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Pilzsammeln Zwischen Genuss und Gefahr

Der Zerbster Fritz Krüger berät seit 47 Jahren Pilzsammler, worauf es bei der Suche ankommt. Jetzt sucht er dringend nach einem Nachfolger.

Von Daniela Apel 16.09.2020, 06:00

Zerbst l Leuchtend weiß setzt er sich kontrastreich von der dunklen Borke ab. Der riesige Baumpilz in der Friedrich-Naumann-Straße fällt auf. Direkt vorm Krankenhaus wächst er am Stamm einer der Linden. „Das ist ein echter Zunderschwamm“, weiß Fritz Krüger. Essbar sei jener nicht, dafür nutzte man seine Fruchtschicht früher als Lunte zum Feuermachen, kennt sich der Zerbster aus.

Pilze sind die Leidenschaft des 83-Jährigen und das schon von Kindesbeinen an. Nach und nach tauchte er immer tiefer in die vielfältige Welt dieser faszinierenden Organismen ein, die größtenteils im Boden leben und von deren weit verzweigten Geflechtnetz, dem Myzel, nur die Fruchtkörper zeugen. Und genau jene lassen das Herz von Pilzsammlern höher schlagen.

Das Tückische ist allerdings, dass so manch leckeres Exemplar einen giftigen Doppelgänger besitzt wie beispielsweise der Champignon, der sich derzeit vielerorts finden lässt. Fritz Krüger hat sofort einen Tipp parat, um die genießbare Variante zu erkennen. „Man kratzt den Pilz möglichst an der Stielknolle an, wenn es chromgelb wird, handelt es sich um den Giftchampignon, der Verdauungsstörungen verursacht“, sagt er. Ist das Innere des Stiels hingegen rosa, kann man zugreifen, wie er anhand der kleinen Pilzauswahl demonstriert.

Auch Maronen und Rotfußröhrlinge liegen auf dem Tisch und zeugen von den essbaren Wildpilzen, die momentan in Wald und Flur sprießen. „Boviste wachsen ebenfalls“, erzählt Fritz Krüger. Ihr festes Fruchtfleisch könne man paniert in der Pfanne gebraten genießen, wie er sagt. Wie sich das Pilzjahr entwickelt, kann der Zerbster nicht vorhersagen. „Aber ich bin sicher, es gibt noch Pilze“, bemerkt er schmunzelnd und rät: „Man muss immer mal wieder gucken.“ Genau das mache neben dem Naturgenuss den Reiz aus.

Die oberste Regel, die Fritz Krüger jedem mit auf den Weg gibt, lautet: „Sammel nur die Pilze, die du kennst, bei allen anderen lasse dich beraten.“ Denn schnell ist eine Verwechslung möglich und diese kann im Fall des Grünen Knollenblätterpilzes tödlich sein. Das Gefährliche hier ist, dass sein Gift erst nach ein, zwei Tagen seine Wirkung entfaltet „und dann ist es zu spät“, sagt der 83-Jährige. Auch Fliegenpilz und Satanspilz sollte man stehen lassen. „Bei Röhrlingen hingegen macht man kaum etwas verkehrt“, sagt Fritz Krüger.

Seit 1973 ist er inzwischen als Pilzsachverständiger im Auftrag der Kreisverwaltung in der Stadt Zerbst aktiv und betreibt bei sich daheim eine Beratungsstelle. Seinen ersten Vertrag hat er genauso abgeheftet wie seine Dienstausweise – der aktuelle ist unbefristet gültig.

Dennoch sucht Fritz Krüger nicht zuletzt aus gesundheitlichen Gründen einen Nachfolger für seine ehrenamtliche Tätigkeit. Zu dieser gehört neben der Bestimmung von Wildpilzen die Unterstützung des Lebensmittelüberwachungsamtes bei der Kontrolle der Speisepilze, die in Einkaufsmärkten und auf dem Wochenmarkt angeboten werden. Auch bei möglichen Pilzvergiftungen wird der 83-Jährige als Sachverständiger hinzugerufen. Dann ist sein Wissen um Inhaltsstoffe und deren Wirkung gefragt.

„Es wäre schön, wenn sich jemand melden würde“, sagt Fritz Krüger. Er hofft, dass die Beratungsstelle in Zerbst erhalten bleibt, ist diese doch die einzige im Umkreis. „Es macht Spaß, jemandem zu helfen“, sagt er. „Man muss auch nicht Biologie studiert haben“, bemerkt der gelernte Maschinenbauingenieur.

Die Pilzberatungsstellen von Fritz Krüger befindet sich in der Pulspfordaer Straße 2 in Zerbst. Telefonisch ist diese unter 03923/33 31 zu erreichen.