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Angespannter Start ins neue Schuljahr Zerbster Ganztagsschule Ciervisti ringt um vernünftige Unterrichtsversorgung

Unverändert ist die Situation an der Zerbster Ganztagsschule Ciervisti: Nach wie vor fehlt es an ausreichend Lehrern. Hinzu kommen die beengten Raumverhältnisse. Das führt zu Konflikten.

Von Daniela Apel 02.09.2022, 11:09
Über 540 Mädchen und Jungen lernen in diesem Schuljahr an der Zerbster Ganzstagsschule Ciervisti, so wie hier die 6b mit Lehrerin Bärbel Schubert. Mit weiteren Neuanmeldungen ist jederzeit zu rechnen.
Über 540 Mädchen und Jungen lernen in diesem Schuljahr an der Zerbster Ganzstagsschule Ciervisti, so wie hier die 6b mit Lehrerin Bärbel Schubert. Mit weiteren Neuanmeldungen ist jederzeit zu rechnen. Foto: Daniela Apel

Zerbst - Auch im neuen Schuljahr kämpft die Zerbster Ganztagsschule Ciervisti mit alten Problemen. Optimale Lernbedingen sehen anders aus. Die Leidtragenden sind die Jugendlichen.

Insgesamt 543 Schüler verteilt auf 23 Klassen werden aktuell unterrichtet. Und die Zahl kann täglich weiterklettern. „Heute hatten wir schon wieder eine Neuaufnahme“, erzählt Schulleiterin Kirsten von Mandel im Gespräch.

Leider konnten sie keinen neuen Kollegen begrüßen. Nur 35 Lehrkräfte gibt es momentan, darunter vier Seiteneinsteiger. „Acht Lehrer könnten wir noch gut gebrauchen, aber es kommt nichts“, sagt von Mandel. Über 200 Unterrichtsstunden fallen damit aus und das querbeet durch alle Fächer. Verschärft wird die Situation durch zwei Langzeiterkrankte. „Wir haben extrem gekürzt“, sagt der Schulleiterin. Bei unter 77 Prozent liege die Unterrichtsversorgung. „Das ist eine Katastrophe“, konstatiert sie.

Ein Lichtblick sind die zwei Referendare. Diese Lehrer im Vorbereitungsdienst, wie es offiziell heißt, legen im November ihre Prüfungen ab. Beide haben signalisiert, an der Ciervisti-Schule bleiben zu wollen. Kirsten von Mandel hofft zudem, das Fach Französisch wieder besetzen zu können. Das kann momentan genauso wenig erteilt werden wie Religion.

Digitalisierung hängt noch weit hinterher

Umso erfreulicher sind die neu gebildeten Kooperationen, um den Zehntklässlern, die kein Russisch gewählt haben, attraktive Alternativen anzubieten. Dabei handelt es sich um knapp über 50 Mädchen und Jungen, wie Kirsten von Mandel sagt. Fast die Hälfte wird nun jeden Dienstag in der 3. und 4. Stunde zum Awo-Seniorenzentrum „Haus am Frauentor“ gehen, um mit den auf den Rollstuhl angewiesenen Bewohnern Spaziergänge in der Stadt zu unternehmen. Um Handarbeiten sowie die Bearbeitung von Holz und Metall drehen sich derweil die Kurse im VHS Bildungszentrum. Einige Schüler entschieden sich indes für den Kurs rund um Berufsorientierung, Praktika und Bewerbung.

„Auch das Bundesprogramm ,Aufholen nach Corona' nutzen wir intensiv“, erzählt Kirsten von Mandel. Geplant sei darüber hinaus für die sechsten Klassen ein Projekt mit dem Titel „Vom Baum zum Brett“, das die Schüler in ein Sägewerk und eine Tischlerei führen soll, wie sie schildert. Andere Vorhaben und Wünsche lassen sich derweil nicht so leicht realisieren. Die Vermittlung und Förderung digitaler Kompetenzen gehört dazu, scheitert aber schlichtweg an den mangelnden Voraussetzungen.

„Der Digitalpakt ist bisher nicht umgesetzt“, bedauert von Mandel. Die Rechner der Schule sind völlig überaltert, die Internetverbindung viel zu langsam und instabil bei mehreren Nutzern. Dabei müssten die zentralen Klassenarbeiten längst online geschrieben werden – an der Ciervisti-Schule ist das bisher nicht möglich. So hofft die Leiterin, dass das dringend benötigte neue Technikkabinett tatsächlich in naher Zukunft eingerichtet wird, und das im Idealfall mit 30 Computer-Arbeitsplätzen.

30 Schüler in jeder achten Klasse

Denn das entspricht durchaus den Klassenstärken. „In den drei achten Klassen sitzen jeweils 30 Schüler“, erzählt Kirsten von Mandel. „Das ist eigentlich viel zu viel“, weiß sie. Neuaufnahmen seien auf alle Fälle in dieser Klassenstufe nicht mehr möglich. Froh ist die Schulleiterin, dass die 79 Fünftklässler hingegen auf vier Klassen verteilt werden durften.

Grundsätzlich jedoch lernen an Ciervisti momentan viel zu viele Schüler auf engem Raum. „Wir wissen nicht, wann die Breite fertig wird“, sagt von Mandel mit Blick auf die seit 2013 genutzte Außenstelle. Die neunten und zehnten Klassen werden dort normalerweise unterrichtet. Derzeit wird der Kasernenanbau am ehemaligen Frauenkloster jedoch umfassend saniert. Die Arbeiten sollten längst fertiggestellt sein. Die Schulleiterin berichtet von einem siebenmonatigen Bauverzug – so ihr letzter Stand.

Schulsozialarbeiter sind wichtige Ansprechpartner

Deshalb konzentriert sich alles auf den Hauptstandort, was durchaus zu Konflikten führt. Umso wichtiger sind die Schulsozialarbeiter, auch wenn es nur zwei Vollzeitstellen gibt. Sie arbeiten mit den Lehrern zusammen, beraten und unterstützen Eltern. Vor allem jedoch sind sie Ansprechpartner für die Jugendlichen und ihre Probleme. Von Mobbing über Körperverletzung bis zu Suizidgedanken reicht das Spektrum. „Oft sind wir nur Feuerlöscher“, bedauert Janet Gudella. Mit Angeboten wie der „Bewegten Pause“, in der sie zu sportlicher Betätigung in die Turnhalle einladen, versuchen sie einen Ausgleich im Schulalltag anzubieten. Auch vielfältige Projekte in den Ferien organisieren sie.