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Investitionen Ein Spagat zwischen Können und Wollen

Investitionen sind ein rege diskutiertes Thema in der Einheitsgemeinde Zerbst. Die Prioritätensetzung ist nicht leicht.

Von Daniela Apel 29.01.2020, 06:54

Zerbst l „Zahlen sprechen eben eine andere Sprache“, erklärt der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) im Volksstimme-Gespräch zu „Zehn Jahren Gebietsreform“. Dass die 2010 zur Stadt hinzugekommenen Ortschaften bei Investitionen womöglich hinten runterfallen, widerlegt er.

Als ein aktuelles Beispiel nennt der Rathauschef die Kita „Burggespenster“ in Lindau, die für rund 980.000 Euro saniert wird. Allein auf 248.000 Euro beläuft sich der Eigenanteil für das umfangreiche Projekt. „Das ist ein Viertel der Investitionspauschale“, gibt Dittmann zu bedenken. Für ihn ist dies zugleich Beleg, dass der mehrheitlich aus Zerbstern bestehende Stadtrat das Umland genauso im Blick hat wie die Kernstadt und keine Seite bevorteilt.

Ebenfalls neutral gehe die Verwaltung an die Aufstellung eines Haushaltsplanes heran, den Dittmann unlängst als „gemeinsamen Kompromiss zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ bezeichnete. Hierbei spiele keine Rolle, wo die Maßnahme realisiert werden soll, sondern wie notwendig diese sei, führt der Bürgermeister aus. Auch mögliche Folgekosten fließen in die Betrachtung ein. Geprüft werde ebenfalls, inwiefern Fördermittel akquiriert werden können, um die Belastung der Stadtkasse zu minimieren.

„Das klappt mal besser, mal schlechter“, weiß Dittmann. So steht der Einheitsgemeinde 2020 ein Investitionsvolumen von knapp 6,4 Millionen Euro zur Verfügung, in denen sich Zuschüsse von 5,6 Millionen Euro verbergen. Derart positiv schaut es jedoch nicht immer aus. Bei der Anschaffung neuer Feuerwehrfahrzeuge konnte die Stadt in den zurückliegenden Jahren – mit Ausnahme des 2019 in Betrieb genommenen 400.000 Euro teuren HLF 20 für die Zerbster Ortswehr – nicht auf Zuschüsse zurückgreifen.

 „Die haben wir alle selbst finanziert“, bemerkt der Bürgermeister. Eine Summe von rund 672.000 Euro kam da zwischen 2010 und 2019 zusammen, wovon die Kameraden der Ortswehren Steutz und Lindau sowie Garitz-Bornum und Deetz-Badewitz profitierten. Zuzüglich der Kosten für die Reparatur und Umrüstung von Fahrzeugen, das Leasing von fünf Mannschaftstransportern sowie die Verbesserung der technischen Ausrüstung wurde seit der Gebietsreform fast eine Millionen Euro in die Ortsfeuerwehren des Umlandes gesteckt.

Neben dem Brandschutz flossen seit der Gebietsreform weitere fast 5,7 Millionen Euro in verschiedenste Projekte in den 24 Ortschaften rund um Zerbst investiert – in Spielplätze und Straßen, Bürgerhäuser und Friedhöfe oder auch die Sanierung von Kegelbahnen, Teichen und Burganlagen. Mitunter wurde zur Finanzierung auf noch vorhandene Rücklagen zurückgegriffen oder die Ausgaben über den Verkauf vorhandener Aktien oder von Grundvermögen durch die jeweiligen Ortschaften gedeckt. Nicht selten kamen die benötigten Eigenmittel auch aus der Gemeinschaftskasse.

Die unterschiedlichen Gesamtbeträge – immerhin von null bis knapp 1,4 Millionen Euro – resultieren vielmehr aus dem Bedarf heraus und vor allem aus dem Abwiegen zwischen Können und Wollen, die selten zusammenpassen, wie es Dittmann ausdrückt. Zumal in dem Moment, in dem man sich für ein Förderprojekt entscheide, dieses Vorrang vor Maßnahmen habe, die zu 100 Prozent aus Eigenmitteln finanziert werden, so der Rathauschef.

Genau das ist jedes Mal der Spagat bei der Aufstellung eines Haushaltsplanes. Für einen solchen gibt es im Regelfall zwei Vorrunden am Tisch des Bürgermeisters, „wo wir zunächst verwaltungsintern versuchen, die Prioritäten sehr genau zu überprüfen“, erläutert Dittmann. Eine Arbeitsberatung mit dem Stadtrat, zu dem stets auch alle Ortbürgermeister eingeladen sind, folgt. „Da haben auch alle Rederecht“, ergänzt er.

Dass die Vertreter des Umlandes nur ihre eigenen Dinge im Blick haben, verneint Dittmann und spricht stattdessen von „gegenseitiger Betrachtung“. So habe ihm der Lindauer Ortsbürgermeister Helmut Seidler erst kürzlich im Schlossausschuss „gleich weitere Wunschobjekte zur Sanierung im Schlossgarten auf den Tisch gelegt“. Oder wie es sein Gesprächspartner Helmut Seidler (FFZ) ausdrückt: „Wir denken für Zerbst mit.“

Bei aller Betrachtung der Investitionen der letzten zehn Jahre möchte er allerdings nicht unerwähnt lassen, dass die 2010 eingemeindeten Ortschaften in der Zeit ihrer Selbständigkeit zahlreiche Projekte und Maßnahmen realisiert haben. „Bei uns in Lindau ist nur eine Straße nicht saniert und das ist die Kreisstraße“, gibt Seidler zu bedenken.