Hochseilartisten sind Besuchermagnet auf dem Heimat- und Schützenfest In 30 Metern Höhe verdient Familie Schmidt täglich ihre Brötchen
Die Hochseilshow der Artistenfamilie Schmidt ist in diesem Jahr einer der großen Besuchermagnete des Heimat- und Schützenfestes in Zerbst. Die ungesicherte Show mit einem Motorrad in 30 Metern Höhe bestreiten zur Zeit Dean Schmidt und Kevin Prüfer. Für sie ist das ganz normal.
Zerbst. In 30 Metern Höhe Motorradfahren und dabei ungesichert eine einarmige Stützwaage machen - kaum zu glauben, dass das der Alltag eines jungen Mannes sein soll. Aber genau so ist es. Für Dean Schmidt, der junge Mann, den man auf dem Zerbster Heimat- und Schützenfest täglich drei Mal live mit seiner Performance erleben kann, ist es genau das.
Wenn andere jeden Tag im Büro sitzen oder auf der Baustelle schuften, verdient er seine täglichen Brötchen als Hoch-seilartist in 30 Metern Höhe. Ihm zur Seite steht Performance-Partner, Kumpel, Verwandter und Auszubildender Kevin Prüfer. Während Dean in die Akrobatenfamilie reingeboren wurde, die Begeisterung und das Talent vielleicht auch vererbt bekommen hat und nun bereits in der dritten Generation in Folge das Geschäft weiter führen wird, kommt Kevin aus einer "normalen" Familie und hat seine Ausbildung erst vor zweieinhalb Jahren begonnen. Damit steht er noch mitten in der Lehre. "Wir sind verwandt. So kam ich auf die Idee, Artist zu werden", erzählt er. Aber er musste erst die Schule beenden, bis er in die Lehre treten durfte. Ganz im Gegensatz zu Dean, der bereits mit 13 Jahren die siebenjährige Ausbildung zum Artisten bei seinem Vater begann.
Dieser ist ebenfalls auf dem Hochseil aktiv - war es zumindest bis zu einem folgenschweren Unfall Anfang dieses Jahres. Bei einer Fahrradperformance in 25 Metern Höhe stürzte er. Zwölf Meter über dem Boden fing er sich noch kurz ab, dann fiel er frei. Resultat: Beide Füße zertrümmert, Schäden an Gelenken, ein Tag im Koma und eine schwere Operation. Aber er lebt! Und er will auch wieder aufs Seil.
Bis er das geschafft hat, bestreiten die beiden jungen Männer das Programm allein. Die europaweit einmalige einarmige Stützwaage auf dem Motorrad in 30 Metern Höhe hat Dean von seinem Vater gelernt - das Markenzeichen der Hochseilartistenfamilie Schmidt. Eine Figur, die sich Vater Roland selbst erdacht hat. "Als Künstler will man sich abheben von anderen, daher arbeitet man in Gedanken immer an etwas, was es noch nicht gab", erklärt Roland Schmidt. Auch Dean arbeitet an etwas eigenem, aber in welche Richtung es geht, will er noch nicht verraten.
Um für die Shows fit zu sein, ist regelmäßiges Training angesagt. Das reicht von Krafttraining über einfache Seilübungen bis hin zum Durchlauf der ganzen Show. "Grundsätzlich üben wir aber nur dann, wenn kein Publikum da ist. Hier in Zerbst also eher Vormittags und dann muss man sich nach dem Wetter richten", erzählt Dean. Genau wie das Training, ist auch jede Show anders, denn Regen, Wind und Licht sind nie gleich.
Zum Alltag von Shows und Training gehört natürlich auch das ständige Umherreisen als Artist. Nicht selten werden am Tag 150 Kilometer zurückgelegt. Nie sind sie lange an einem Ort, selbst den Hauptwohnsitz in Potsdam sehen sie öfter auf der Landkarte, als das sie vor Ort sind. "Das ist aber irgendwie schon cool, das viele Reisen. Die vielen Menschen, die man kennenlernt und was man alles sieht", sagt Kevin, der das Leben als Artist toll findet und genießt. "Aber trotzdem ist es schön, wenn man wieder in Potsdam ist", gesteht Dean.
Trotz der unzähligen Orte, in denen vor allem Vater Roland Schmidt in seinen 35 Jahren als selbständiger Artist schon aufgetreten ist, kann er sich noch so gut wie an jeden erinnern. "Es ist komisch, aber wenn man den Namen einer Stadt ausgesprochen hört, in der man schon einmal war, da klingelt was. Sofort sind Bilder und Erinnerungen da, und oft erkennt man die Leute von der Stadtverwaltung auch wieder", sagt der 50-Jährige und lacht.
Und, war er schon einmal in Zerbst? "Ja!", ist die prompte Antwort. "Zu DDR Zeiten. Da waren wir aber auf dem Markt und noch nicht mit Motorrädern, sondern damals noch mit einer Fahrradnummer", erinnert er sich.