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Busfahren Ticketkauf per Armbanduhr

Kontaktloses Bezahlen ist nun in Bussen in Zerbst und in Anhalt-Bitterfeld möglich. Doch auch mit Bargeld kriegt man noch ein Ticket.

Von Sebastian Rose 27.08.2020, 01:01

Zerbst/Salzfurtkapelle l Grau ist der Himmel, als im Örtchen Salzfurtkapelle eine kleine Gruppe von Politikern, Firmenvertretern und Redakteuren vor den Bussen der VetterVerkehrsbetriebe steht. Doch so trist der Himmel erscheint, desto mehr strahlen Fabian Watzke, kaufmännischer Leiter der Firma Vetter, und der Landrat Uwe Schulze (CDU) um die Wette. Grund für den Pressetermin ist die Einführung des neuen digitalen Kassensystems in den Linienbussen des Landkreises Anhalt-Bitterfeld. Über 100 Busse wurden somit modernisiert. Wie kam es dazu?

Im Juni letzten Jahres hatte der Kreistag beschlossen, die Schüler der ersten bis zur zehnten Klasse über zwölf Monate im Jahr kostenlos auch in der privaten Zeit mit den Bussen fahren zu lassen. Im darauf folgenden September hatten sich dann die Firma Vetter, Anbieter des Linienbusverkehrs, mit Absprache des Landkreises darauf verständigt, dass dieses Angebot durch ein neues Kassensystem vollzogen werden solle. Denn anders als bisher sollte eine elektronische Karte in Scheckkartengröße statt der alten Papierkarten verwendet werden.

Nach langer Suche fand sich eine Firma aus Cloppenburg in Niedersachsen, welche die Wünsche des Landkreises umsetzen konnte. Nach elf Monaten sind nun alle der über 100 Linienbusse mit der neuen Technik versehen. „Bargeldloses Bezahlen wird immer mehr zum Trend“, erklärt Fabian Watzke auf Nachfrage der Volksstimme. „Durch die Chipkarten, die nach vorherigem Beantragen mit dem Konto des jeweiligen Eigentümers beziehungsweise Schülers verbunden sind, gelingt das Zusteigen in den Bus reibungsloser.“

Anders als bisher erkenne der Busfahrer sofort, ob die Abo-Karte gültig sei, so der Vertreter der Firma Vetter. Dies sei bei großem Andrang vorher schon ein Problem gewesen.

Auch für alle anderen Kunden, die keine Schüler sind, verändert sich zudem einiges. „Eins vorneweg: Das Bezahlen mit Bargeld wird natürlich weiterhin möglich sein“, erklärt Landrat Uwe Schulze. „Gerade für unsere älteren Mitbürger ist dies wichtig.“

Für diejenigen, die sich eher mit der neuen Technik auskennen, sind nun auch das kontaktlose Bezahlen mit der EC-Karte, Kreditkarte, dem Smartphone und sogar der Smart-Watch möglich. Die sogenannten „schlauen Uhren, so die englische Wort-Übersetzung, sind mit dem Handy verbunden. Das Handy ist wiederum mit dem Online-Auftritt der Bank des Vertrauens vernetzt. „Es reicht, die Uhr vor das Lesegerät zu halten und schon erhält der Kunde das Ticket“, so Watzke. Das Ticket bleibt weiterhin in Papierform und wird im Bus frisch gedruckt – eine der wenigen gebliebenen Formen im Bezahlprozess.

Rund 1,2 Millionen Euro hat der Landkreis mit Bezuschussung des Landes Sachsen-Anhalt für das Projekt ausgegeben. „Die Vorteile liegen bei dieser Investition auf der Hand: Früher war es sehr teuer, ein defektes Kassengerät im Bus auszutauschen. Dafür musste das Gerät immer zum Hersteller hingeschickt werden. Heute besteht das Kassensystem aus einem Computer und einem Bildschirm. Wenn also das Display kaputt geht, kann dieses innerhalb von Minuten mit einem anderen vor Ort ausgetauscht werden“, so Watzke weiter. Dies spare Zeit und Geld. Zudem erfolge mindestens vier Mal im Jahr ein Update, also eine Erneuerung der Software. Das heißt, das beispielsweise Tarifänderungen ohne großen Aufwand in das System übernommen werden können. Dies sei vorher so nicht möglich gewesen.

Und auch die Verfolgung der einzelnen Buslinien und Busse sei durch das modernisierte Kassensystem einfacher. „Per Handy-App kann sich jeder über die Pünktlichkeit informieren“, weiß Fabian Watzke.

Die wohl größte Änderung für die Fahrer ist aber das Versenden von Sprachnachrichten an die Verkehrsleitstelle. Wenn also eine Strecke aufgrund einer Sperrung nicht mehr befahren werden kann, schickt der zuständige Mitarbeiter innerhalb von ein paar Minuten einen Ersatzfahrplan, welcher auf dem Bildschirm des Busfahrers erscheint. Anhand dieser Karte seien Verspätungen leichter zu umgehen. Auch Textnachrichten mit der Zentrale seien nun möglich, falls ein Unfall oder ähnliches vom Fahrer beobachtet werden würde.

Einzige Voraussetzung dafür ist ein stabiles Handynetz. Daran scheitert es allerdings noch teilweise im Landkreis. Denn auf der Rückfahrt in die Zerbster Volksstimme-Redaktion streikte das Handy-Navi des Beitragsschreibers. „Zu langsames Internet.“