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Kinderförderungsgesetz: Kostenbeiträge bleiben in Einheitsgemeinde Stadt Zerbst unverändert Für die Eltern gibt es trotz neuem Gesetz vorerst kaum finanzielle Änderungen

Von Judith Kadow 09.07.2013, 01:20

Am 1. August tritt das neue Kinderförderungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt in Kraft. Es bleibt umstritten. Die Stadt Zerbst versichert jedoch: Für die Eltern ändert sich finanziell vorerst wenig.

Zerbst l Seit Monaten hält sich das neue Kinderförderungsgesetz (Kifög) des Landes Sachsen-Anhalt in den Schlagzeilen - vor allem die Kritik daran. Während die Kommunen und Landkreise vor allem handwerkliche Fehler am Gesetz bemängeln, sind Eltern verunsichert, was sich für sie ab August ändern wird.

"Wir können unsere Eltern beruhigen", erklärt Evelyn Johannes, Leiterin der Finanz-, Sozial-, Schul- und Sportverwaltung der Stadt Zerbst. Für die Eltern wird sich in den kommenden Monaten in Sachen Kinderbetreuung in Krippe, Kita oder Hort nur wenig ändern. "Die Elternbeiträge - zukünftige Kostenbeiträge genannt - werden wir in der bisherigen Höhe belassen", erklärt Johannes. Gegenwärtig gelten in der Stadt Zerbst bereits einheitliche Elternbeiträge, im neuen Gesetz sind diese Pflicht.

Um Rechtssicherheit zu schaffen, bedarf es jedoch einer Regelung. Die Kostenbeiträge werden Gegenstand einer neuen Satzung sein, die durch In-Kraft-Treten des neuen Gesetzes notwendig wird. Denn: Künftig sind die Kommunen dafür zuständig, die Betreuungsentgelte festzusetzen. Die Erhebung und Einziehung der Beiträge soll in Zerbst jedoch weiterhin - wie gewohnt - bei den Trägern verbleiben.

Kommende Woche wird die "Satzung über die Erhebung von Kostenbeiträgen in den Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen der Stadt Zerbst/Anhalt" im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellt, Ende Juli steht er zum Beschluss im Stadtrat. "Aus Zeitgründen müssen wir in diesem Fall darauf verzichten, die Anhörungsrunde in den Ortschaftsräten zu drehen", erklärt Evelyn Johannes. Ein früheres Erarbeiten der Satzung war nicht möglich, da wichtige Berechnungsgrundlagen durch den Gesetzestext nicht eindeutig formuliert waren, beziehungsweise belastbare Zahlen nicht vorlagen.

Die Beiträge auf ihrem bisherigen Niveau zu belassen, sei jedoch nicht nur guter Wille. "Das auch, aber andererseits war eine fundierte Kalkulation nicht möglich." Die freien Träger ermitteln derzeit die voraussichtlichen Belegungszahlen ab August 2013 und arbeiten an der Erstellung der Kosten- und Finanzierungspläne für das Jahr 2014. "Zudem ist ein neuer Betreuungsschlüssel im Gesetz verankert, auf den sich die Einrichtungen ebenfalls einstellen müssen", fügt Johannes hinzu.

Kalkulation frühestens zum 1. Januar 2014

Eine weitere wichtige neue Regelung besagt, dass "soweit der Finanzierungsbedarf eines in Anspruch genommenen Platzes in einer Tageseinrichtung oder in einer Tagespflegestelle nicht vom Land und dem jeweiligen örtlichen Träger der Jugendhilfe - also dem Landkreis - gedeckt wird, hat die Gemeinde (...), in deren Gebiet das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, den verbleibenden Finanzbedarf in Höhe von mindestens 50 Prozent zu tragen". Den tatsächlichen Nachweis für die Einhaltung dieser Norm könne nur eine Kalkulation erbringen. Mit deren Fertigstellung rechnet der zuständige Sachbearbeiter Jan Hädrich frühestens zum 1. Januar 2014. Diese Kalkulation bildet dann die Grundlage zur Berechnung neuer Kostenbeiträge.

Um diese ab dem 1. August 2013 festlegen zu können, wurde hilfsweise eine Annäherungsrechnung erstellt. Diese basiert auf den tatsächlichen Ausgabebedarfen aller Einrichtungsträger für das Jahr 2012, den tatsächlich erhobenen Elternbeiträgen aus dem Jahr 2012 sowie der Hochrechnung der im Jahr 2014 zu erwartenden Mehrkosten. Außerdem fanden die statistisch ermittelten Kinderzahlen Anwendung, die mit den gesetzlich vorgeschriebenen Pauschalen vervielfältigt wurden. "Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Grenze von 50 Prozent für die Defizitübernahme durch die Kommune eingehalten wird", erklärt Evelyn Johannes. Um eine Annäherungsrechnung machen zu können, wie hoch der Elternbeitrag ausfallen könnte, dienten die von den Trägern ermittelten tatsächlichen Kosten der Kinderbetreuung als Grundlage, zudem eine Prognose der zu erwartenden Personalkosten. "Im Ergebnis kamen wir zu dem Schluss, dass die bisherigen Elternbeiträge vorerst nicht erhöht werden müssen."

Die Anzahl der vorhandenen Betreuungsplätze im Stadtgebiet wird sich zum 1. August "nicht maßgeblich erhöhen", teilt Jan Hädrich mit. "Letztlich geht es darum, dass mit dem Gesetz mehr Personal durch den Ganztagsanspruch benötigt, und eine längere Betreuung der Kinder abdeckte werden muss", so Hädrich. Die Träger der Einrichtungen werden darauf wohl mit der Erhöhung von Stundensätzen ihrer Erzieher reagieren sowie gegebenenfalls mit Neueinstellungen.

"Allerdings ist die Personaldecke an Erziehern dünn", wie Evelyn Johannes erklärt. Fachpersonal zu finden, werde schwierig. Und: Das neue Gesetz sieht vor, dass die freien Träger nach Tarif bezahlen sollen. Welcher Tarif Grundlage dessen sein soll - die eigenen Haustarife oder der öffentliche Tarif - sei wie so vieles im Gesetz nicht klar formuliert. "Fakt ist jedoch, dass in der Konsequenz die Tarifentwicklung anziehen wird", schätzt Johannes ein.

Um den neuen Anspruch auf einen Ganztagsplatz von bis zu zehn Stunden am Tag zu erfüllen, reichen die Kapazitäten im Stadtgebiet aus. "Vielleicht nicht immer mit einem Platz in der Wunschkita, aber die Möglichkeit ist da." Inwieweit die hiesigen Eltern diesen Anspruch in Anspruch nehmen werden, bleibt abzuwarten. Denn mit einer höheren Betreuungszeit verändert sich natürlich auch die Höhe der Betreuungskosten für die Eltern, sofern diese nicht durch Leistungserstatter übernommen werden.

Neu ist zum Beispiel auch: Bei Fragen rund um die Versorgung mit Kita-Plätzen ist zukünftig der Landkreis Ansprechpartner. Denn an diesen ist per Gesetz die Kita-Hoheit übertragen worden.

Trotz aller Unzufriedenheit sieht die Stadt Zerbst von einer Einzelklage gegen das Gesetz ab. "Der Städte- und Gemeindebund prüft den Sachverhalt. Wird er eine Sammelklage anstreben und hat diese Aussicht auf Erfolg werden wir uns auch beteiligen", erklärt Evelyn Johannes. Doch das wird nicht vor Herbst geklärt sein.