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Grünpflege Nicht alles Unkraut in der Stadt

Warum es in Zerbst an manchen Stellen wuchert und blüht. Und an anderen nicht.

Von Daniela Apel 13.08.2020, 01:01

Zerbst l Mehr als kniehoch ist das Unkraut, das die Linden vorm Krankenhaus umsäumt. „Ein schlimmer Anblick“ sei das, findet Wilhelm Becker. Er ist nicht der einzige, der sich über unattraktive Grünflächen ärgert. Gerade in jüngster Zeit gibt es immer wieder Kritik an der Pflege der Rasenflächen und Beete in Zerbst und seinem Umland.

„Es ist kein Geheimnis, dass wir nicht hinterherkommen“, erklärt Ordnungsamtsleiterin Kerstin Gudella. 30 Mitarbeiter und zwei Saisonkräfte zählt der städtische Bauhof aktuell. Das Problem: Aufgrund von Urlaub und Krankheit steht momentan nur ein geringer Teil der Kräfte zur Verfügung. Da ist es schlichtweg nicht zu schaffen, sich so um alle kommunalen Flächen zu kümmern, wie es wünschenswert wäre.

Zumal unliebsamen Kräutern wie beispielsweise Sauerampfer oder Wilde Rauke die Trockenheit absolut nichts ausmacht, wie Ute Schilling vom Grünflächenamt sagt. „Auch Disteln sind nicht tot zu kriegen“, bedauert sie. Unterdessen seien die Bäume und Sträucher aufgrund der fehlenden ausreichenden Niederschläge im Dauerstress. Die Böden seien ausgedörrt, was sich im Bewuchs widerspiegelt.

„Wir sind dabei, ein Grünflächenkataster für die Einheitsgemeinde Zerbst zu erarbeiten“, informiert Kerstin Gudella. Äußerst aufwendig und mühselig sei es, die Übersicht zu erstellen, aus der hervorgeht, für welche Flächen der Bauhof überhaupt zuständig ist und was genau darauf wächst. „Danach wird der Pflegestandard bestimmt“, sagt sie. „Was gemacht werden muss, um den Zustand zu erhalten“, ergänzt Ute Schilling. Dazu werde ein Leistungsverzeichnis erstellt, „um zu sehen, wie viel Personal und Zeit brauchen wir“, so die Ordnungsamtsleiterin.

Für einzelne Ortschaften liegen die entsprechenden Unterlagen inzwischen vor, nach denen die Bauhofkräfte tätig sind. Für Bias zum Beispiel. Dort sind neben den immerhin 189 Bäumen sowie einigen Sträuchern und Hecken hauptsächlich Rasenflächen kurz zu halten. Mehr als 600 Pflegestunden im Jahr kommen da im Schnitt zusammen. Aufwendiger wird es, wenn es Blumenbeete gibt.

Bei den Orten, für die die Karten noch fehlen, greift der Erfahrungsschatz der Mitarbeiter. „Sie kennen ihre Flächen und pflegen sie entsprechend“, sagt Kerstin Gudella. Vertretungen oder neu eingestellte Kräfte hingegen müssten ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich erst kennenlernen. „Hier ist das Kataster dann hilfreich“, sagt die Amtsleiterin. Dort könnten sie nachschauen, wo sich welche Rabatte befindet und wie sie wann zu pflegen ist. Bis es soweit ist, dauert es noch. Zuvor muss jede Grünfläche erst einmal erfasst und digitalisiert werden.

Dass manches Areal vorübergehend der Natur überlassen und nicht sofort gemäht wird, hat ebenfalls seinen Grund. Dahinter verbergen sich so genannte „Blühwiesen“, von denen Insekten und Kleintiere profitieren sollen. Neben der Förderung der Artenvielfalt spielt zugleich ein praktischer Effekt eine Rolle: „Wir sind bemüht, den Pflegeaufwand für unsere Grünflächen zu reduzieren“, sagt Kerstin Gudella.

„Wir haben vor, Areale festzulegen, die im Jahr nur zweimal zu mähen sind – die erste Mahd Ende Juli, die zweite zum Herbst hinein“, erläutert Ute Schilling. Die Wiese zwischen den Wohnblöcken am Zerbster Teufelstein und der Biaser Straße biete sich da an. „Wichtig ist auch, dass solche verblühten Pflanzen mal stehen bleiben, um auszusamen“, sagt sie.

Auch hinsichtlich der Verkehrsinsel auf der Heide in Zerbst bittet Ute Schilling um Verständnis, dass jene derzeit nicht so attraktiv aussieht. Bei der Umgestaltung der Straße war das hügelige Beet angelegt worden. Während die Kiefern prächtig gedeihen, ist die übrige Bepflanzung bislang immer wieder eingegangen.

„Im vergangenen Jahr haben wir dann eine spezielle Blühmischung ausgebracht, aber wohl zum falschen Zeitpunkt. Im Frühjahr ist jedenfalls nicht viel aufgegangen außer Kornblumen“, blickt Ute Schilling zurück. Doch aufgeben will sie noch nicht, sondern abwarten. Deshalb sollen die hoch gewachsenen Gräser und Kräuter erst einmal stehen bleiben.

Froh sind die beiden Frauen über das Engagement ganz vieler Bürger. Vor allem in den Dörfern sei es nach wie vor üblich, dass die Anwohner Hand anlegen und das Straßengrün vor ihren Häusern selbst pflegen. Verpflichtet sind sie dazu nicht. „Da sind wir ganz, ganz dankbar“, betonen Kerstin Gudella und Ute Schilling. Damit wäre der Bauhof sonst wirklich völlig überfordert.