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Kräuterküche Von der Wiese in den Kochtopf

Kräuter gibt es in der Natur in Hülle und Fülle. Beim Rundgang um die Lindauer Burg zeigt dies Heike Brack.

Von Thomas Höfs 01.04.2019, 07:00

Lindau l Ein Dutzend Frauen und ein Mann folgen Heike Brack. Die Fachfrau für Wildkräuter gab ein Seminar in Lindau. Ziel war es, einige Kräuter zu bestimmen, zu sammeln und damit später ein Brot zu backen. Nach einer halben Stunde ist die Gruppe noch nicht weit gekommen. Noch immer stehen alle an der Mauer und schauen auf den Boden. Zahlreiche Wildkräuter hat Heike Brack auf den wenigen Quadratmetern identifiziert.

Gern teilt sie ihr Wissen um die Pflanzen, den Geschmack oder die Inhaltsstoffe. „Das hilft bei Bienenstichen“, zeigt sie auf ein unscheinbares Kraut am Boden. Dann entdeckt sie einen Löwenzahn. Die kleine Pflanze ist noch im Winterschlaf. Löwenzahn, das wissen alle, ist essbar und gut verträglich. Auch die Blüten sind später essbar. Doch es gibt eine ganze Reihe von Pflanzen, die der Hobbygärtner eher als Unkraut betrachtet, die in der Küche verwendet werden können.

Nur wenige Schritte kommt die Gruppe beim Rundgang um die Burg jeweils weit, bis Heike Brack eine weitere Pflanze entdeckt hat, die zum Essen genutzt werden kann.

Viele der Frauen, die an der Veranstaltung des Heimat- und Verkehrsvereins teilnehmen, kennen Heike Brack bereits aus den Vorjahren. Da wurde schon mal eine Kräutersuppe gekocht, die sei richtig lecker gewesen, erinnert sich eine Teilnehmerin.

Recht hatte sie auch mit dem Hinweis, dass es bei einigen Teilnehmern am Nachmittag leichte Bauchschmerzen von dem Kräutergenuss geben könne, weiß eine Lindauerin noch. Trotzdem sei das eine tolle Erfahrung gewesen. Langsam füllen sich auf dem Rundgang die Körbe, die die Teilnehmer der Runde mitgebracht haben. Nur bei einer Pflanze gibt es eine eindringliche Warnung an die Gruppe. Davon, rät Heike Brack, sollten alle lieber die Finger lassen.

Nach knapp zwei Stunden ist sie mit den Teilnehmern wieder an der Burg angekommen. In der Küche werden die Kräuter anschließend verarbeitet. Hier wartet bereits ein Hefeteig auf den Einsatz. Die Hefe hat den Teig schon prächtig quellen lassen, freut sich Jana Eisfeld. Sie hat die Wanderung organisiert.

Vor Jahren hat sie die Kräuterveranstaltung in den Plan des Vereins eingeführt. Das Interesse an der Kräutertour ist immer gut, freut sie sich. Denn das Wissen um den Geschmack und die Wirkung der Pflanzen gehe verloren. Heike Brack hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Wissen um den Nutzen der oftmals ungeliebten Pflanzen zu erhalten und wieder zu verbreiten. Die heimischen Kräuter können in der Küche ebenso eingesetzt werden, wie andere bekannte Kräuter, ist sie sicher. Nur müssten sich die Menschen bei der Bestimmung auskennen. Dann würden die heimischen Pflanzen auch wieder mehr Beachtung finden.

Dabei ist das Wissen um den Geschmack und die Wirkung der heimischen Pflanzenwelt sehr alt. Bereits im frühen Mittelalter fingen die Mönche und Nonnen in den Klöstern an, das Wissen um die Pflanzen zu sammeln und gezielt einzusetzen, weiß auch Jana Eisfeld. Eine der heute noch bekannteste Vertreterin ist Hildegard von Bingen. Doch nicht nur sie, sondern viele andere Menschen beschäftigten sich über einen langen Zeitraum mit den Pflanzen.

Vielleicht betrachten dann einige Menschen den Rasen vor der Tür mit anderen Augen, meint sie. Dort sind Unkräuter bei vielen verpönt. Dennoch sind sie nicht nur für den Menschen interessant, sondern ebenso für die heimischen Insekten. Das wird beim Rundgang klar. Die Taubnesseln haben bereits ihre kleinen Blüten entwickelt.

Die Insekten sind in den ersten warmen Tagen auf das Nahrungsangebot angewiesen. Einen großen Käfer entdeckt Heike Brack auf der Wiese. Schnell nimmt die das Tier auf die Hand und zeigt es allen. Furcht oder Angst müsse niemand vor dem größeren Insekt haben, sagt sie. Doch immer Mittelpunkt sollen die Kräuter stehen, setzt sie den Käfer auf die Pflanzen zurück.