Verkehrsrecht Gilt schnelles Briefeinwerfen als Parken?
Wurde geparkt oder nur gehalten? Die Frage löst immer wieder Diskussionen aus. Ein aktueller Fall aus Zerbst belegt das.
Zerbst l Es ist der 5. Juni gegen 9.15 Uhr, als Max Hoffmann mit dem Auto vor der Zerbster Post vorfährt und anhält. Seine Mutter Ingrid steigt aus dem Wagen, um für ihren Sohn schnell einen Brief in den Briefkasten vorm Gebäude zu werfen. In dem Moment kommt ein Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes hinzu, weist auf das Bushaltestellenschild hin und fotografiert das Pkw-Kennzeichen.
„Ich hab’ ihm noch meine Karte gezeigt, dass ich behindert bin“, sagt der junge Steckbyer. Er erzählt ebenfalls vom misslungenen Versuch, mit dem Ordnungshüter ins Gespräch zu kommen. „Nicht bürgerfreundlich“ sei dessen Verhalten gewesen, findet Max Hoffmann. „Ja, Pech, 55 Euro“, habe jener gesagt, schildern die Beiden. Sie ärgern sich über den Strafzettel, den sie ihrer Meinung nach völlig zu Unrecht erhalten haben.
Keine drei Minuten – erst dann gilt es als parken – habe es gedauert, den Brief einzuwerfen, betont Ingrid Hoffmann. Dass sie im Bereich der Bushaltestelle standen, war ihnen bewusst. „Ich war aber jederzeit abfahrbereit“, sagt Max Hoffmann. Mit laufendem Motor hat er auf seine Mutter gewartet. Über das angebliche Beweisfoto können sie ebenfalls nur den Kopf schütteln. Das Foto sage nichts darüber aus, wie lange sie dort standen. Trotz allem bezahlen die Steckbyer das Verwarngeld, weil sie befürchten, dass das Verfahren sonst zur Bußgeldstelle weitergeleitet wird. Danach fomulieren sie allerdings ein Widerspruchsschreiben, das inzwischen im Rathaus vorliegt.
„Darauf werden wir natürlich reagieren“, sagt Kerstin Gudella. Wie – das lässt die Ordnungsamtsleiterin gegenüber der Volksstimme offen. Es sei eine schwierige Situation. „Was nicht mehr geklärt werden kann, ist, ob der Parkvorgang abgeschlossen war“, gesteht sie. Zudem sei mit Zahlung des Verwarngeldes das Verfahren eigentlich abgeschlossen, die Möglichkeit des Widerspruchs existiert hier rechtlich nicht. Es gebe nur die Anhörung, in der man sich zum jeweiligen Vorwurf äußern könne, erläutert Kerstin Gudella. Auch ein Vorsprechen im Ordnungsamt sei möglich, sagt sie.
Dort befasst sich Christian Neuling als Sachbearbeiter für Bußgeldangelegenheiten mit den Fällen, bei denen jemand glaubt, dass ihm zu Unrecht ein Fehlverhalten vorgeworfen wird. Er prüft den konkreten Sachverhalt und entscheidet. Grundlage ist stets die geltende Straßenverkehrsordnung.
Vor dem Postgebäude greifen gleich mehrere Paragraphen: Dieser Bereich fällt in eine 30er Zone, zugleich gilt eingeschränktes Halteverbot. „Wer sein Auto verlässt oder länger als drei Minuten hält, parkt und das ist verboten“, sagt Neuling. Gerade vor der Post werde das oft missachtet. Hinzu kommt die Bushaltestelle, wo das Parken zusätzlich verboten und das Halten nur ohne Behinderung des Busses erlaubt ist.