Wirtschaft Auftragsboom trotz Corona
Die Schraubenwerk Zerbst einer der größten Zulieferer für Windkraftanlagen und Gleisbau. Auch in der Corona-Krise laufen die Maschinen.
Zerbst l Im Schraubenwerk Zerbst produzieren sie warmgefertigte Schrauben, Stifte, Bolzen sowie Spezial- und Sonderschrauben – und das seit mehr als 100 Jahren. „Wir gelten als wichtigster und führender deutscher Hersteller von Schrauben für Schienenbefestigungssysteme und Gleisbauartikel“, sagt Geschäftsführer Eckhard Schmidt nicht ohne Stolz. Auch beim Bau von Windkraftanlagen mischen die Zerbster Schrauben-Spezialisten kräftig mit.
„Für diesen Bereich fertigen wir hochfeste vorspannbare Garnituren für Schraubverbindungen in den Türmen der Windkraftanlagen, Verbindungselemente für Maschinengehäuse sowie Stiftschrauben und Querbolzen für die Rotorbefestigung“, erklärt Schmidt. In beiden Bereichen sind die Zerbster äußerst erfolgreich und gehören mittlerweile zu den Marktführern in Europa – gar weltweit. Läuft!, könnte man also salopp sagen. Könnte man oder kann man? Denn durch die Corona-Krise haben unzählige Unternehmen die Produktion heruntergefahren und Kurzarbeit angemeldet.
„Nicht könnte, man kann sagen! Wir haben momentan den größten Auftrags-Boom unserer Geschichte“, sagt Schmidt lächelnd. Das habe nichts mit Corona zu tun, sondern mit eben jenen Produkten, die das Schraubenwerk weltweit verkauft. Sein Unternehmen habe weder Kurzarbeit angemeldet noch Finanzhilfen beantragt. „Im Gegenteil, die Produktion läuft auf Hochtouren, und wir stellen auch weiter Mitarbeiter ein“, versichert der Chef des Schraubenwerks.
„Wenn man mit dem Zug unterws ist, findet man unsere Produkte auf den Schienenwegen in ganz Europa, in Südostasien, in der arabischen Welt, in Australien, Russland, Afrika und in Nord- und Südamerika“, zählt Schmidt auf. Beim Bau von Windkraftanlagen sei es ähnlich.
„Müssten wir die Produktion einstellen, weil beispielsweise umfassende Quarantänemaßnahme verhängt werden, wir auf behördliche Anweisung schließen müssten oder unsere Lieferanten ausfallen, würden nach kurzer Zeit weltweite Baustellen im Bereich Gleisbau und Windkraftanlagen stillstehen“, so Schmidt. Das Zerbster Schraubenwerk sei das einzige Unternehmen in Deutschland, das Schwellenschrauben für den Gleisbau produziert.
Momentan seien auch die Lieferketten noch einigermaßen in Takt. „Es kommt höchstens zu Verzögerungen, da an den Grenzen wieder verstärkt kontrolliert wird, nicht die Ladungen auf den Lkw, aber eben die Menschen, die sie fahren“, sagt Schmidt. Darum dauere es schon mal etwas länger, bis die Produkte von den Zulieferern aus ganz Europa in Zerbst ankommen. „Logistisch ist es etwas komplizierter geworden. Aber auch hier sind wir gewappnet. Wir haben natürlich immer einen gewissen Lagerbestand, der die Produktion sichert“, erklärt Schmidt.
Insgesamt 260 Mitarbeiter halten das Unternehmen am Laufen. Rund 60 Millionen Euro Umsatz fährt das Zerbster Schraubenwerk jährlich ein. „Die Auftragslage war noch nie so gut wie in diesem Jahr“, sagt Eckhard Schmidt. Er hoffe, dass die Be- und Einschränkungen in den nächsten Wochen und Monaten nicht noch drastischer ausfallen.
„Wir planen derzeit weder Kurzarbeit noch staatliche Hilfen zu beantragen. Wir haben ein solides Polster und werden einige Monate zurecht kommen“, betont Schmidt. Wenn die allgemein schwierige Lage sich allerdings über einen längeren Zeitraum hinzieht, könne auch er schlecht einschätzen, wie es in einigen Monaten aussieht.
„Was ich nicht verstehe – die einschränkenden Maßnahmen in Deutschland sind jetzt seit knapp drei Wochen aktiv – das nach so kurzer Zeit schon so viele Unternehmen Staatshilfen beantragen“, sagt Schmidt. Jede Firma müsse doch Vorsorge treffen, um bestimmte wirtschaftliche Schwankungen und Durststrecken zu überstehen. Er habe noch nie erlebt, dass es im Geschäftsleben immer geradlinig vorangeht und die Kurve immer aufwärts zeigt. „Zwei oder vier problematische Wochen sollten zumindest mittlere und größere Unternehmen überbrücken können“, so Schmidt.
Er sei der festen Überzeugung das der Staat nicht alle Unternehmen retten kann. „Und selbst wenn wir nach einigen Wochen den teilweisen Stillstand überwunden haben, so können wir nicht einfach dort weitermachen, wo wir Ende Februar aufgehört haben“, ist Schmidt überzeugt.
Man werde mit Sicherheit über einen längeren Zeitraum mit den vielfältigsten Problemen zu kämpfen haben. „Auch die staatlichen Hilfen, egal ob Soforthilfen, die nicht zurückgezahlt werden müssen, oder Darlehen, sind endlich. Ich hoffe natürlich, dass die Wirtschaft insgesamt mit einem blauen Auge davonkommt“, bleibt Schmidt optimistisch.