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Corona-Krise Kerzenmacherin plant neue Projekte

Kerzenmacherin Kathrin Fahle in Gödnitz hat mit Umsatzeinbußen zu kämpfen. Sie hofft, dass die Kunden nach der Corona-Krise zurück kommen.

07.05.2020, 04:00

Gödnitz l Am 20. April wollte Katrin Fahle feiern. Zehn Jahre Kerzeria. Mit ihren Kunden wollte sie anstoßen, sie einladen zu Kaffee, Kuchen – nichts großes. Das fiel ins Wasser wegen Corona. Vor dem großen Shutdown lief es gut bei der Kerzenmacherin in Gödnitz. Die Kerzeria brummte mit überwiegend Online-Geschäft, mit kleinen Läden, die die Gödnitzer Kerzen in ihrem Angebot haben, und den drei Märkten vor Weihnachten. Die wenigsten Kunden kommen direkt auf den Hof.

Seit Januar liefen die Vorbereitungen für die Saison. „Die Kunden haben ganz normal bestellt“, so Katrin Fahle. Das änderte sich von einem Tag auf den anderen. „Als hätte man einen Schalter umgelegt.“ Das hätte die Kerzenmacherin so nicht gedacht. Sie spricht von 90 Prozent der Umsätze, die eingebrochen sind. Nur die Öko- und Bioläden, die auch Lebensmittel verkaufen, blieben ihr. Bestellungen gingen nicht mehr ein.

Wer braucht schon besondere Kerzen in dieser Zeit, wo das gesellschaftlichen Leben lahm liegt? Jugendweihen abgesagt, Konfirmationen finden nicht statt, Hochzeiten werden verschoben ebenso wie Familienfeiern, Jubiläumspartys ... Für eben solche Anlässe fertigt Katrin Fahle Kerzen an, nach Wunsch personalisiert mit Datum und Namen. „Die Kerzen sind immer individuell, genau wie der Beschenkte“, wirbt die Kerzenmacherin auch auf ihrer Homepage. Die Leute denken in der Krisenzeit eben an Toilettenpapier und nicht an handgemachte Kerzen, beschäftigen sich im Garten und auf dem Balkon, aber nicht mehr mit Kunsthandwerk.

Als Soloselbständige hat Katrin Fahle die Corona-Soforthilfe beantragt. Gleich am ersten Tag stellte sie den Antrag. Es habe ewig gedauert, erzählt sie, dass sie beunruhigt gewesen sei, da es nicht einmal eine Mail gab, ob die Daten eingegangen sind. Nach Wochen kam die Bewilligung. Dann habe sie wieder gewartet, bis das Geld auf dem Konto war. Aber es hat geklappt. „Eine gute Sache“ findet die Gödnitzerin, die jedoch meint, dass die Unternehmen noch gezielter angeschaut werden sollten, damit das Geld auch bei den richtigen ankommt. Sie habe sich ganz genau überlegt, was sie brauche und was nicht. Alles läuft auf Sparflamme. Für ein Vierteljahr könne sie so über die Runden kommen.

Die 45-Jährige hat ihre Werkstatt auf dem eigenen Hof. Mietkosten fallen nicht an. Hier kann sie in Ruhe arbeiten, und es ist auch an einem großen Tisch Platz für kleinere Gruppen, etwa zu Workshops. Die sollen durchaus wieder stattfinden, wie Katrin Fahle auch hofft, dass Kerzen bald wieder gefragt sind.

Derweil hat die Kerzenmacherin die Corona-Zeit sinnvoll genutzt. „Ich habe viele Sachen in Angriff genommen, die ich sonst nie geschafft habe oder die liegen geblieben sind“, erzählt sie. Durch den sonnigen April konnte sie ihre zwei Solarschmelzöfen gut betreiben. Darin kann sie Wachs recyceln und aufschmelzen, um neue Kerzen daraus zu gießen. Wachs zu recyclen beschreibt Katrin Fahle als „sehr aufwendigen Prozess“. Das beginnt mit dem Sortieren von gesammelten Kerzen- und Wachsresten. Nach Qualität und Farbe wird sortiert. Schließlich erhält sie Wachsblöcke, die Ausgangsmaterial für neue Kerzen sind.

