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TV-Doku im RBB Wie die DDR sich selbst beobachtete

Im DDR-Fernsehen wurde über die neuen Plattenbau-Siedlungen in
Ost-Berlin gejubelt, anderswo verfielen die Häuser. Beides wurde
gefilmt, aber die hässliche Seite blieb offiziell verborgen. Dieses
bislang wenig bekannte Kapitel beleuchtet jetzt ein Dokumentarfilm.

Von Jutta Schütz 14.03.2015, 01:15

Berlin (dpa) l Eimer und Schüsseln muss das Rentner-Paar in seiner Wohnung immer wieder aufstellen. In dem Ost-Berliner Mietshaus regnet es seit Jahren durch. Ein Kranfahrer berichtet, in seiner dreckigen Fabrikhalle sei die Lüftung schon lange kaputt. Es sind Ausschnitte aus DDR-Dokumentationen, die von einer staatlichen Stelle gedreht wurden. Die ungeschönten Filme waren jedoch nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Hunderte solcher Dokumentationen landeten direkt im Archiv.

Knapp 25 Jahre nach der Wiedervereinigung sind nun Teile dieser Hinterlassenschaft in dem Streifen "Der heimliche Blick - wie die DDR sich selbst beobachtete" zu sehen. Zu Wort kommen auch Protagonisten von einst.

Realsozialismus jenseits des DDR-Fernsehens

Mitarbeiter der extra gegründeten Staatlichen Filmdokumentation (SFD) sollten den Realsozialismus jenseits des DDR-Fernsehens ohne Agitation festhalten, heißt es im Film von Thomas Eichberg und Holger Metzner. Offizieller Auftraggeber der ziemlich autonomen Truppe war das DDR-Kulturministerium.

Die rund 300 Filme - gedreht seit Anfang der siebziger Jahre bis 1986 - wurden archiviert. Die alkoholisierte Familienfeier, ein Keramiker, der den Wehrdienst verweigert, benachteiligte Marionettenspieler - die Kameras fingen ein, was die staatlichen Medien nicht brachten. Die meisten Filme entstanden in Ost-Berlin. 70 Liter Benzin durften die Filmleute pro Monat verbrauchen.

Das Material sollte gezeigt werden, wenn sich der Kommunismus weltweit durchgesetzt habe, sagt Regisseur Eichberg. "So in 100 Jahren." Filmhistorikerin Anne Barnert meint im Film, anfangs hätten die DDR-Funktionäre geglaubt, dass die Probleme beim Aufbau des Sozialismus bald gelöst seien. Dann hätten die Filme künftigen Generationen von den Mühen des Anfangs erzählen können. In den 80er Jahren sei die Stimmung aber umgeschlagen - weil sich die Widersprüche eben nicht auflösten.

Wir konnten drehen, was sonst unvorstellbar war

"Wir konnten drehen, was sonst unvorstellbar war", berichtete Peter Badel, einst Kameramann bei der Filmdokumentation. So habe er mit Thomas Heise in einem Polizeirevier gedreht. Sie hätten sich aber vorher die langen Haare abschneiden lassen - um nicht aufzufallen. Die Rede ist auch von so manchem Trick, damit die Genossen Volkspolizisten ungezwungen und unverstellt agierten.

Und die Stasi hat die Filmleute einfach gewähren lassen? Regisseur Eichberg winkte ab: Die haben das Projekt wohl zu unbedeutsam gefunden - unter dem Motto: "Lass die mal machen, wird eh nie gezeigt."

Die DDR-Dokumente werden vom Bundesarchiv verwaltet. Abteilungsleiter Karl Griep sagte, noch sei längst nicht alles zugänglich, nur ein Teil sei bislang restauriert und digitalisiert. Ziel sei, dass sich künftig jeder die Filme im Internet ansehen könne. "So weit ist es noch nicht." Schulen könnten aber DVDs ausleihen. Die Dokumentation wurde von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert. Die unverstellten Bilder von einst könnten Lücken in der Erinnerung schließen, hieß es.

Der Dokumentarfilm über DDR-Dokumentarfilme läuft am Dienstag, dem 17. März, um 22.45 Uhr im RBB