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Jütrichauer sind nun gefragt, die auf sie zugeschnittenen Busverbindungen nach Dessau und Zerbst zu nutzen Ein Paket, das in anderen Orten nicht normal ist

Von Petra Wiese 10.01.2013, 02:26

In Jütrichau hält die Bahn nicht mehr. Der Haltepunkt ist unwiderruflich Geschichte. Nun sind die Jütrichauer auf Busverbindungen angewiesen. Dank Bürgerinitiative und Aufbegehren gibt es ein Angebot mit "Jütrichau-Bonus".

Jütrichau l Ein voller Saal am Dienstagabend in der Jütrichauer Raststätte. Viele Einwohner nach wie vor in Kampfeslaune. Im Präsidium haben alle Beteiligten Platz genommen: Ortsbürgermeister Dirk Bunge, der Sprecher der Bürgerinitiative Patrick Rumpf, der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann, Anhalt-Bitterfelds Landrat Uwe Schulze, Nasa-Geschäftsführer Rüdiger Malter, Peter Panitz, Abteilungsleiter Verkehrsplanung bei der Nasa, Uwe Hippe, Leiter des Wirtschaftsentwicklungs- und Tourismusamtes beim Landkreis, Rita Deutschland als Geschäftsführerin des Otto Müller Omnibusbetriebes sowie Hans-Jürgen Wolf, Betriebsleiter des Busunternehmens Vetter. Als Gastgeber oblag es Dirk Bunge, die Veranstaltung zu eröffnen. "Gekämpft, gehofft und doch verloren", dankte er zunächst der Bürgerinitiative und allen, die um den Bahnhaltepunkt Jütrichau gekämpft haben.

Von einem Scheitern des Engagements wollte außer den Einheimischen im Präsidium niemand etwas wissen. Die Bahn fährt zwar durch, aber das Angebot an Busverbindungen wäre ohne den Kampf vor Ort, die langwierigen Diskussionen und Verhandlungen nicht so gekommen, war man sich einig. Den "Jütrichau-Bonus" gilt es nun zu nutzen. Es wird keinen hundertprozentigen Ersatz geben, das sei über die Straße nicht darstellbar, sagte Landrat Uwe Schulze. Für ihn sei es jetzt wichtig, dass die Linien auch genutzt werden.

Trotz immer wieder durchbrechender Fragen nach den Gründen für die Beseitigung des Haltepunktes oder warum die Ortschaft womöglich so spät davon erfahren hat, wie wohl die Bahnbenutzer gezählt wurden, oder warum Rodleben im gleichen Zuge zwei neue Bahnsteige erhält, hatten schließlich die beiden Vertreter der Busunternehmen, über die Jütrichau sowohl an Dessau als auch an Zerbst angebunden wird, Gelegenheit, ihre Angebote vorzustellen.

Den Flyer vom Otto Müller Omnibusbetrieb hatten die Jütrichauer schon zum Jahresende im Briefkasten. Seit Montag haben die Anwohner die Möglichkeit mit dem Linienbus nach Roßlau oder Dessau und in umgekehrter Richtung zu fahren. Von Montag bis Freitag in der Zeit von 4.08 bis 21 Uhr verkehren die Busse alle zwei Stunden. An Wochenenden und Feiertagen besteht das gesamte Angebot im Bedarfsverkehr. "Mir ist klar, dass wir sie mit unserem Angebot nicht vollkommen glücklich machen", so Rita Deutschland. Die Auslastung werde dann über ein dauerhaftes und langfristiges Angebot entscheiden. Nach Erläuterungen zu Details wie Fahrradmitnahme, Haltestellen, Fahrscheinen etc. gab es gleich ein Lob für das Busunternehmen, zum einen für den Flyer ins Haus und zum anderen für das attraktive Busangebot, das vielleicht für Schichtler noch angepasst werden könnte. Wer bei dem Preis noch Auto fährt, sei selber schuld, wir sollten nicht den Bahnsteigen nachweinen, hieß es im Publikum.

Andreas Dittmann konnte da nur zustimmen: "Der Blick zurück hilft nicht weiter." Das Angebot unterscheide sich eklatant von dem, was am Anfang Verhandlungsmasse war, meinte der Bürgermeister. Dass die Bahn nicht mehr hält, wäre zwar ein echter Verlust für Jütrichau, aber was auf dem Tisch liegt, sei ein "klarer Erfolg". Hier wurde ein Paket geschnürt, das sich abhebt, von dem, was in anderen Orten normal ist, so Dittmann. Er riet das Angebot als das zu nehmen, was es ist: "Wir haben es in der Hand, wie gut die Busverbindungen ab 2014 sind." In Richtung Zerbst ist ebenfalls seit Montag die Linie 458 des Busunternehmens Vetter zwischen Wertlau, Jütrichau, Pakendorf über Bias nach Zerbst bis zum Bahnhof nutzbar. Zum einen wurden hier drei zusätzliche Fahrtenpaare für die Schulferien eingesetzt. Zum anderen setzt Vetter auf den Anrufbus, erklärte Hans-Jürgen Wolf. Alle 60 Minuten kann dieser außerhalb des festen Fahrtenangebotes fahren. Allerdings ist eine Voranmeldung mindestens eine Stunde vor Fahrtbeginn nötig. Damit umzugehen, ist für viele ältere Bürger Neuland. "Wir versuchen ein Loch zu schließen", so Wolf. Das Angebot ist ein Kompromiss, das Unternehmen will das erste Viertel- oder halbe Jahr ausprobieren.

Sowohl Rita Deutschland als auch Wolf baten um Anregungen, Hinweise und Kritik in Bezug auf die neuen Busverbindungen (siehe Infokasten).Schließlich blickte Holger Hövelmann (MdL) zukunftsorientiert auf die Gestaltung des Zerbster Bahnhofes, den womöglich auch wieder mehr Jütrichauer mit dem eigenen Pkw ansteuern werden. Doch das sollte nicht Thema des Abends sein.

Birgit Kleinecke, Mitglied des Ortschaftsrates, fand im Namen der Jütrichauer abschließende Worte, um noch einmal Danke zu sagen für den heute nicht mehr selbstverständlichen ehrenamtlichen Einsatz für die Bürgerbelange, allen voran Patrick Rumpf und Dirk Bunge, und dass es auch nur deshalb zu dem "tollen Angebot" gekommen ist.