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Erklärung Mythos Kaufhausbrand wird gelüftet

Bis heute ranken sich einige Mythen um den Kaufhausbrand von 1980. Was ist Wahrheit und was Legende?

Von Thomas Kirchner 23.08.2018, 07:00

Zerbst l In unserem Heimatfotorätsel der vergangenen Woche ging es um den Brand des Konsum-Kaufhauses am 23. März 1980 auf dem Markt. Nun meldete sich Klaus-Jürgen Bockemüller, der etwas Licht ins Dunkel der Geschehnisse bringen möchte. Bockemüller war Kriminalpolizist und damals den ganzen Tag am Ort des Geschehens.

„Es war ein Sonntag und ich hatte Kriminaldienst, als ich über Funk hörte, dass ein Streifenwagen wegen einer Rauchentwicklung zum Konsum-Kaufhaus auf den Markt geschickt wurde“, schildert der ehemalige Polizist den Beginn der Geschehnisse. Er habe sich sofort auf sein Moped gesetzt, um zu sehen, was da los ist.

„Als ich an der Sparkasse auf der Alten Brücke war, habe ich schon die riesige Rauchwolke gesehen“, erzählt Bockemüller. Die Zerbster Feuerwehr hatte aber keine Leiter. So habe man ein zufällig vorbeifahrendes Fahrzeug der Stadtwirtschaft mit einer Leiter angehalten.

„Polizisten und Mitarbeiter des Konsums, die inzwischen zum Brandort geeilt waren, sicherten das brennende Gebäude vor Plünderungen“, schildert Bockemüller. In dem Haus hätten noch zwei Familien gewohnt, ein älteres Ehepaar, das im Altenheim Am Plan untergebracht wurde, und der Juwelier Schmidt mit seiner Frau.

„Wir waren mit dem Juwelier in der Wohnung, um die Wertsachen wie Schmuck und Gold in Sicherheit zu bringen, was auch gelang“, sagt der Kriminalpolizist. Die Gegenstände seien protokolliert und dem Juwelier später laut diesem Protokoll übergeben worden.

Gerüchte, die nach dem Brand in der Stadt die Runde machten, wonach der Juwelier während des Brandes und der Löscharbeiten bestohlen wurde, kann der Polizist nicht bestätigen. „Einen Diebstahl kann ich ausschließen. Die gesicherten Wertsachen wurden alle mit Protokoll übergeben.“

Inzwischen hatten sich auch hunderte Schaulustige am Markt eingefunden. Auch die Flugplatzfeuerwehr der sowjetischen Garnison war gekommen, um zu helfen. „Die waren allerdings mit einer Löschkanone angerückt, die wir am Konsum nicht einsetzen konnten“, erinnert sich Klaus-Jürgen Bockemüller. Gegen Mittag sei auch die Berufsfeuerwehr aus Magdeburg eingetroffen.

Zur Brandursache sagt der ehemalige Polizist: „Ich hatte schnell einen 14-jährigen Jugendlichen, der sich auch am Brandort aufhielt, in Verdacht.“ Er habe noch am selben Tag gestanden, das Feuer verursacht zu haben.

Zwischen Kaufhaus und Spielzeugladen Schwedt habe sich ein Anbau aus Holz befunden. „Dort ist unter anderem auch Pappe gelagert worden. Der Junge gab zu, eine brennende Zigarette auf die Pappe gelegt zu haben, um zu sehen, was da passiert“, schildert Bockemüller die Aussagen des Jungen. Innerhalb kürzester Zeit brannte der Holzanbau und das Feuer habe schnell auf das Gebäude selbst übergegriffen.

Am Ende habe nur noch der Frontgiebel gestanden. Die Kreiskatastrophenkommission habe lange beraten, was damit passieren soll. „Doch die Spitze war so weit nach vorne geneigt, dass man sich entschlossen hat, den Giebel abzureißen“, weiß Bockemüller.

Das habe ein Bergepanzer der sowjetischen Streitkräfte erledigt. „Der Giebel war so stabil, dass er mit Hilfe von zwei russischen Panzern abgerissen werden musste. Er könnte übrigens heute noch stehen“, schreibt Rainer Frankowski in einer E-Mail.

Ob es nun ein oder zwei Panzer waren, daran könne sich der Polizist nicht mehr erinnern. Woran er ich aber erinnert: „Es war keine Staatssicherheit unterwegs, die irgendwelche Filme aus Kameras gezogen hat“, ist sich Bockemüller sicher. Er habe sogar mit ehemaligen Kollegen telefoniert und alle waren sich in diesem Punkt einig. „Dazu bestand kein Grund. Die Ursache des Feuers war schnell geklärt“, so Bockemüller.