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  7. DDR-Pachtverträge für Garagen: Streit um Kündigungen und Miete

Diskussion um DDR-Verträge Pachtverträge für Garagen: Sind die Kündigungen rechtens?

Garagen-Pächter in Zerbst sollen Miete für Garagen zahlen, die sie selbst errichtet haben. Wie die rechtliche Grundlage für diese Maßnahme ist.

Von Daniela Apel Aktualisiert: 23.07.2024, 09:11
Viele Garagen in Zerbst wurden von den Pächtern selbst errichtet und saniert.
Viele Garagen in Zerbst wurden von den Pächtern selbst errichtet und saniert. Foto: Daniela Apel

Zerbst. - Gekündigte Pachtverträge sorgen derzeit für einige Aufruhr, vor allem jedoch für Unverständnis. Denn betroffen sind Garagen, die die Nutzer einst selbst gebaut haben, und für diese sollen sie ab Januar 2025 Miete zahlen. Da fragt sich mancher: Ist das denn rechtens?

Die Zerbster Stadtverwaltung beruft sich auf bundesdeutsches Recht, das keine Trennung zwischen Grundstückseigentum und Eigentum an Baulichkeiten kennt. In der DDR war es jedoch übliche Praxis, dass auf fremden Boden eine eigene Garage oder ein Wochenendhäuschen errichtet wurde.

Unterscheidung der Pachtverträge ist wichtig

„Eigentlich hätten wir alle Nutzungsverträge, die ab dem 3. Oktober 1990 geschlossen wurden, eher kündigen müssen“, hatte die Leiterin des Bau- und Liegenschaftsamtes Heike Krüger gegenüber der Volksstimme erklärt. Sie erläuterte ebenfalls, dass Alt-Verträge von der aktuellen Kündigungswelle ausgenommen sind.

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Dieser Fakt hatte zu weiterem Unmut geführt, fragte sich doch manch Garagenpächter, warum er selbst angeschrieben wurde, ein benachbarter Pächter aber nicht.

Vor allem aber die Tatsache, dass die Nutzer der Garagen – angefangen von deren Errichtung bis heute – Geld in diese investiert haben und nun monatlich Miete für die Garage zahlen sollen, sorgt für reichlich Verärgerung unter Betroffenen.

„Es ist tatsächlich sehr wichtig zu unterscheiden zwischen Garagenpachtverträgen aus DDR-Zeiten und Verträgen, die nach dem 3. Oktober 1990 abgeschlossen wurden“, sagt Hagen Ludwig vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN).

Pächter haben Anspruch auf Entschädigung

Wer noch einen gültigen alten DDR-Vertrag besitzt, für den gelte nach wie vor das Schuldrechtsanpassungsgesetz, erläutert er. Viele der darin enthaltenden Regelungen wie beispielsweise der Kündigungsschutz für die Garageneigentümer sei zwar mittlerweile ausgelaufen. „Aber zum Beispiel gibt es unter bestimmten Umständen noch einen Anspruch auf Entschädigung“, so der Experte.

Im Schuldrechtsanpassungsgesetz sei allerdings auch geregelt, dass die Nutzer nur solange Eigentümer der Garage bleiben, solange das DDR-Vertragsverhältnis fortbesteht. „Wird es beendet, geht die Garage per Gesetz automatisch an den Grundstückseigentümer über“, erläutert er. Und viele hätten nach der Wende neue Verträge unterzeichnet.

„Damit wurde das DDR-Vertragsverhältnis in der Regel automatisch beendet, unabhängig davon, ob sich die Vertragsparteien dessen bewusst waren. Die Nutzer sind in einem solchen Fall bereits seit Abschluss des neuen Vertrages nicht mehr Eigentümer der Garage. So ist leider die Rechtslage“, so Hagen Ludwig.

Manchmal sei dies auch positiv für die Nutzer, wenn es zum Beispiel darum gehe, wer einen Abriss bezahlt, macht er noch deutlich.

Jeder Pachtvertrag muss einzeln untersucht werden

„Neue Verträge nach der Wende wurden auf der Grundlage des BGB geschlossen“, meint er das Bürgerliche Gesetzbuch, auf das sich auch Heike Krüger bezieht. „Als Verwaltung müssen wir nach Gesetz handeln“, hatte sie die Mitte Juni versandten Kündigungsschreiben begründet, mit denen eine Situation bereinigt wird, die eigentlich gar nicht mehr erlaubt ist. Das Schuldrechtsanpassungsgesetz spielt in dem Fall keine Rolle mehr, wie Hagen Ludwig sagt.

„Es kommt nun in jedem Einzelfall darauf an, was die Vertragsparteien zum Beispiel hinsichtlich der Vertragslaufzeit, der Kündigungsfristen oder einer möglichen Entschädigung eventuell vereinbart haben“, ergänzt das Präsidiumsmitglied des VDGN. Ludwig empfiehlt deshalb, die jeweils geltenden Verträge von einem Fachmann prüfen zu lassen.