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Toleranz Lauf von Zerbst nach St. Petersburg

Bitterfelder Sportler möchten ein Zeichen setzen. Sie organisieren für 2020 einen Friedenslauf. Doch nicht ein Rekord ist das Ziel, sondern Begegnungen.

Von Thomas Kirchner 17.11.2019, 00:01

Zerbst/Bitterfeld l Schneller, länger, weiter ist nicht das, was Peter Junge antreibt. Es geht um mehr, um viel, viel mehr „und es geht uns alle an“, sagt Junge, „Frieden, Demokratie, Toleranz, Völkerverständigung. Wir als Sportler haben eine Verantwortung, auch und gerade für die kommende Generation.“

Junge, der in Bitterfeld lebt, ist rastlos, hat immer neue Ideen, ist immer in Bewegung. Meckern vor dem Fernseher ist nicht sein Ding. Er und seine Mitstreiter wollen wachrütteln, als Sportler ein Zeichen für ein friedliches Miteinander in Europa und der Welt setzen.

„Vor wenigen Wochen bin ich 75 Jahre alt geworden und dennoch habe ich mir vorgenommen, mich wieder an einem Friedenslauf zu beteiligen, ihn mitzugestalten und mich wieder mit ganzer Kraft einzubringen“, sagt Peter Junge.

„Bewusst habe ich mich entschieden und meine Mitstreiter davon überzeugt, nun von Zerbst über Halle, Magdeburg, Hannover, Hamburg und Rostock an der Küste entlang, über die Hansestädte in Polen, Lettland und Estland nach Sankt Petersburg in Russland (Grafik) zu laufen – auf den Spuren von Katharina der Großen“, präsentiert er seine neue Idee.

Peter Junge und seine Mitstreiter wollen deutlich machen, dass Frieden und Demokratie ihrer Meinung nach nicht mit wirtschaftlichen Zwängen und Embargopolitik erreicht werden können. Dies schade nicht den Machthabern, sondern dem einfachen Volk, auf beiden Seiten. „Auf den Spuren von Katharina der Großen wollen wir daran erinnern, dass die Geschichte stets gezeigt hat: Ohne Russland gibt es keinen Frieden in Europa, ja in der ganzen Welt“, sagt der Sportler.

Bereits 2017 schnürten sie ihre Laufschuhe, machten sich von Rom auf den Weg ins rund 2000 Kilometer entfernte Wittenberg. „Nicht zuletzt hat mich auch Papst Franziskus bestärkt, etwas für den Frieden zu tun, als er uns für unser Projekt 2017 auf dem Petersplatz seinen Segen gab. Es sollte mehr Menschen wie uns geben, die für den Frieden auf die Straße gehen“, hatte der Papst uns mit auf den Weg gegeben.

Handel und Wandel seien schon immer ein Mittel für ein friedliches Miteinander gewesen, das habe seit dem Mittelalter schon die Hanse bewiesen. „Aber auch wir hier in Mitteldeutschland wissen, wie vorteilhaft gute wirtschaftliche und menschliche Verbindungen zu Russland sind“, meint Junge. Und um zu zeigen, dass den Läufern auch der vernünftige Umgang mit der Natur am Herzen liegt, wollen sie an jedem Etappenort und in jeder größeren Stadt entlang der Strecke Bäume pflanzen.

Was ihn antreibt? Peter Junge ist seit fast 70 Jahren Sportler. Er hat geturnt und geboxt, war und ist kein schlechter Schwimmer und er ist viel gelaufen. „Mich hat der Sport geprägt, ich schätze die Leistung anderer und freue mich über meine“, so Junge. Das habe er seinen Kindern und Enkeln weitergegeben.

„Wir Athleten können unseren Sport nur im Frieden und in einer intakten Natur betreiben. Darum darf es uns nicht egal sein, was wir unseren Nachkommen hinterlassen. Wir haben eine Verantwortung, der wir auch nachkommen sollten“, sagt der 75-Jährige.

Für Mitstreiter Tobias Köppe gibt es mehrere Berührungspunkte mit Junge und diesem Projekt. „Als Aktiver in einer Städtepartnerschaft organisiere ich schon seit mehreren Jahren internationale Jugendcamps und begleite regelmäßig Jugendgruppen in die Partnerstädte von Bitterfeld-Wolfen.

„Der Gedanke des Friedens, des Respekts und der Toleranz bewegt auch mich. Ich erhoffe mir, dank eigener Kontakte in unseren Partnerstädten – unter anderem Dzershinsk in Russland – auf dieses Projekt aufmerksam zu machen und vielleicht sogar einige Sportler zu mobilisieren an unserem Lauf teilzunehmen“, so Köppe.

„Es geht uns in erster Linie darum, den Gedanken des Friedens in die Welt hinauszutragen. Sportler haben allgemein eine große Signal- und Vorbildwirkung. Sie können beispielgebend sein, in einer Zeit, die zunehmend von Hass und Missgunst geprägt ist“, sagt auch Tobias Köppe.

Peter Junge hat für seine Laufprojekte den Verein „Zukunft-Frieden“ gegründet. Die Mitglieder treffen sich am 23. November um 14 Uhr im Sozialgebäude des Sportparks Süd in Bitterfeld zu ihrer ersten Mitgliederversammlung. Dort werden die Ziele und Projekte der Friedensläufer vorgestellt. „Interessierte sind natürlich herzlich eingeladen. Auch wer an unserem Friedenslauf vom 5. bis 20. September 2020 von Zerbst nach St. Petersburg teilnehmen möchte – auch aus den Partnerstädten Zerbst und Puschkin – kann gerne Kontakt mit uns aufnehmen“, lädt Peter Junge zum Mitmachen ein.

Auch der Zerbster Bürgermeister ist beeindruckt von dem Projekt. Ist er doch selbst ein aktiver Läufer. „Als die Organisatoren mit der Idee zu mir kamen, habe ich mich zunächst gefragt, ob das ernst gemeint ist. Aber natürlich ist der Lauf von Rom nach Wittenberg im Jahr 2017 ein Beleg für Ernsthaftigkeit“, sagt Andreas Dittmann (SPD).

Man sei bei einem Gespräch dann sehr schnell in Detailfragen gegangen. Letztlich sei es auch um Erfahrungen bei deutsch-russischen Begegnungen gegangen.

„Neben der sportlichen Herausforderung ist das natürlich ein durch und durch politischer Lauf. Während wir das mit viel Sympathie betrachten und mit Sicherheit auch das Willkommen in Russland sehr herzlich ausfallen wird, kann ich mir vorstellen, dass diese Form der Völkerverständigung in Polen, das ja passiert werden muss, schon kritischer gesehen wird“, so der Rathauschef. Dittmann: „Aber gerade das macht aus meiner Sicht das besondere dieses Laufprojektes aus. Dieser Lauf wird verbinden und durch sehr unterschiedliche Begegnungen auf der Strecke hoffentlich viele positive Spuren bei allen Beteiligten hinterlassen.“

Wer Interesse an dem Verein „Zukunft-Frieden“ hat oder am Friedenslauf teilnehmen möchte, kann sich unter der E-Mail Adresse t.treizel@zukunft-frieden.com beim Verein melden.