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Gericht Tankstellenräuber sind geständig

Zwei Männer aus Zerbst, 25 und 26 Jahre alt, müssen sich derzeit vor dem Landgericht Dessau wegen schweren Raubes verantworten.

Von Andreas Behling 05.06.2019, 23:01

Dessau/Zerbst l Die Angaben der beiden Angeklagten aus Zerbst, die sich derzeit wegen besonders schwerer Raubstraften vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau verantworten müssen, liegen dicht beieinander.

Für die Kammer unter dem Vorsitz von Siegrun Baumgarten und die anderen Prozessbeteiligten wird es daher darauf ankommen, die Nuancen einzuordnen. Die Taten liegen bereits länger zurück. Sie ereigneten sich in der zweiten Jahreshälfte 2014.

Am 2. November überfiel das Duo eine Tankstelle in Tangerhütte. Maskiert und mit Messern bewaffnet, erbeuteten die Männer damals etwa 730 Euro. Schon zuvor – und zwar im Juli und September 2014 – raubten sie, der eine heute 25, der andere 26 Jahre alt, in Zerbst auf ähnliche Weise eine weitere Tankstelle sowie ein Bekleidungsgeschäft aus. Auch in diesen Fällen gelangten sie an größere Mengen Bargeld.

In der Tankstelle an der Bundesstraße 184, wo eine ungeladene Schreckschusswaffe der Bedrohung diente, waren es ungefähr 670 Euro, in dem Laden ziemlich exakt 2075 Euro.

Dort hielt einer der Täter, der sich mit Kapuze und Schal unkenntlich gemacht hatte, die beiden anwesenden Verkäuferinnen mit einem Messer in Schach. „Die Tat in Tangerhütte haben wir gemeinsam geplant und durchgezogen“, bestätigte der ältere Angeklagte.

Der jüngere Mann erklärte in seiner Vernehmung, er habe dort nicht allein agieren wollen, weil er die Taten zuvor in Zerbst auf sich selbst gestellt durchziehen musste. „Ich forderte ihn auf: Bewege dich auch mal und komm‘ mit rein“, schilderte der 25-Jährige. „Außerdem geht so eine Sache zu zweit schneller.“

Im Fall des unter Betreuung stehenden 25-Jährigen konnte gleichwohl der Eindruck entstehen, dass ihn sein Kumpel, trotz dessen Beteuerung, man habe „fast wie Brüder“ zueinander gestanden, lediglich benutzte, um an Bargeld zu kommen.

Zwar sagte der 26-Jährige, man habe die Beute jedes Mal geteilt. Doch der andere Angeklagte blieb dabei, dass er immer mit maximal 200 Euro abgespeist wurde. Sein Kompagnon habe dies damit begründet, dass er doch bald Vater werde und er schon Geld für den künftigen Nachwuchs – die Tochter des 26-Jährigen kam am 5. November 2014 auf die Welt – zur Seite legen wolle.

Allerdings, so der jüngere Angeklagte, stamme die Idee, die Tankstelle in Tangerhütte auszurauben, wirklich von ihm. „Die Tankstelle dort wurde vorher noch nie überfallen“, lautete seine Begründung für den Überfall im altmärkischen Tangerhütte.

In den Vernehmungen von zwei Zeuginnen aus Zerbst zeigte sich nachdrücklich, wie unterschiedlich Menschen Straftaten verarbeiten, deren Opfer sie geworden sind. Der Beschäftigten der Tankstelle standen die Szenen noch so klar vor Augen, dass sie mehrfach kurz in Tränen ausbrach.

„Ich hielt das erst für einen Scherz. Aber es war keiner“, sagte die 43-Jährige, der die Waffe seinerzeit über den Tresen dicht vor den Kopf gehalten worden war.

Ihrer Erinnerung zufolge drückte sie zwei Mal den Notrufknopf, weil auf das erste Signal keine Reaktion erfolgte.

„Die Polizei kam ziemlich spät“, merkte sie an. Nach dem Überfall habe sie eine neunwöchige psychologische Behandlung in Anspruch nehmen müssen, so die Frau weiter. In den Alltag zurückzufinden, habe geklappt.

Das Geschehene sei indes „nie wirklich weg“. So habe sie sich vor der aktuellen Aussage erneut krankschreiben lassen müssen. „Ich muss abwarten, wie es mir geht, wenn ich aus dem Saal wieder raus bin.“

Dass sich der 25-jährige Zerbster bei ihr entschuldigte, nahm sie zwiespältig auf. „Das kommt reichlich spät. Wegen ein paar Kröten so was zu machen“, lautete ihre Reaktion. „Ich kann die Entschuldigung annehmen“, meinte eine der Verkäuferinnen des überfallenden Modegeschäfts.

Gleichwohl habe sie unmittelbar nach der Tat nicht allein ins Dunkle hinaus gehen können. Mit der Zeit habe sich das gelegt. Zumal die sich über ein paar Wochen erstreckende psychologische Betreuung in ihrem Fall ebenfalls hilfreich gewesen sei.

Ursprünglich sollte das erstinstanzliche Verfahren bereits Mitte Mai beginnen. Es musste jedoch ausgesetzt werden, weil ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe des Landkreises Anhalt-Bitterfeld fehlte. Dieser Mangel ist inzwischen behoben.

Vorerst sind noch zwei Fortsetzungstermine – am 12. und 17. Juni – vorgesehen. An einem der Tage soll dem Gericht das Gutachten von Psychotherapeut Klaus Löffler vorgetragen werden.