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Jersleber Ortsbürgermeister Roland Hiller fragt: Wird Ausbau der "Flocke" zur unendlichen Geschichte?

Von Klaus Dalichow 09.07.2010, 04:20

Die Sanierungsarbeiten sind immer noch nicht abgeschlossen. Für den weiteren Ausbau des Dorfgemeinschaftshauses in Jersleben hat die Gemeinde in ihren Vermögenshaushalt erst im Jahr 2013 wieder 51 000 Euro eingestellt. Der Posten soll zu 45 Prozent mit Mitteln aus der Investitionshilfe und zu 55 Prozent mit Fördermitteln untersetzt werden, falls denn welche fließen.

Jersleben. Die von der Einwohnerzahl her großen Ortschaften der Niederen Börde haben seit der Bildung der Einheitsgemeinde 2004 die Siebenmeilenstiefel an, ist Roland Hiller, Bürgermeister im kleinen Ortsteil Jersleben (614 Einwohner), der Meinung. "Was Jersleben vor Bildung der Großgemeinde geschafft hat, wurde in den letzten sechs Jahren schöner und teurer in den einwohnerreichen Ortschaften nachgeholt", klagt er und stellt das häufig gepriesene Solidarprinzip innerhalb des Zusammenschlusses in Frage. Was Hiller stört, ist der erneute Aufschub der Fertigstellung des Jersleber Bürgerhauses, Beiname "Flocke", ein Gebäude mit 100-jähriger Tradition.

Erst im Investitionsplan für das Jahr 2013 sind wieder Mittel für das Dorfgemeinschaftshaus vorgesehen. Seit Jahren versuchen Ortschaftsrat und Ortsbürgermeister das Objekt fertigzustellen, damit die unendliche Geschichte einen Abschluss findet, damit auch die älteren Bewohner den Saal nutzen können und nicht für ihre wichtigsten Veranstaltungen zu den Begegnungsstätten der Volkssolidarität nach Haldensleben fahren müssen (auf der Ebene des Saales fehlen dringend Toiletten, vielleicht ein Speisenaufzug dorthin).

Vor mehr als zehn Jahren fasste der damalige Jersleber Gemeinderat den Grundsatzbeschluss zum Ausbau der ehemaligen Kartoffeltrocknungsfabrik am Bleicher Weg. Das leerstehende Gebäude (bis dahin Baumateriallager) sollte in einen Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft umgewandelt werden. Mit unterkommen sollten die örtliche freiwillige Feuerwehr und ihre Ausrüstung. Die Kartoffeltrocknungsfabrik war von 1910 bis 1945 in Betrieb. In ihr wurden Kartoffelflocken produziert; nicht als Nahrungsmittel, sondern als Futter für die Schweine. Bis Ende der 50er Jahre unterhielt die Bäuerliche Handelsgenossenschaft hier eine Zweigstelle. Danach diente es der LPG als Futterlager. Auch war die "Flocke" ein Lager der Zivilverteidigung. Das wurde 1990 aufgelöst.

"Für mich als Zugezogenen war es wichtig, solch ein geschichtsträchtiges Gebäude zu erhalten und mit Leben zu erfüllen. Im Gemeinderat entschlossen wir uns damals 1999, die Ruine für eine D-Mark von der Treuhand zu kaufen."

Durch ein Ingenieurbüro wurde ein Ausbauprojekt erarbeitet. Je nach Haushaltslage der bis Ende 2003 selbständigen Gemeinde Jersleben konnten die Entwürfe Stück für Stück in die Tat umgesetzt werden, zu einem Begegnungszentrum für alle. Dann kam 2004 die Bildung der Einheitsgemeinde.

Hiller: "Alle vormals acht selbständigen Gemeinden haben sich in der Gebietsänderungsvereinbarung verpflichtet, angefangene Aufgaben abzuschließen. Nur in Jersleben passierte das nicht. Hier wurde lediglich das ,Tafelsilber‘ verkauft; zwischen 2004 und 2010 immerhin Einnahmen von zirka 250 000 Euro."

Gerechtigkeit, so Hiller, empfände er anders. Der Jersleber Ortsbürgermeister: "Ich hoffe, mir geht es nicht wie Ludwig van Beethoven mit seiner legendären unvollendeten Neunten Sinfonie, die er nicht vollenden konnte, weil er leider vorher verstarb."