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Größtes Papierflugzeug der Welt durch Martin Pietrek aus Zerbst mitentwickelt und gebaut 15 Meter bis ins Guinessbuch der Rekorde

Von Judith Kadow 06.12.2013, 01:07

Wer hat nicht schon einmal einen Papierflieger gebastelt? Der Zerbster Martin Pietrek, Doktorand an der Technischen Universität Braunschweig, hat mit 15 weiteren Helfern ein Papierflugzeug gebaut. Mit einer Spannweite von über 18 Metern. Weltrekord!

Zerbst l Am Anfang stand die Anfrage einer TV-Produktionsfirma, die auch im E-Mail-Fach von Martin Pietrek landete. Gesucht wurde ein Team, das sich bereit erklärt, einen Papierflieger zu bauen. Einen großen Papierflieger. Einen sehr großen Papierflieger. Im Grunde ein Papierflugzeug. "Die Anfrage landete im vergangenen Jahr auf meinem Schreibtisch und ich fand die Idee spannend", erinnert sich Martin Pietrek, der nach seinem Abitur in Zerbst 2006 in Braunschweig sein Studium aufnahm.

"Uns packte der Ehrgeiz. Diesmal wollten wir es richtig machen."

Der Diplom-Ingenieur (Fachrichtung Luft- und Raumfahrttechnik) ist mittlerweile Doktorand an der TU Braunschweig, der "Carolo-Wilhelmina", und fand die Aufgabe vor allem deshalb spannend, weil sie zum einen eine tolle ingenieurstechnische Herausforderung war und zum anderen die Möglichkeit bot, den teilnehmenden Studenten praktische Erfahrungen zu vermitteln. Zudem sind Projekte dieser Art bestens dazu geeignet, Schüler für den Ingenieursberuf zu begeistern.

"Wir dachten, wir kriegen das in drei bis fünf Wochen hin", erzählt Martin Pietrek. Entwicklung, Planung, Ausführung. Doch das Ingenieurs-team dachte falsch. Schnell merkten sie, dass die Zeit zu knapp bemessen war. Notwendige Test konnten nicht durchgeführt werden, der erste Versuch scheiterte und der Traum vom Guinness-Weltrekord war zunächst einmal geplatzt. Vom Grundkonzept überzeugt entstand aber der Wille, es mit einem neuen Papierflieger, dem "Carolo-Wilhelminchen", erneut zu versuchen.

"Schnell packte uns wieder der Ehrgeiz und diesmal wollten wir es richtig machen", erzählt Martin Pietrek. "Es wurde zu unserem Projekt." Schon wenige Wochen nach dem gescheiterten Flugversuch 2012 begannen die Planungen des neuen Weltrekordversuchs. Insgesamt 16 Personen gehörten zum Team - elf Studenten, ein Schüler und vier wissenschaftliche Mitarbeiter.

Im Januar 2013 begannen die konkreten Arbeiten am Projekt. "Wir haben alle Tests und Berechnungen vorgenommen, die notwendig waren - von Materialtests bis zu Belastungstests." Auch gab es dieses Mal kein festes Enddatum, dafür aber eine noch bessere Öffentlichkeitsarbeit. Auf einer eigenen Facebook-Seite konnte das Projekt verfolgt werden.

"Im Grunde haben wir mit dem Papierflugzeug den kompletten Ingenieursprozess durchlaufen." Allein vier bis fünf Monate nahmen Konstruktion und Berechnungen beim Bau in Anspruch. "Wir bauten einen komplett neuen Flieger. Lediglich das Grunddesign blieb vom ersten Flieger übrig."

Die Konstruktion war das eine, doch da es sich offiziell um einen Guinness-Weltrekordversuch handelte, kamen erschwerend weitere Regularien hinzu. Bis auf Papier und Klebstoff waren keine anderen Materialien beim Bau zulässig. Auch das genutzte Papier war reglementiert. Verbaut wurde normales Offset-Papier mit einem Gewicht von 150 Gramm pro Quadratmeter. Im Alltag wird überwiegend Papier mit 80 Gramm pro Quadratmeter genutzt. "Da unsere einzelnen Bauteile bis zu sechs Meter lang waren, mussten wir das Papier von einer großen Rolle beziehen", erzählt Martin Pietrek.

Doch die Regel, die am meisten Kopfzerbrechen verursachte, war eine andere: Der Papierflieger durfte nur durch eine einzige Person geworfen werden. "Aufgrund der Größe und des Gewichts musste das Flugzeug mit Anlauf geworfen werden", fügt Martin Pietrek hinzu. Keine leichte Aufgabe, wog das Papierflugzeug am Ende doch 24 Kilogramm und hatte eine Spannweite von gut 18 Metern. Ein Standardsegelflugzeug hat zum Vergleich eine Spannweite von circa 15 Metern.

"Mit dieser Größe testeten wir definitiv die Grenzen des technisch Machbaren." Alleskleber und Sekundenkleber hielten das Papier zusammen. Der Klebstoffanteil lag schließlich bei 35 Prozent, und damit innerhalb des Erlaubten. "Zusätzlich wurde das Gerippe mit Japanpapier überzogen, um die Flugeigenschaften so optimal wie möglich zu gestalten und nicht unnötiges Gewicht zu verursachen."

"Dafür hat sich der ganze Aufwand gelohnt"

Auf einer 2,4 Meter hohen Rampe - sie durfte nicht höher als 3 Meter sein - war es dann Andreas Scholtz, der am 28. September den entscheidenden Wurf startete. Zehn Meter Anlauffläche hatte er zur Verfügung und diese war auch notwendig. "Zum Glück ist Andreas ein Modellbauer und daher geübt als Werfer." Der Papierflieger zeigte sich stabil, hielt bis zur Landung. Um den neuen Weltrekord aufzustellen, musste er eine Strecke von 15 Metern überfliegen und seine Spannweite den alten Rekord der Uni Deft von 13,97 Meter überbieten. Das gelang bereits beim ersten Versuch.

"Dafür hat sich der ganze Aufwand gelohnt", sagt Martin Pietrek. Zumal dieser Weltrekord in der Freizeit erarbeitet wurde. Zahlreiche Wochenenden, Abende und Stunden nach dem Feierabend kostete die "Carolo-Wilhelminchen" ihre Erbauer. "Noch ist der Flieger bei uns im Institut eingelagert", erzählt Martin Pietrek. Man befinde sich aber in Gesprächen mit Museen zwecks einer Ausstellung.

Alle Infos sowie zahlreiche Bilder und Videos zum Projekt gibt es auf Facebook: www.facebook.com/Carolo.Wilhelminchen