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Kloster Zerbst Ein Projekt mit ausufernden Kosten?

Das einstige Zerbster Frauenkloster soll als Archivstandort und weiteres genutzt werden. Das Projekt ist nicht unumstritten.

Von Daniela Apel 22.02.2017, 04:40

Zerbst l Die Weichen sind gestellt. Bereits im vergangenen August stimmte der Stadtrat mehrheitlich für die Sanierung und Umnutzung des früheren Zerbster Frauenklosters. Konkret ging es darum, ob die in Aussicht stehenden Fördermittel aus dem Programm „Stark V“ für dieses Vorhaben eingesetzt werden sollen. Es handelt sich um eine Summe von 2 Millionen Euro, die in das historische Objekt fließen sollen, das seit vielen Jahren größtenteils leer steht und dessen Bausubstanz zunehmend verfällt.

Genau davon konnten sich die sechs FFZ-Mitglieder am Montagnachmittag persönlich überzeugen, als sie ihre Fraktionssitzung in das denkmalgeschützte Gebäude auf der Breite verlegten. „Wir möchten uns selbst ein Bild vor Ort machen“, begründete Fraktionsvorsitzender Mario Rudolf. Denn das Projekt sei bei ihnen nicht unumstritten. „Wir hätten uns gewünscht, dass die Mittel woanders eingesetzt werden. Es gibt viele Baustellen“, erklärte er.

So hätten die Stark-V-Mittel für die energetische Sanierung von Kitas verwendet werden können, nannte Helmut Seidler ein Beispiel. Ihn stört an der Investition am meisten, dass „wir ehrlicherweise jetzt schon wissen, dass die Gelder nicht ausreichen“. Deshalb forderte er eine Hinterfragung der Zahlen und vor allem der noch nicht absehbaren Folgekosten, um die Pläne in Gänze zu realisieren. „Wir möchten mal eine Gesamtrechnung für alles“, bat Mario Rudolf.

So stößt das Projekt innerhalb der Freien Fraktion Zerbst (FFZ) nicht generell auf Widerspruch. Der Grundgedanke sei gut, aber nicht zu Ende gedacht, kann man die Kritik zusammenfassen. Oder wie es Helmut Seidler gern formuliert: „Die Hausaufgaben wurden nicht gemacht.“ Er erinnerte daran, dass die Entwicklung des Klosterhofkomplexes bereits Anfang der neunziger Jahre Thema gewesen sei.

Dass nun zumindest das einstige Kloster der Zisterzienserinnen in den Fokus gerät, hängt mit dem Programm „Stark V“ zusammen. Insgesamt knapp 2,5 Millionen Euro kann die Stadt aus diesem Fördertopf erhalten. Rund 500 000 Euro sollen dem Brandschutz zugute kommen und in die Errichtung von Löschwasserteichen in einzelnen Ortschaften der Einheitsgemeinde Zerbst gesteckt werden.

Die übrigen 2 Millionen Euro sind für die Sanierung des Frauenklosters vorgesehen – allerdings nicht für den gesamten Komplex, sondern allein für den Klausurflügel, in dem zukünftig das historische Stadtarchiv und das Museumsmagazin untergebracht werden sollen. Darüber hinaus soll jener Gebäudeteil als zweiter Verwaltungssitz dienen. Angedacht ist, dass dort die Mitarbeiter des Bau- und Liegenschaftsamtes Räume beziehen. Im Gegenzug soll das Verwaltungsgebäude in der Puschkinpromenade verkauft werden.

Damit wurde das „Urkonzept“ von 2014 mit Blick auf eine nachhaltige Nutzung erweitert, wie Nico Ruhmer darlegte. Der Amtsleiter „Zentrale Dienste“ führte die Mitglieder der FFZ-Fraktion durch das Kloster, erläuterte die geplanten Maßnahmen und stellte sich den kritischen Nachfragen.

So bezog er sich eben auch auf das 2014 erarbeitete Konzept, innerhalb des Gebäudes zusätzliche Archivflächen zu schaffen und entsprechende Räumlichkeiten herzurichten. Dies beinhaltete keine Sanierung, sondern nur Reparaturmaßnahmen, erläuterte er die dafür errechnete Summe von 564 000 Euro, die über das Programm „Stadtumbau Ost“ finanziert werden sollte.

