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Beim traditionellen Abfischen am Deetzer Teich gibt\'s frische Fische Wo die Karpfen zappeln, Besucher staunen und Kinder matschen ...

Von Petra Wiese 01.11.2011, 05:28

Zum traditionellen Abfischen pilgerten am Sonnabend wieder zahlreiche Besucher an den Deetzer Teich.

Deetz l Den großen Armurkarpfen im Deetzer Teich geht es vergleichsweise gut. Sie haben nur etwas Stress, wenn das alljährliche Abfischen stattfindet. Aber sie landen nicht wie ihre kleineren Artgenossen in Topf oder Pfanne. Die großen Graskarpfen sind wichtig für das Gewässer, fungieren als biologische Wächter über die Pflanzenflora. Die Chefin der Deetzer Teichwirtschaft, Hannelore Sachse, wirft einen prüfenden Blick auf einige der Tiere, die gleich neben dem Fischverkauf im seichten Wasser schwimmen und von den Leuten bestaunt werden.

"182 Armurkarpfen sind im Teich", erklärt Hannelore Sachse. 25 bis 30 Jahre dürften einige sein. Wo die herkommen, verrät ihr Name. Das war vor der Wende, als sie eingesetzt wurden. "1,64 Meter ist der größte", kennt die Chefin ihre Pappenheimer. Nein, Namen tragen sie noch nicht. Die Frau mit den kurzen Haaren und den Gummistiefeln scheint recht entspannt und gut gelaunt trotz hektischer Betriebsamkeit ringsum und drängelnder Menschen. Oder gerade deshalb. Sie selbst ist überall dort, wo sie gerade gebraucht wird.

55 freiwillige Helfer - Freunde und Familie packen mit an

55 freiwillige Helfer sind beim Abfischen 2011 dabei. Stammbesatzung, sagt die Chefin. Hier kann sie auf ehemalige Sportkameradinnen, die mit Kindern und Schwiegerkindern anreisen, auf die eigene Familie und Freunde mit Anhang setzen. "Einer kommt sogar extra aus München", erzählt Hannelore Sachse und zeigt auf den Mann mit der roten Mütze, der bis zum Bauch im Wasser des Fangbeckens steht und gerade Schwerstarbeit am Netz leistet.

Die Männer im Fangbecken, in dem die Fische zusammengetrieben werden, haben den schwersten Job. Um 7 Uhr ging es los für die Jungs, die jedoch im Laufe des Tages immer noch zum Scherzen aufgelegt sind. Die Chefin selbst hat vor der Tag- schon eine Nachtschicht hinter sich. Zu dritt wurde vorgeräuchert.

Und nicht nur die Männer in den Wathosen geben alles. Auch der Einsatz beim Sortieren, Transport oder Verkauf der Fische sowie bei der Versorgung ist angesichts des Besucheransturms kräftezehrend. Aber alle sind offensichtlich mit Spaß bei der Sache, so wie zum Beispiel die Freundin aus Coswig. Seitdem Hannelore Sachse das Abfischen macht, solange ist auch Bärbel Jahn mit von der Partie. "Durch den Handball haben wir uns kennengelernt", erzählt sie. Wie sich herausstellt, sind weitere ehemalige Handballerinnen aus Dessau mit am Ball sowie einige der ehemaligen Mannschaftskameradinnen des Zerbster Teams, in dem Hannelore Sachse spielte.

"Als kleines Kind war ich schon beim Abfischen."

Uta Beuter, Deetz

"Alles läuft bestens", kann sich Hannelore Sachse freuen. Es ist ihr 19. Abfischen, seit sie die Teichwirtschaft führt, im nächsten Jahr steht damit ein Jubiläum an. Doch das Abfischen an sich gibt es, solange es den Teich gibt - und der ist bereits 428 Jahre alt. Hannelore Sachse erinnert sich, wie ihre Eltern früher den Fisch verkauften: "Zum Abfischen bekam ich schulfrei, denn ich hätte mich sowieso nicht konzentrieren können".

Frischer Fisch und alte Tradition locken Besucher an

Doch was lockt die vielen, vielen Besucher jedes Jahr wieder nach Deetz, um dem Spektakel um die Fische beizuwohnen? Die kommen, weil es Tradition ist, weil sie richtig frischen Fisch mitnehmen wollen, und weil auch der Bauernmarkt mit den vielen Angeboten der Direktvermarkter die Leute anspricht, vermutet Hannelore Sachse. Sie freut sich auf jeden Fall, dass die Leute in Scharen kommen. Und sie liegt mit ihrer Vermutung um die Beweggründe der Menschen richtig.

"Ganz Steutz ist wohl hier", begrüßen sich zwei Parteien inmitten der Allee aus Marktständen. "Weißt du noch, wie du letztes Jahr hier ausgerutscht bist", hält ein Vater seinen Sohn an der Hand. "Ach, hallo, auch wieder da", klingt es im Gedränge.

Als Deetzerin kann sich Uta Beuter zurückversetzen, wie sie schon als Kind das Abfischen miterlebt hat. Heute kommen die Enkel jedes Jahr, wenn der Termin ran ist. Den frischen Fisch holt sie sich allerdings erst später von der Teichwirtschaft, da muss sie nicht anstehen. Das leckere Fischbrötchen ist jedoch unumgänglich.

Die Neugier zog dagegen Hannelore Kirchner nach Deetz. Das erste Abfischen für die Frau aus Rodleben. Mit dem Fotoapparat bewaffnet, verfolgt sie gespannt, wie die Fische aus dem Wasser gezogen und sortiert werden. Sie wollte eben mal wissen, was in so einem Teich alles drin ist, erklärt sie. Im Deetzer Teich könne man sonst auch schwimmen, habe sie gehört. Sie selbst sei öfter im Sollnitzer See geschwommen und ab und zu habe sie da wohl ein Fisch berührt. Angesichts der Exem-plare im Deetzer Teich werde sie wohl nun nicht mehr im See baden gehen, meinte sie.

"Ich wollte mal sehen, was drin ist im Teich."

Hannelore Kirchner, Rodleben

Für viele Kinder ist es an dem Tag das Größte im Matsch herumzulaufen - egal ob mit oder ohne Gummistiefel - im Wasser nach den kleinen Fischen zu haschen oder einen dicken Karpfen zu streicheln. "Die Fische anfassen", ist auch für die neunjährige Eike Alarich das größte Vergnügen beim Abfischen. Die Drittklässlerin aus Deetz war recht eifrig am Verkaufsstand mit in Gange, um den Erwachsenen ein bisschen zu helfen. Ein Karpfen, zwei, vier fünf Kilo? Schleie?, Hecht? - ab in die Plastiktüte. Frischer geht\'s nicht.

"Gut Schleie, gut Hecht. Die Fische sind gut abgewachsen", zieht Hannelore Sachse eine erste Bilanz während des Abfischens. So wird die Ernte wohl so wie in den vergangenen Jahren ausfallen, zeigt sie sich zufrieden. Zufriedenstellend schien auch das Geschäft der Händler und Direktvermarkter zu laufen an dem sonnigwarmen Herbsttag am Deetzer Teich, wo auch Musik und Angebote für die Kinder zum Programm gehörten.