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Gericht Drogenverkauf an Minderjährige in Zerbst

Einem 34-Jährigen wird vorgeworfen, in Walternienburg Drogen an einen 16-Jährigen verkauft zu haben.

Von Daniela Apel 16.08.2018, 01:01

Zerbst l Eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr droht dem 34-jährigen Rico F.*, gegen den jetzt am Zerbster Amtsgericht verhandelt wurde. Staatsanwältin Julia Lengner wirft dem Angeklagten vor, zwischen Juni und Oktober 2016 in Walternienburg unerlaubt Drogen an eine Person unter 18 Jahren abgegeben zu haben. Sechsmal soll er Steven P. mindestens ein Gramm Cannabis für 5 bis 10 Euro verkauft haben.

Vor dem Schöffengericht gab Rico F. den Drogenverkauf zu. Allerdings habe er Steven P. nur einmal Marihuana verkauft. Dabei sei ihm allerdings nicht bewusst gewesen, dass jener noch keine 18 war, erklärte der Angeklagte, der damals in Walternienburg in einem Haus mit zwei Mitbewohnern lebte. Steven P. lernte er kennen, als er Anschluss im Ort suchte. „Wir haben uns verstanden“, schilderte er dem Gericht, wie sie zusammen Zigaretten und Cannabis rauchten. Dann habe er ihm mal ein bis eineinhalb Gramm verkauft, gestand er. „Ich weiß nicht mehr genau für wie viel.“

Die Aussage von Steven P. gegenüber der Polizei hingegen scheint der Behauptung von Rico F. zu widersprechen. Richter Andreas van Herck verlas das Protokoll seiner Vernehmung am 29. November 2016. Damals erzählte Steven P., der zu jener Zeit in einem Heim in Walternienburg untergebracht war, dass er im Sommer 2016 begonne habe, Gras zu rauchen. Das habe er stets bei Rico F. geholt – immer ein Gramm und das mindestens zweimal im Monat, sechs- bis siebenmal insgesamt.

Steven P. war damals 16 Jahre alt, inzwischen ist er unauffindbar, weshalb er bei der jetzigen Hauptverhandlung nicht gehört werden konnte. Stattdessen sagte sein damaliger Heimmitbewohner Luca M. aus, der oft erst nach mehrmaligem Nachhaken eine Frage beantwortete und sichtlich mit seiner Nervosität und wohl auch Erinnerung kämpfte. So appellierte van Herck zwischendurch an ihn, die Wahrheit zu sagen.

Wie sich herausstellte, hatte Luca M. Probleme mit Steven P., der es selbst mit der Wahrheit wohl nicht so genau nahm. Deshalb hatte Luca M. bei seiner Polizeivernehmung behauptet, Steven P. würde Ecstasy nehmen. „Das war falsch“, gestand er nun ein. Zugleich korrigierte er seine damalige Aussage, dass er mehrfach den Verkauf von Drogen durch Rico F. an Steven P. beobachtet habe.

Jetzt konnte sich Luca M. nur noch an einmal erinnern. Auch seine Schätzung, dass Rico F. bis zu fünf Gramm Marihuana hatte, beruhte – wie weitere Nachfragen ergaben – auf der Aussage von Steven P. Denn selbst war er beim Abfüllen der Drogen nicht dabei.

Überhaupt hatte Luca M. angenommen wegen eines völlig anderen Sachverhalts vorgeladen worden zu sein. Er selbst war nämlich vom Mitbewohner von Rico F. zusammengeschlagen worden, weil er ihn angeblich als Dealer bezeichnet hatte, was Luca M. abstritt. Es folgte eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung bei der Polizei, wo der Drogenkonsum und der Cannabisverkauf bei den Vernehmungen von Luca M. und Steven P. zur Sprache kamen.

Die Aussagen der Jugendlichen seien im Beisein von Erziehern getätigt worden und glaubhaft gewesen, sagte der als Zeuge geladene Polizeibeamte. Dass Steven P. älter wirkte, als er war, „hab‘ ich nicht so wahrgenommen“, erklärte er. Allerdings kannte er auch die Personalien und ziehe die Objektivität der subjektiven Wahrnehmung vor.

Luca M. gab zu, Steven P. anfangs älter geschätzt zu haben. Um zu klären, wie alt Steven P. auf seine Mitmenschen wirkte, soll nun noch ein Heimerzieher als Zeuge gehört werden, weshalb Richter van Herck mit dem 4. September einen weiteren Verhandlungstermin ansetzte.

 

(*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.)