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Schulunterricht Mehr Spielraum bei Stunden?

Das Bildungsministerium in Sachsen-Anhalt will Unterrichtsstunden an Sekundarschulen streichen. Zerbst schlägt daher Alarm.

Von Julia Puder 02.07.2020, 01:01

Zerbst l „Obwohl wir zurzeit gut aufgestellt sind, kann ich darauf nur mit Bestürzung reagieren“, sagt Kirsten von Mandel, Schulleiterin der Sekundarschule Ciervisti in Zerbst. Sie kommentiert den neuen Erlass von Bildungsminister Marco Tullner (CDU). Tullner will ab der 5. bis zur 10. Klasse die Stundenpläne in den Fächern Deutsch und Mathe reduzieren. Zudem soll es weniger Pflichtstunden in den Naturwissenschaften Biologie, Physik und Chemie geben.

Als Ausgleich sollen den Schulen pauschal 1000 Stunden aus einem Pool des Schulamts zur Verfügung stehen. „Klar erhöht das die Flexibilität, stellt aber keine langfristige Lösung dar“, sagt Kirsten von Mandel. Denn die Lehrer für die möglichen Ausgleichstunden hätte sie auch nicht. Sie weiß, dass viele Schulen mit dem gleichen Problem zu kämpfen haben. Ihrer Meinung nach soll der neue Erlass das Thema Lehrermangel einfach nur überdecken.

Beim Land erhofft man sich, durch den neuen Erlass die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Diese liegt bei Sekundar- und Gemeinschaftsschulen bei nur 92,3 Prozent und so niedrig wie bei keiner anderen Schulform.

Auch in Zerbst werden vergeblich neue Lehrer gesucht. Zum neuen Schuljahr werden fünf Stellen ausgeschrieben. Bei der Auswahl der Fächer ist man dabei nicht wählerisch. „Wir können alles gebrauchen. Und freuen uns auch über Seiteneinsteiger“, erzählt Kirsten von Mandel. Im vergangenen Schuljahr wurden letztere bereits in den Fächern Technik und Wirtschaft eingesetzt.

Diese gehören zu den Problemfächern an der Sekundarschule Ciervisti. Ab kommenden Schuljahr ist für das Fach Technik nur eine halbe Stunde pro Woche angedacht, wie die Schulleiterin sagt. Digitales Lernen würde dadurch wieder zu kurz kommen, so Kirsten von Mandel.

„Unsere Unterrichtsversorgung liegt bei knapp unter 90 Prozent, Tendenz sinkend“, muss Kirsten von Mandel feststellen. Momentan gibt es bei der Unterrichtsversorgung ein Minus von 100,5 Stunden – und das trotz Kürzung durch den neuen Erlass. Hinzu komme, dass die Schülerzahl von Jahr zu Jahr steigt. Für das nächste Schuljahr haben sich bereits 86 Fünftklässler angemeldet. Insgesamt erwartet die Schulleiterin ab August zirka 520 Schüler an ihrer Sekundarschule.

An der Sekundarschule „Fritz Heicke“ in Gommern blickt man dem Erlass eher positiv entgegen. „Der Erlass erlaubt es uns, die Stundenpläne individuell zu gestalten und so auszurichten, wie es für uns gerade am besten passt“, erzählt Schulleiterin Bärbel Kaiser. Dadurch könne sie das Maximum aus den vorhandenen Stunden herausholen.

Durch den Stundenpool könne sie dann die fehlenden Stunden wieder auffüllen. „Außerdem sind wir in der guten Position, dass wir genügend Lehrer haben und die Kern- fächer voll unterrichten können“, sagt Annett Koczak, stellvertretende Schulleiterin in Gommern. Mit dem Erlass hätten sie also keine großen Probleme.