1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Online nach Taufen und Trauungen stöbern

Digitalisierung Online nach Taufen und Trauungen stöbern

Die anhaltischen Kirchenbücher sollen digitalisiert werden.

Von Daniela Apel 15.04.2016, 06:00

Zerbst l Auf rund 3500 schätzt Dr. Jan Brademann die Anzahl der Kirchenbücher, die verteilt in den einzelnen anhaltischen Pfarrämtern lagern. „Die Überlieferung setzt häufig im späten 16. Jahrhundert, bei manchen Gemeinden erst im 17. Jahrhundert ein“, erklärt der Historiker und Mitarbeiter des landeskirchlichen Archivs. Dieses befindet sich im Westteil der Dessauer Pauluskirche. Zum Bestand gehören ebenfalls Kirchenbücher aus dem Kirchenkreis Zerbst wie beispielsweise aus Luso. „Das älteste Kirchenbuch Anhalts ist dasjenige von Rieder, das bereits im Jahr 1539 einsetzt“, erzählt Brademann von der Bedeutung der Akten.

„Diese Quellen bilden das Rückgrat der Tradition der Evangelischen Landeskirche Anhalts, indem in ihnen alle evangelischen Christen Anhalts nahezu lückenlos – abgesehen von den Kriegsverlusten – erfasst sind“, sagt er. Zugleich würden die Kirchenbücher im Fokus einer großen Gruppe familiengeschichtlich interessierter Nutzer und Forscher stehen. Deshalb gilt es, diese wertvollen Bestände zu bewahren. Dies geschieht zum einen durch die Verfilmung der Kirchenbücher auf Mikrofilm, zum anderen durch die nun durch die Synodalen beschlossene Digitalisierung.

Beides dient dem Erhalt der Originale. „Diese Archivalien können durch Reproduktionsmaßnahmen geschont und damit vor dem weiteren Verfall geschützt werden“, erläutert Brademann die Vorteile. Darüber hinaus verbessert sich durch die digitale Erfassung die Zugänglichkeit für potentielle Nutzer. Wie der Historiker ausführt, ist die anhaltische Landeskirche Mitgesellschafterin der Kirchenbuchportal GmbH, die ihren Sitz in Stuttgart hat. „Deren online verfügbares Kirchenbuchportal ,Archion‘, das 2015 an den Start gegangen ist, gehört zu den innovativsten Entwicklungen für die Bereitstellung genealogischer Quellen überhaupt“, liegt Begeisterung in seiner Stimme.

Ziel sei es, dass in Zukunft jeder weltweit auf die elektronischen Versionen der Kirchenbücher der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche Deutschlands im Internet zugreifen und – gegen Zahlung von Nutzungsgebühren - quasi vom heimischen Computer aus Familienforschung betreiben kann. Bislang lässt sich auf dem Portal bereits online durch 38 000 Kirchenbücher blättern. „Die Nachfrage konzentriert sich auf Deutschland, zunehmend aber auch auf Europa, Nordamerika und Russland“, schildert Brademann. „Manche Landeskirchen sind bereits sehr weit mit dem Einspeisen, andere noch nicht“, weiß er. Fakt ist, dass Anhalt nun nachzieht.

Die Digitalisierung der Kirchenbücher durch spezialisierte Firmen soll bereits in den nächsten Monaten starten. „Geplant ist, zunächst die Kirchenbücher zu digitalisieren, die zentral im Landeskirchlichen Archiv in Dessau lagern. Das sind etwa 450 Stück“, erklärt Brademann. In der zweiten Jahreshälfte soll zudem – das Einverständnis der Gemeinden vorausgesetzt – mit der elektronischen Erfassung der historischen Kirchenbücher der Dessauer Stadtpfarreien begonnen werden. „Dabei werden nach ersten Schätzungen gut 28 000 Digitalaufnahmen erfolgen“, informiert der Historiker.

Wie er weiter darlegt, soll parallel mit dieser Maßnahme die spätere Digitalisierung der dezentral lagernden Kirchenbücher konzipiert werden – eine ebenfalls recht herausfordernde Aufgabe. „Hierfür müssen Zahlen erhoben und Zustände erfasst sowie rechtliche Fragen geklärt werden. Und vor allem ist bei den Kirchengemeinden als den Besitzern dieser einzigartigen Quellen um Einverständnis zu werben“, erläutert Brademann. Wie er anmerkt, sollen in erster Linie Register über Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen und Konfirmationen digital aufbereitet werden, die nicht mehr in Benutzung sind und keinen personenrechtlichen Schutzfristen unterliegen.

Die Dauer des ehrgeizigen Projektes ist bislang nicht abzusehen. „Die zentral lagernden Kirchenbücher sollen in den kommenden beiden Jahren digitalisiert werden, die übrigen in den Folgejahren“, erklärt Brademann.

Konkretes zu den Kosten kann er noch nicht verlässlich sagen. Auf jeden Fall werden Mittel im landeskirchlichen Haushalt bereitstehen.

Das Kirchenbuchportal findet sich im Internet unter www.archion.de