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Mundschutzpflicht Begrüßt, aber nicht erwartet

Die deutschlandweite Maskenpflicht wird erstmal nicht kommen. Salzwedel wäre zum Teil aber schon drauf vorbereitet.

07.04.2020, 11:14

Salzwedel l Zum Einkaufen gehören wegen des Coronavirus’ mittlerweile ein paar Extra-Schritte: Leute kommen in einigen Läden nur mit Einkaufswagen rein und das nur in bestimmter Anzahl. Gruppen mit mehr als drei Personen sind nicht unterwegs, ein paar wenige tragen Handschuhe. Einen Atemschutz tragen in Salzwedel nur wenige – ob richtige Atemmasken oder einfache Schals – je nach Entwicklung könnten diese aber bald für alle vorgeschrieben sein.

Österreich hat die Mundschutzpflicht schon landesweit eingeführt, Jena hat sie (seit gestern) als erste deutsche Stadt, zudem der Landkreis Nordhausen. Dort kommt man nur mit verdecktem Mund in öffentliche Gebäude, die Verdeckung kann man sich zur Not auch selbst nähen. Das örtliche Kaufland stattet seine Mitarbeiter mit Masken aus, wie die Pressestelle angibt. Kunden können sie selbst mitbringen oder am Eingang kaufen. Im Rest des Landes bleibe man in Kontakt mit den Behörden und wartet die Entwicklung ab.

Denn von dieser ist abhängig, ob andere Teile Deutschlands mit der Mundschutzpflicht nachziehen. Sollte die Pflicht kommen, wird dies aber noch dauern: Eine deutschlandweite Regelung wurde bereits von der Regierung abgelehnt, und bei einer schrittweisen Implementierung hätte Sachsen-Anhalt eine geringere Priorität. Der Altmarkkreis Salzwedel hält sich da weiter an die Angaben des Landes.

Bianka Dorbritz, deren Edeka-Filialen von der Regelung betroffen wären, rechnet aber nicht mit der Pflicht. Die Läden seien schon mit Masken versorgt, aber nur für Mitarbeiter und auch nur für die, die sie tragen wollen. Welche für Kunden bereitzustellen, sei nicht geplant, weil mit einer ähnlichen Vorschrift schon schlechte Erfahrungen gemacht wurden: Da waren 6 000 ausgelegte Handschuhe innerhalb kurzer Zeit vergriffen.

Laut Internistin Juliane Felbinger müsse erstmal jeder für sich selbst entscheiden, ob er das Tragen einer Maske für richtig hält: „Ich habe mich der Auffassung angeschlossen: Wenn ich die trage, puste ich weniger raus“, sagte sie. Die wirksamsten Masken sollten ihr zufolge aber weiterhin medizinischem Personal vorbehalten sein. Selbst genähte Masken würden auch eine gewisse Schutzwirkung haben, gründliches Händewaschen und die Finger vom Gesicht zu lassen seien aber weiterhin die besten Methoden, sich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen.

Trotzdem hätten die meisten Einkäufer, die die Volksstimme zu dem Thema befragt hatte, nichts gegen eine allgemeine Mundschutzpflicht – sofern diese richtig umgesetzt wird. Die Versorgung müsse gegeben sein, und da liege das Problem, wie es etwa Ines Endert zusammenfasst: „Richtig schützen tun nur die ganz dicken Masken, und von denen hat eh keiner welche.“

Andere befürworten die Pflicht auch aus persönlichen Gründen, wie Madleen Schulz, die genau wie ihre Tochter Jenny zur Risikogruppe gehört und daher besonders vom zusätzlichen Schutz profitieren würde. Uta Großbauer hat einen Pflegefall bei sich zu Hause und erwägt schon, sich auf die Pflicht vorzubereiten: „Da muss ich erstmal im Internet schauen, wie man so eine Maske näht.“

Die Bereitschaft, sich den Mundschutz selbst zu nähen, war öfter zu hören. Hier sind allerdings zwei Dinge zu beachten: Zunächst filtern selbst genähte Masken nicht so gut wie professionelle, bieten aber immer noch einen gewissen Schutz. Wer anderen Masken liefert, sollte sie außerdem nicht „Mundschutz“ oder „Atemschutz“ nennen, denn wegen des Medizinproduktegesetzes könnten da Abmahnungen drohen. Darauf müssen gerade Kathrin Klähn und Nancy Sohn achten, die mit anderen Frauen ehrenamtlich Masken für Krankenhäuser nähen.

Klähn tat sich mit ein paar Freundinnen zusammen, nachdem sie von der Maskenknappheit in den Krankenhäusern hörte, und überzeugte Sohn ebenfalls von dem Unterfangen. Diese achtet als freiberufliche Schneiderin darauf, dass das Ganze professionell abläuft und liefert mit ihrem Laden die „Stoffzentrale“ des Unternehmens.

Die selbst genähten Masken gehen in erster Linie an systemrelevante Einrichtungen wie Krankenhäuser mit der Option, im Gegenzug für Material und damit die Herstellung neuer Masken zu spenden. Damit ist die Gruppe aktuell auch schon ausgelastet.

Die Selbstherstellung, etwa nach Anleitungen, die man sich aus dem Internet ziehen kann, sollte aber auch für Leute mit weniger Näherfahrung nicht zu schwer sein, sagt Kathrin Klähn: „Ein paar Nähte kriegt eigentlich jeder hin.“