunde nichts geändert. Deshalb stehen die Pflegeheime, Bewohner und Angehöre weiterhin vor großen Herausforderungen.
„Wir vergeben Besuchstermine“, erklärt Seniorenwohnparkleiter Frank Seggelke das Prozedere, „im Stundentakt können im eigens hergerichteten Besuchsraum vormittags drei und nachmittags vier Besucher empfangen werden.“ Wenn es gut läuft und das Wetter schöner wird, können sich in der nächsten Woche vielleicht auch weitere Angehörige und Bewohner im Park treffen.
Über allem schwingt auch ein bisschen Angst mit. Jeder kennt die Bilder der Pflegeheime, in denen das Virus nachgewiesen wurde und die unter Quarantäne gestellt wurden. Doch Bewohner brauchen den Kontakt zu den Angehörigen. Deshalb sind die neuen Besuchszeiten auch ein Art Herantasten an das Mögliche. „Keiner hat Erfahrung mit so einer Situation“, sagt Frank Seggelke, „aber was brauchen ältere Menschen? Zuwendung und Zeit.“
Die Angehörigen hätten für das Besuchsverbot weitgehend Verständnis gezeigt, ebenso die Bewohner. Schwierig sei es, Demenzkranken die Maßnahmen zu erklären. Frank Seggelke weiß: „Sie verstehen es nicht immer.“ Auch der Bewegungsdrang einiger Bewohner lasse sich nicht bremsen. „Zum Glück haben wir einen Garten.“ Der ist von der Außenwelt abgeschottet, dort können Senioren ab und an spazieren gehen.
Wie aber haben Familien die Zeit des Kontaktverbots überstanden? „Ich habe mich regelmäßig vor das Fenster gestellt“, erzählt Petra Kleinsorge. Ihr Papa hat aus dem vierten Stock zu ihr heruntergeschaut. Zuerst haben sie versucht, sich etwas zuzurufen, das hat über die Entfernung nicht gut funktioniert. „Dann bin ich auf die Idee gekommen, dass wir ja telefonieren können, während wir uns sehen“, erzählt Petra Kleinsorge.
Andere Heimbewohner haben sogar gelernt, mit den modernen Medien umzugehen, können inzwischen skypen oder kennen sich mit Videotelefonie aus. Anderen wiederum wurden von Angehörigen regelmäßig Blumen geschickt.
Insgesamt leben etwa 150 Männer und Frauen im Wolmirstedter Seniorenwohnpark, jeden Tag können sieben von ihnen Besucher empfangen. Wie lang ist die Warteliste? „Die nächste Woche ist bereits komplett ausgebucht“, sagt Frank Seggelke, „aber dann sind wir auch fast einmal durch.“ Schließlich bekomme auch außerhalb von Corona nicht jeder regelmäßig Besuch. Ausnahmen von dieser allgemeinen Regelung gibt es. Angehörige sterbender Menschen bekommen separat Zutritt.
Petra Kleinsorge freut sich schon auf den nächsten Besuch bei ihrem Vater. Aber jetzt sie ist erstmal glücklich. „Ich habe gesehen, dass es ihm gut geht, jetzt können erst einmal andere drankommen.“ Zum nächsten Treffen wird sie wohl ein Würfelspiel mitbringen. „Wir müssen wieder eine Normalität finden, auch, wenn wir uns noch nicht drücken können.“