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Buch Elbe gibt Vergessenes preis

„Die Elbe“ heißt der neue Reiseführer von Ernst Paul Dörfler, in dem er 600 Flusskilometer unter die Lupe genommen hat.

Von Daniela Apel 26.02.2016, 06:00

Was veranlasste Sie, diesen Reiseführer zu schreiben?

Die Elbe ist ein vergleichsweise wenig bekannter Fluss – im Gegensatz zu Rhein und Donau. Die wenigen Bücher, die es über diesen Fluss gibt, sind oft von Durchreisenden verfasst, denen ein tiefer Einblick fehlt. Ich habe den Reiseführer als „Elbmensch“ verfasst und möchte unsere Flusslandschaft bekannter machen, einladen, sich auf diesen Fluss in seiner Einzigartigkeit einzulassen, ihn zu besuchen, vielleicht auch, ihn lieben zu lernen. Im Übrigen: Wenn man sich ein Leben lang mit der Elbe befasst hat, wächst auch ein Bedürfnis heran, sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen.

Was ist das Besondere an ihrem Reiseführer?

In vielen Reiseführern wird die Natur auf drei Seiten abgehandelt. Die Elbe hat mehr zu bieten. Natur- und Kulturerbe werden in diesem Buch gleichwertig behandelt. Das besondere ist ja, dass die Elbe der letzte noch naturnahe Fluss ganz Deutschlands ist – und das habe ich immer wieder in Wort und Bild herausgestellt, um Appetit auf das Erleben dieser Flussnatur zu machen. Das „Besondere“ sind natürlich auch die „Elbkönige“, wie Otto I. und August der Starke, sowie die großen Geister, die an der Elbe wirkten, wie Martin Luther und Philipp Melanchthon. Die Elbe wird als „protestantischer Fluss“ vorgestellt. Doch auch das einfache Leben der Hirten und Bauern, der Flößer, Schiffer und Fischer findet seine Würdigung. Diese vitale Seite des Lebens wird oft vergessen, ich finde sie besonders spannend.

Was hat Sie beim Schreiben am meisten gefesselt?

Es war die Beschäftigung mit der Elb-Geschichte. Ich wollte wissen, wie die Menschen ab der Steinzeit mit dem Fluss lebten, woher sie kamen, wie sie wohnten, was sie aßen und wie sie den Fluss nutzten. Dabei stieß ich auf Einwanderer aus dem heutigen Irak und Syrien, dem Zweistromland, die hier vor 7000 Jahren die ersten Siedlungen anlegten und Ackerbau und Viehzucht einführten, während die Einheimischen noch Jäger und Sammler waren. Ich lernte durch meine Recherchen auch die Elbgermanen näher kennen, die den Römern zunächst das Fürchten lehrten, ab 200 nach Christus aber auswanderten. Das Elbegebiet war dann über mehrere Jahrhunderte fast menschenleer!

Wie lange dauerte die Arbeit am Buch?

Es ist das lebenslang gesammelte Wissen über den Fluss, das in dem Buch Eingang gefunden hat. Mein Leben hat sich zumeist an der Elbe abgespielt. Daraus sind die Bilder und Texte organisch erwachsen. Konkret habe ich vor drei Jahren mit der Arbeit an diesem Buchtitel begonnen.

Inwiefern finden sich Zerbst und sein Umland als Elbanliegergemeinde wieder?

Selbstverständlich wird die Altstadt von Zerbst ebenso angemessen gewürdigt wie die naheliegenden und geschichtsträchtigen Elbdörfer, insbesondere Walternienburg, Dornburg und Steckby. Steckby wird als die Wiege des Naturschutzes an der Elbe hervorgehoben, was sicher nicht jedem bewusst ist. Dort liegen die Wurzeln des Vogel- wie des Biberschutzes, darauf können wir als Zerbster stolz sein, denn der Erhalt der Biodiversität, der natürlichen Lebensvielfalt, ist inzwischen zu einer der größten Herausforderungen der Menschheit geworden. Spannend war für mich auch das „Werden und Vergehen eines Lustschlosses“, nämlich Friederikenberg. Ich preise diesen historischen Ort als Bindeglied zwischen dem Elberadweg und der Altstadt Zerbst an. Auch wenn der Elberadweg nicht direkt in die Stadt führt – hier kann man viel über die Geschichte von Zerbst erfahren. Man kann nacherleben, wie ein Barockpark mit Orangerien und Alleen durch die Natur zurückerobert und zu einem geheimnisvollen Märchenwald verwandelt wurde.

Sie versprechen längst Vergessenes zu erzählen und Verschwiegenes zu lüften. Können Sie Beispiele nennen?

Was wissen wir noch über vergessene Hochwasserereignisse und Dürrejahre und wie unsere Vorfahren damit zurechtkommen mussten? Wer kennt noch die Funktionsweise von Schiffsmühlen? Wo gab es Furten und wie kam man über das Wasser – ohne Brücken? Wer weiß noch von der Blütezeit der Elbfischerei und der Elbschifffahrt und von deren Niedergang detailliert zu erzählen? Das Buch liefert eine ehrliche Analyse und Langzeitbetrachtung, um zu begreifen, was die Elbe leisten kann, wo ihre Potentiale und Grenzen liegen.

Werden Sie das Buch in der Zerbster Region vorstellen?

Zunächst stelle ich es in Leipzig zur Buchmesse am 18. März um 17 Uhr in Halle 3 vor, begleitet von der Leipziger Musikerin und Gitarristin Nadine Blank. Danach stehen Berlin, Lüneburg, Hitzacker und Schönebeck im Programm. Gern auch Zerbst...