Der Betrag steht nun für die durch eine Zwischendecke geteilte Klosterkirche zur Verfügung – für deren Fenster und Dach sowie den Abbruch der abgehängten Decke in dem später als Aula umfunktionierten Raum, der perspektivisch als Multifunktionsraum genutzt werden soll. „Eine Rundumsanierung ist nicht drin. Das ist nicht schlüssig“, fand Helmut Seidler.

Zugleich störte ihn, dass die Rekonstruktion des Zwiebelturmes dieses stadtbildprägenden Objektes kein Bestandteil des jetzigen Projektes ist. Eine solche wäre sicher schön, entgegnete Nico Ruhmer. Wichtiger sei, die Gebäudehülle zu sanieren. „Wir haben jetzt die einmalige Chance, das Kloster instandzusetzen“, gab der Amtsleiter zu bedenken. Eine Chance, die auch die Mehrheit des Stadtrates ergreifen möchte und das trotz aller – vor allem finanziellen – Unwägbarkeiten.

Die FFZ-Mitglieder bezweifelten, dass die zwei Millionen Euro für die Sanierung des Klausurflügels ausreichen. So stießen sie bei ihrer Besichtigungstour nicht nur auf zugige Fenster, durch die bereits das Efeu rankt, sondern ebenfalls auf durchnässte Decken und kaputte Fußböden.

Hinzu kommt, dass für die künftigen Besucher von Verwaltung und Archiv Parkplätze angelegt werden müssen, was weitere Kosten verursacht. „Unser Budget passt vorne und hinten nicht“, meinte Helmut Seidler. Zumal die Stadt bereits in Vorleistung gehen muss. Rund 97 000 Euro sind notwendig, um die erhofften Stark-V-Gelder überhaupt abzurufen und den Förderantrag mit Planungen zu konkretisieren. Die Vorabkosten für die Entwurfsplanung durch einen Architekten sowie die Erstellung eines Brandschutzkonzeptes und die historische Bauforschung hatte der Haupt- und Finanzausschuss im November bewilligt.

Fakt ist zudem, dass der an der Breite liegende Gebäudeteil nicht Inhalt des aktuellen städtischen Projektes ist. Dort nutzt die Ganztagsschule Ciervisti momentan in der ersten Etage schon einige Räume für den Unterricht, weitere im zweiten Obergeschoss sollen hinzukommen und die Schule dafür aus dem Klausurflügel, in der sie auch Räume nutzt, ausziehen. Um dies umzusetzen, ist ein zweiter Rettungsweg zu schaffen. Der Landkreis als Schulträger hat sich bereit erklärt, dies zu übernehmen und auch die Räume der obersten Etage herzurichten. Inwiefern dies geschehen soll, sprich, wie umfassend das Ganze wird, ist Bestandteil noch laufender Verhandlungen zwischen Stadt und Kreis. Auch an den Voruntersuchungen soll jener beteiligt werden. „Am besten man verkauft den Gebäudeteil an den Kreis, dann muss er sich damit befassen“, bemerkte Helmut Seidler.

„Wir wollen das historische Gebäude aufwerten und dann machen wir bloß die Hälfte“, konstatierte Mario Rudolf. „Es wäre sinnvoll, alles zu sanieren, es ist aber nicht leistbar“, meinte Thomas Wenzel. „Wir fangen etwas an, das wir mit Stark-V-Mitteln nicht fertigstellen können“, gab Rudolf zu bedenken. „Gelder, die nicht reichen, müssen woanders weggenommen werden und für den Rest bleibt nichts“, bemerkte Mario Buge. „Das kostet künftige Stadtumbau-Mittel, die an anderer Stelle nicht verwendet werden können“, prophezeite Helmut Seidler. Die Mitglieder der FFZ-Fraktion – allesamt Ortsbürgermeister im Zerbster Umland – waren sich einig, dass das Klosterprojekt genauso kritisch beleuchtet werden müsste wie die Vorhaben in den Ortschaften, die nicht selten aufgrund von Folgekosten nicht realisiert werden können.