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Corona-Impfung Zerbster Hausärzte klagen über zu geringe Lieferungen von Corona Impfstoff

Der Impfstart in den Hausarztpraxen verlief positiv, aber verhalten. Die Haus- und Fachärzte könnten viel mehr Patienten immunisieren, wenn sie denn genügend Impfstoff zur Verfügung hätten.

Von Thomas Kirchner Aktualisiert: 12:25

Zerbst. Am Dienstag nach Ostern haben die Impfungen gegen Covid-19 bei den Hausärzten begonnen. „Allein an diesem Tag sind insgesamt fast 11.000 Patienten in Sachsen-Anhalts Praxen geimpft worden“, informiert Heike Liensdorf, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KV). Noch sei die Impfstoffmenge begrenzt. Bundesweit seien in der ersten Woche eine Million Impfdosen an die Praxen geliefert worden – 25.000 davon gingen nach Sachsen-Anhalt.

Impfungen außerhalb der Sprechzeiten

„Wir haben die erste Impfstofflieferung am Dienstag nach Ostern erhalten. Begonnen zu impfen, haben wir schon am Mittwoch in Form von Hausbesuchen,“ sagt Swetlana Kerbel, Haus- und Fachärztin für innere Medizin mit Praxis in der Friedrich-Naumann-Straße in Zerbst. Zwei extra Impf-Sprechstunden führe sie derzeit durch.

Man habe sich natürlich ein wenig umorganisieren müssen. „Während der regulären Sprechstunden können wir nicht impfen. Das Impfen braucht doch mehr Zeit, die Vorbereitung, Gespräche und die Aufklärung, dann die Spritze“, sagt Swetlana Kerbel. „Wir haben unsere Listen und je nach Priorisierung werden unsere Patienten angerufen und zum Impfen zur separaten Sprechstunde bestellt oder wir impfen unsere Patienten an einem weiteren Tag bei Hausbesuchen“, erläutert Kerbel. Direkt nach der ersten Impfung bekämen die Personen den zweiten Termin.

Die Patienten seien dankbar, dass sie sich nun endlich bei ihrem Hausarzt impfen lassen können. „Sie empfinden das als angenehm, denn hier sind die Patienten bekannt und natürlich auch ihre Erkrankungen. Einige wollten extra mit der Impfung warten, bis sie in ihre Hausarztpraxis kommen können“, so die Erfahrung der Medizinerin.

Zerbster Patienten froh über Impfangebot bei Hausärzten

Genauso haben es auch Annemarie Leps und ihr Mann Bernd gemacht. „Wir wollten uns unbedingt von unserer Hausärztin impfen lassen. Man kennt sich und was noch viel wichtiger ist, zum Hausarzt besteht ein ganz anderes Vertrauensverhältnis als gegenüber Fremden“, betont Annemarie Leps. Bedenken oder gar Angst hat das Senioren-Paar nicht. „Im Gegenteil, wir sind froh, dass wir endlich an der Reihe sind“, sagt Annemarie Leps erleichtert.

Beliefert werden Arztpraxen von den örtlichen Apotheken. „In der Woche nach Ostern haben wir Impfstoff für 30 Patienten bekommen. In dieser Woche reicht er nur für 18, warum auch immer“, sagt Kerbel. Bestellen könne sie derzeit Impfstoff für 18 bis 50 Patienten pro Woche. Sie bestelle immer die höchstmögliche Menge.

Wunsch nach Aufhebung der Priorisierung

„Wäre mehr Impfstoff verfügbar, könnten wir natürlich weit mehr Menschen impfen“, macht die Medizinerin deutlich. Momentan werde mit Biontech geimpft. „Wir haben die Information bekommen, dass ab nächster Woche noch AstraZeneca dazukommen soll“, erklärt die Hausärztin. Sobald mehr Impfstoff verfügbar sei, werde sie auch mehr Patienten bestellen, „möglicherweise dann täglich nach den regulären Sprechstunden“, sagt Swetlana Kerbel.

Das unterschreibt auch Dr. Beatrix Haake so. Sie geht sogar noch einen Schritt weiter: „Ich würde mir wünschen, dass die Priorisierung so schnell wie möglich aufgehoben wird. Dann könnte ich die Patienten so impfen, wie sie in die Sprechstunde kommen, vorausgesetzt natürlich, sie wollen auch immunisiert werden“, sagt die Hausärztin, die ihre Praxis im Zerbster Krankenhaus hat. So würden die Impfungen deutlich an Fahrt aufnehmen und die Jüngeren schützen so auch die Älteren.

Keine Probleme mit Impfstoff AstraZeneca

Die Allgemeinmedizinerin hat bereits am 29. März mit den Impfungen in ihrer Praxis begonnen. „Wie hatten vom Landkreis AstraZeneca für 100 Impfungen bekommen. Damit waren wir vergangenen Freitag durch“, sagt Haake. Es habe natürlich auch Patienten gegeben, die sich den viel diskutierten Impfstoff nicht verabreichen lassen wollten. „Das mussten wir natürlich akzeptieren. Aber die Mehrheit hatte kein Problem damit, sich mit AstraZeneca impfen zu lassen“, schildert die Hausärztin.

Am Ostersonnabend habe sie mit ihren Mitarbeiterinnen eine größere Aktion gestartet und 36 Patienten zur Impfung eingeladen, die auch alle gekommen seien. Sie habe nach den Impfungen mit AstraZeneca stichprobenartig Kontrollanrufe getätigt. „Bis auf einen Patienten, der über Fieber und Schüttelfrost infolge der Impfung klagte, gab es keinerlei Probleme mit Nebenwirkungen“, betont Beatrix Haake. In dieser Woche bekomme sie das erste Mal eine reguläre Lieferung Biontech.

Dank an die vielen Tausend Sprechstundenhilfen

Auch sie bestellt ihre Patienten für die Impfung jeweils zum Ende der Sprechstunde. „Da können wir hintereinander weg impfen, was sich während der Sprechzeit natürlich schwierig gestaltet. Meine Mädels haben sich da gut eingelesen, was das ganze Impfprozedere betrifft. Das klappt ziemlich gut“, sagt Haake.

Im Übrigen möchte sie bei der Gelegenheit eine Lanze für die vielen Tausend Arzthelferinnen und -helfer in Deutschland und überall brechen. „Sie stehen an vorderster Front, sind immer für die Patienten da, sind immer auch Gefahren ausgesetzt, trotz größtmöglicher Sicherheitsmaßnahmen – und das bereits seit mehr als einem Jahr. Ich denke, dafür gehört ihnen unser aller Respekt“, macht Beatrix Haake deutlich.

„Voraussichtlich wird sich in der nächsten Zeit ein Großteil der Hausärzte und später auch ein Teil der Fachärzte an den Impfungen gegen Covid-19 beteiligen können, abhängig vom zur Verfügung stehenden Impfstoff“, schreibt Heike Liensdorf auf Nachfrage. Wie viele Arztpraxen in Zerbst gegen das Coronavirus impfen, diese Frage konnte sie allerdings nicht beantworten.