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Misshandlung Vorwürfe gegen Sozialprojekt in Rumänien

Mitarbeitern des Projektes „Maramures“ werden Misshandlungen vorgeworfen. Auch Jugendliche aus Anhalt-Bitterfeld besuchten das Projekt.

Von Paul Schulz 11.09.2019, 01:01

Zerbst/Bitterfeld-Wolfen. Schwer erziehbare Jugendliche aus Deutschland sollen in dem Sozialprojekt „Maramures“ in Rumänien misshandelt worden sein. Der Projektbegründer Bert S. aus Dessau, sowie drei weitere Mitarbeiter sitzen seit rund zwei Wochen im rumänischen Baia Mare in Untersuchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen die Kinder „sklavenartig“ behandelt zu haben. Die Rede ist von „barbarischen Methoden bis hin zu Folter“.

Laut Udo Pawelczyk, Pressesprecher des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, haben in der Vergangenheit auch Jugendliche aus dem hiesigen Kreis an dem Projekt teilgenommen. „Insgesamt haben 16 Jugendliche im Zeitraum von 2010 bis 2018 im Projekt gelebt. Die letzte Einweisung erfolgte durch uns im Jahr 2016“, teilt Pawelczyk mit.

Mit der Projektarbeit sei man immer sehr zufrieden gewesen und von Übergriffen auf die Jugendlichen habe man keinerlei Kenntnis, so der Kreissprecher. Jedoch habe man ab 2016 das Projekt nicht mehr belegt, was aber mit einer „drastischen Kostenerhöhung“ begründet wird.

Die „Kinder- und Jugendhilfe Wildfang GmbH“, Träger des Projektes in Rumänien, schätzt die Vorwürfe als „haltlos“ ein. Das Projekt sei mehrfach durch die rumänischen Kinderschutz-Behörden – ohne negative Ergebnisse – überprüft worden. In einer Pressemitteilung heißt es: „Die Jugendlichen werden ordnungsgemäß bei allen relevanten Behörden in Rumänien angemeldet: deutsches Konsulat, rumänische Kinderschutzbehörde, Ausländerbehörden. Das Projekt selbst wird durch kontinuierliche Besuche und Beratungen aus Deutschland begleitet.“ Offizielle Hinweise in Hinblick auf vermeintliche „Sklavenarbeit“, „Nahrungsentzug“ und „Isolation“ habe der Träger ebenfalls nicht erhalten. Dennoch nehme man diese Anschuldigungen ernst und gehe ihnen weiter nach.

Zwei Jugendliche aus dem Saalekreis, die ebenfalls in dem Projekt untergebracht waren, können die Misshandlungsvorwürfe, die nach Angaben rumänischer Ermittler öffentlich wurden, nicht bestätigen.

Projekte wie „Maramures“ richten sich generell an Jugendliche, die sich auf Grund ihrer besonderen Problemlagen nicht in die hiesigen Heimstrukturen einleben können oder wollen, erläutert Udo Pawelczyk. Besonders wichtig sei es dabei, negative Reize und Einflüsse von den Jugendlichen fern zu halten und gegen positive Erlebnisse zu tauschen, so der Kreissprecher weiter.

Man sei „spezialisiert auf Hilfen zur Erziehung für junge Menschen mit wesentlichen sozialen und emotionalen Entwicklungsdefiziten“, heißt es auf der Website des Rumänien-Projekt „Maramures“. Mittlerweile ist der Internetauftritt jedoch nicht mehr abrufbar.

Die stationäre Unterbringung in einem Auslandsprojekt unterscheide sich übrigens nicht von der Gewährung anderer Hilfen zur Erziehung. „Nach Feststellung des bestehenden Bedarfes beim Kind werden geeignete Angebote eingeholt und verglichen. Wenn eines dieser Angebote den Bedarf des Kindes decken kann und die Kosten in einem angemessenen Rahmen liegen, muss die Hilfe gewährt werden“, erklärt Pawelczyk.

Ob bei einem Jugendlichen Bedarf an einem Auslandsprojekt besteht, um Hilfen zur Erziehung zu gewährleisten, wird in jedem Fall vom zuständigen Sozialarbeiter im Allgemeinen Sozialen Dienst festgestellt. „Nach durchzuführenden Fallbesprechungen mit anderen Sozialarbeitern des Jugendamtes wird der Fall einem Team zur Entscheidung vorgelegt“, so Kreissprecher Udo Pawelczyk.

Zu diesem Team gehören der zuständige Sozialarbeiter, die Sachgebietsleiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes und die Sachgebietsleiter der Wirtschaftlichen Jugendhilfe, sowie bei Bedarf auch andere Personen wie Psychologen, Ärzte oder Lehrer. Darüber hinaus ist der Amtsleiter davon in Kenntnis zu setzen, wenn Kinder oder Jugendliche im Ausland untergebracht werden.

Aktuell befinden sich übrigens keine Jugendlichen aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld in einem Auslandsprojekt, teilt Udo Pawelczyk mit.