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Hospiz Eine Idee nimmt Gestalt an

Nach dem Spatenstich Ende Mai fand gestern die Grundsteinlegung für das Anhalt-Hospiz in Zerbst statt.

Von Daniela Apel 27.08.2016, 06:00

Zerbst l Die Bodenplatte ist inzwischen gegossen, Grundmauern ragen gen Himmel. Das Zerbster Hospiz nimmt zunehmend Gestalt an. Bei strahlendem Sonnenschein findet auf der Baustelle am Breitestein gestern ein weiterer symbolischer Akt nach dem Spatenstich statt: die Grundsteinlegung. Als Zäsur, um in die aktive Bauphase einzutreten, bezeichnet Pfarrer Torsten Ernst die offizielle Zeremonie, zu der er Vertreter aus Politik und Kirche, Verbänden und Firmen begrüßen kann.

Zu den Gästen gehören aber auch Kinder der benachbarten Kita „Zerbster Strolche“. Zu kleinen Spaten greifend übernehmen die Mädchen und Jungen beim Versenken der vorbereiteten Zeitkapsel wenig später eine wichtige Rolle. Emsig schaufeln sie Beton in die Schalung der niedrigen Mauer im zukünftigen Eingangsbereich des Gebäudes, das Sterbenden ein Zuhause geben und ein menschenwürdiges Leben bis zum letzten Atemzug gewähren soll, wie es Dr. Wolfgang Teske, Vorstand des Diakonischen Werkes Mitteldeutschland formuliert. In der offenen Wand versenkt Bürgermeister Andreas Dittmann das verschlossene Teilstück eines kupfernen Regenfallrohres, in dem sich aktuelle Dokumente neben einem Münzsatz befinden.

Die Hauptarbeit übernehmen allerdings die Erwachsenen. So schwinkt auch Dr. Anja Schneider plötzlich die Maurerkelle. Sie ist die Geschäftsführerin der Anhaltischen Hospiz- und Palliativgesellschaft, die hier in Zerbst-Nord direkt neben der Stadtmauer das stationäre Hospiz errichtet. Gut 1,4 Millionen Euro investitiert die gemeinnützige Gesellschaft in das Projekt, das die Deutsche Fernsehlotterie mit rund 277 000 Euro fördert.

Inmitten der Stadt sollen mit diesen Mitteln acht Einzelzimmer mit acht Hospizbetten sowie Räumlichkeiten für die ambulante Palliativversorgung entstehen. Gerechnet wird mit jährlich etwa 100 Gästen, wie die Bewohner eines Hospizes genannt werden. Die Zahl der Angehörigen wird auf 200 bis 400 geschätzt.

Ein bis zwei Plätze würden basierend auf der Einwohnerzahl von Zerbst theoretisch ausreichen, sagt Anja Schneider. Sie weiß jedoch, wie schwer es Angehörigen falle, einen Sterbenden in ein Hospiz zu geben. Befinde sich dieses unmittelbar vor Ort, sei das wie ein Sicherheitsanker. Und der Schwerstkranke selbst müsste nicht den Ort verlassen, in dem er sein Leben verbrachte. Durch das ambulante Team sei es zudem durchaus möglich, für einen Tag nach Hause oder zur Familie zurückzukehren.

„Es ist immer die schwerste Zeit im Leben, Abschied zu nehmen, vor allem für die Hinterbliebenen“, spricht Landrat Uwe Schulze aus persönlicher Erfahrung. „Ich weiß auch, wie es ist, jemanden im Hospiz zu besuchen“, sagt er. „Alle Arbeit, um einem Menschen ein würdevolles Ableben zu ermöglichen, fließt hier zusammen.“

„Hospiz ist mehr als ein Haus aus Stein, Hospiz ist eine Haltung zum Leben“, betont Pfarrer Ulrich Paulsen, Vorsitzender des Hospiz- und Palliativverbandes Sachsen-Anhalt. „Sie bauen ein Haus, in das Sterben, aber auch viel Leben einziehen wird“, wendet er sich an die Anwesenden und plädiert zugleich: „Sterben, Tod und Trauer nicht auszuschließen, sondern in der Gesellschaft zu integrieren.“ Paulsen wünscht sich, dass dieser Gedanke von dem Projekt in Zerbst ausstrahlt.