Ökologisch und nachhaltig produziert die Kerzenmacherin. Ihre Sonnenkerzen fertigt sie komplett ohne Strom und aus recyceltem Wachs. Das Sortiment hat sie erweitert, ebenso wie das der Gartenkerzen. Die „Blume des Lebens“ findet man jetzt bei Katrin Fahle, und sie hat Tierkreiszeichenkerzen kreiert. Nun hatte sie die Zeit, sich hinzusetzen und zu zeichnen, und auch ihre Tochter zeichnete mit. Fast fertig sei die Serie inzwischen, die dann hoffentlich Zuspruch findet.

„Es wird noch eine schwierige Zeit werden“, schätzt Katrin Fahle, doch sie ist optimistisch. Schließlich hat sie sich mit der Kerzeria etwas aufgebaut, sich verwirklicht. Zunächst hatte Katrin Fahle Sprach- und Literaturwissenschaften studiert mit Magisterabschluss, danach machte sie eine Ausbildung zum Fachredakteur Multimedia. Als Mutter habe sie sich dann noch einmal neu erfinden müssen. Sie startete neu durch, aber nicht gleich mit Kerzen. Aber die waren es am Ende, mit denen sich die Gödnitzerin ihr Geschäft aufbaute, ihren eigenen Weg ging „ohne Sachen der anderen nachzumachen“. „Das habe ich nie bereut“, sagt sie.

Ob sie in diesem Jahr ihre Kerzen auf dem Weihnachtsmarkt in Halberstadt, auf den sie seit zehn Jahren fährt, anbieten kann, und in der Marienkirche in Dessau, das wichtigste Geschäft, was außerhalb läuft, und nicht zuletzt, ob der vorweihnachtliche Adventsmarkt in Walternienburg stattfindet, bleibt zu dieser Zeit offen.

Eine Entscheidung hat Katrin Fahle jedoch getroffen. Beim „Tag der offenen Gärten“ wird sie nicht dabei sein. Gemeinsam mit dem Töpfer Detlef Leps hatte Katrin Fahle diesen Gartentag einst ins Leben gerufen.

Abgesagt ist der Termin am 7. Juni bisher noch nicht und unter Umständen wollen die anderen Mitstreiter daran festhalten. „Ich wollte mit den Besuchern Kerzen herstellen, es sollte wieder Waffeln am Stiel geben“, erzählt sie. Die Familie sollte wieder mithelfen bei der Verpflegung und den Führungen durch den Garten. Das alles wäre bei den Hygieneauflagen und Abstandsregeln nicht machbar und der Familie auch nicht zumutbar. Das sei nicht händelbar und auch nicht besucherfreundlich, vom Risiko ganz zu schweigen.

Man könnte die Leute nicht so verwöhnen wie sonst, und wie sie es vielleicht erwarten, so die Kerzenmacherin. Ihren Garten hat sie in diesem Jahr allerdings bestens im Griff, dank Corona. Im nächsten Jahr würde sie ihn und die Werkstatt natürlich wieder gerne öffnen wollen.

Derweil hat die Kerzenmacherin schon neue Ideen zur Erweiterung ihres Angebots im Kopf. Ihre Teemischungen seien bei Freunden und Bekannten immer recht gut angekommen, so Katrin Fahle. Die Kräuter wachsen bei ihr im Garten. Und vielleicht passen ja Teetrinken und Kerzenschein gut zusammen. Ein Rosenblütenblätterkräutertee im Set mit einer Muttertagskerze wäre bestimmt ein schönes Geschenk.

Wer sich anschauen will, was Katrin Fahle in der Kerzeria alles macht, kann das unter: www.kerzeria.de