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Online-Benutzerkonten Im Netz sind Tote fast unsterblich

Von Kerstin Singer 14.02.2015, 01:18

Magdeburg l Stirbt ein Angehöriger, dann sind die Hinterbliebenen zunehmend auch mit dem virtuellen Nachlass des Verstorbenen beschäftigt. Das gilt vor allem dann, wenn derjenige per E-Mail kommuniziert, seine Konten über Online-Banking verwaltet hat, in sozialen Netzwerken wie Facebook aktiv war oder Daten bei Google hinterlegt hat. Auch kostenpflichtige Abos oder Verträge laufen oft über das Internet. Wissen die Erben nichts von ihrer Existenz, können sie sie auch nicht kündigen.

"Viele rechtliche und praktische Probleme für Hinterbliebene könnten umgangen werden, wenn der eigene digitale Nachlass detailliert geregelt wird", sagt Michaela Schröder, Referentin im Projekt Verbraucherrechte in der digitalen Welt des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Auch wenn viele rechtliche Fragen offen seien, gebe es genug Möglichkeiten, Profile und Konten löschen zu lassen.

Um es den Angehörigen leichter zu machen, hilft es, eine Liste mit den Konten und aktuellen Passwörtern zu machen und diese sicher zu verwahren. Dazu kann eine Kopie ins Bankschließfach oder den Tresor gelegt werden oder die Daten auf einem verschlüsselten USB-Stick gespeichert werden. Die Verbraucherzentrale rät von Firmen ab, die gegen Gebühr die Passwörter speichern, um sie später an die Angehörigen weiterzugeben. Die Seriösität sei schwer einzuschätzen.

Online-Konten-Zugriff mit Erbschein

Da es ratsam ist, Passwörter immer wieder zu ändern, ist der Aufwand, eine solche Liste zu pflegen und zu hinterlegen, hoch. Dennis Romberg, Internet-Redakteur beim Verbraucherzentrale-Bundesverband in Berlin, rät daher, einen Passwort-Manager wie KeepassX (Version 2) zu nutzen. Dann sei nur ein Hauptpasswort als Zugang erforderlich, um an alle weiteren zu kommen.

Sind die Zugangsdaten des Verstorbenen nicht bekannt, wird es komplizierter, denn jeder Anbieter im Internet hat eigene Spielregeln, die sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wiederfinden. Hier ein paar Beispiele:

Die E-Mail-Anbieter GMX und Web.de geben den Erben gegen Vorlage eines Erbscheines Zugriff auf das Postfach des Verstorbenen. Bei Yahoo ist dies hingegen nicht möglich. Dort kann nur die Löschung des Accounts mithilfe der Todesurkunde beantragt werden.

Gedenkmodus kann bei der Trauer helfen

"Die beste Lösung bietet derzeit Google", berichtet Dennis Romberg. Dort könne der Nutzer bereits vor seinem Ableben regeln, wie mit seinem Online-Konto nach dem Tod umgegangen werden soll. Das macht ein sogenannter Kontoinaktivitätsmanager möglich. Dort kann eingestellt werden, nach wie viel Zeit sich Google beim Nutzer melden soll, wenn auf dem Konto nichts mehr passiert ist. Meldet sich der Nutzer nicht zurück, wird der von ihm definierte Personenkreis informiert. Diese haben dann drei Monate Zeit, die Inhalte herunterzuladen, bevor sie gelöscht werden.

Beim sozialen Netzwerk Facebook kann das Profil des Verstorbenen in einen Gedenkzustand versetzt oder komplett gelöscht werden. Dazu gibt es in der "Hilfe" auf Facebook ein eigenes Formular, auf dem die Sterbeurkunde sowie weitere Identifizierungsdokumente hochgeladen werden müssen. Ilona Wuschig, Professorin für Kommunikation und Medien an der Hochschule Magdeburg-Stendal, hält solch einen Gedenkmodus auch für sinnvoll, weil er manchen Menschen bei der Trauerarbeit helfe. Am Gedenktag würden dann die Facebook-Freunde benachrichtigt und könnten gemeinsam des Verstorbenen gedenken, berichtet sie aus ihrem Facebook-Freundeskreis.

Der Nachrichtendienst Twitter löscht nach 30 Tagen das Profil des Verstorbenen, wenn ein unmittelbares Familienmitglied oder der Nachlassverwalter den Tod meldet und folgende Unterlagen einreicht: Eine Kopie der Sterbeurkunde, eine Kopie eines offiziellen Ausweisdokumentes des Angehörigen, ein unterzeichnetes und notariell beglaubigtes Dokument, aus dem Name, E-Mail-Adresse, Kontaktdaten sowie die Beziehung zum Verstorbenen hervorgehen sowie die Todesanzeige.

"Hat der Verstorbene eine eigene Homepage, kann der Vertrag bei der Firme, die die Website hostet, mithilfe des Erbscheines gekündigt werden. "Die Domain wird dann gelöscht und kann wieder neu verkauft werden", erklärt Dennis Romberg. Soll die Seite weiter bestehen, muss der Vertrag auf den Erben übertragen werden. Dann kann dieser die Homepage auch weiter pflegen."

Die gleiche Vorsicht wie beim realen Erbe nötig

"Es gibt aber auch Menschen, die bewusst einen digitalen Nachlass im Internet schaffen, um auch über den Tod hinaus präsent zu sein", sagt Dr. Harald von Bose, Landesdatenschutzbeauftragter Sachsen-Anhalts. Umso wichtiger sei es, den Angehörigen vor dem Tod mitzuteilen, welchen Umgang man sich damit wünsche. In der Regel gingen die Daten nach dem Tod an den Rechtsnachfolger über, Facebook behalte sie jedoch.

Ein Sonderfall ist auch das Online-Banking. Sobald die Bank über den Tod des Kontoinhabers informiert wird, sperrt sie sowohl das Konto als auch den Online-Zugang. Die Zugangsdaten dürfen auch per Testament nicht weitergegeben oder vererbt werden, so Frank Busche von der PSD Bank Braunschweig.

Wer sich mit der Regelung des digitalen Nachlasses überfordert fühlt, kann das auch Profis überlassen. Wie Ilona Wuschig berichtet, gibt es inzwischen Rechtsanwaltskanzleien, die im Komplettpaket mit dem Testament auch die Regelung des digitalen Nachlasses anbieten. " Man sollte bei Dingen, die einem wichtig sind, die gleiche Vorsicht und Sorgfalt anwenden, beim realen wie beim digitalen Erbe", so Wuschig.


Facebook: Wie kann ich die Entfernung des Kontos eines verstorbenen Familienangehörigen beantragen?

Twitter: Über einen verstorbenen Nutzer oder bezüglich eines verstorbenen Familienmitglieds informieren