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Gericht Polizisten im Zeugenstand

Ein weiterer Verhandlungstermin im Berufungsprozess zum Fall des „Nuthaer Feuerteufels“ fand statt. Das Gericht hörte zwei Experten des Landeskriminalamtes an.

Von Andreas Behling 17.08.2018, 23:01

Dessau/Zerbst l Der Prozess gegen einen 25 Jahre alten Angeklagten, der sich vor der 7. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau wegen Brandstiftung in drei Fällen verantworten muss, wurde fortgesetzt. Am aktuellen Verhandlungstag kamen zwei Experten zum Zuge.

Zum einen handelte es sich um eine Mitarbeiterin des während der Ermittlungen hinzugezogenen Landeskriminalamts (LKA) Brandenburg, deren Spezialgebiet die Sprecher-Erkennung ist. Zum anderen war ein Kriminalist vom LKA Magdeburg als Zeuge geladen, der die Fernüberwachung des schwarzen Audi A 3, der dem Angeklagten gehörte, per GPS-Datenübertragung erläuterte.

Die Expertin für Sprecher-Erkennung griff zur Analyse – die unabhängig von ihr ein zweiter Kollege vornahm, so dass das Endergebnis auf dem Vier-Ohren-Prinzip basierte – auf zwei Mitschnitte zurück. Beim ersten handelte es sich um einen Anruf bei der Leitstelle Anhalt-Bitterfeld, in dem ein Anrufer, der sich „Meyer“ nannte, die Entwicklung von dunklem Rauch im Wald bei der Poleymühle in der Nähe von Kämeritz meldete.

Die zweite Aufnahme war ein abgehörtes Telefonat – hierfür lag ein richterlicher Beschluss vor – des Angeklagten mit seiner Lebensgefährtin.

Quintessenz der nach verschiedenen Kriterien – beispielsweise flossen die Schwingungen der Stimmlippen, die Stilistik, die Artikulation und Akzentuierung ein – vorgenommenen Auswertung der reinen Sprechzeiten: In beiden Aufnahmen ist „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ ein und derselbe Anrufer zu hören. „Es fanden sich keine Hinweise, die gegen eine Identität sprechen“, meinte die 50-jährige Fachfrau.

Eventuell spielt aber für die juristische Einordnung dieser Einschätzung eine Rolle, was sie am Anfang ihrer Ausführungen sagte. Demnach ließen sich Aussagen zur Identität von Sprechern zwischen den beiden Polen „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ und „kann nicht beurteilt werden“ machen.

Der Mann vom LKA Sachsen-Anhalt berichtete, dass man vom Überwachungsgerät am Auto über das Mobilfunknetz alle 30 Sekunden eine Positionsbestimmung erhielt. Eine jede von ihnen sei mit einem Zeitstempel versehen gewesen und habe es ermöglicht, auf einer Karte ein Bewegungsbild darzustellen.

Darüber hinaus seien dem polizeizertifizierten Software-Programm die Geschwindigkeit des Wagens und die Geo-Referenzierung (Ortslage und Straße) übermittelt worden. Ein technischer Defekt des Geräts sei nicht aufgetreten. „Es gab keine Fehlweisungen. Es hat nicht angezeigt, dass es mal kurz auf den Bahamas gewesen wäre.“ Es habe sich nur bemerkbar gemacht, wenn die Batterie gewechselt werden musste.

Wann im Verlauf des Prozesses, in dem es um drei Brände zwischen Januar und Juni 2016 im Umland von Zerbst geht, ein Brandsachverständiger gehört werden kann, steht derzeit nicht genau fest. Der Vorsitzende Richter Johannes Becker teilte mit, dass der Mann „ziemlich stark belastet“ sei. Er wolle daher abwarten, was ihm in nächster Zeit telefonisch mitgeteilt werde. Beschäftigen soll sich der Fachmann mit der Brandlegung an einem Bienenwagen, die vom Angeklagten verübt worden sein soll. Wie Becker erläuterte, geht es in dem Fall vor allem um die Zeitspanne zwischen Anfangs- und Endzustand des Wagens. „Er hat eine Vorprüfung anhand von Fotos vorgenommen, mir aber noch keine Rückmeldung gegeben.“

Zur Frage der GPS-Überwachung merkte Verteidiger Benedikt Mick an, diese habe sich auf eine recht kleine Region konzentriert. Im Prinzip könnte jeder Einwohner dort auch die Stelle, wo der Bienenwagen brannte, durchaus mal mehrfach am Tag passieren. „Weil die Leute auf den Wegen zur Arbeit, zum Lebenspartner, zum Fußballplatz oder zur Kneipe fahren.“

Der Prozess wird am 12. September fortgesetzt.