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Anfeindungen gegen Burkhard Lischka Blinder Hass auf alles Fremde

Nach seiner Pegida-Kritik wird der SPD-Politiker Burkhard Lischka im Internet massiv angefeindet.

Von Steffen Honig 30.04.2015, 03:21

Berlin | Burkhard Lischka ist harte politische Auseinandersetzungen gewohnt. Doch was der Magdeburger Bundestagsabgeordnete nach einer Pegida-kritischen Äußerung an fremdenfeindlichem Hasstiraden erlebte, sprengt jedes Maß.

Wer bei Pegida mitmacht, muss sich gefallen lassen, als Rassist bezeichnet zu werden." Dies erklärte Burkhard Lischka nach dem Auftritt des niederländischen Islam-Gegners Geert Wilders bei Pegida in Dresden in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Das Interview erschien am 13. April, eine rechtspopulistische Internet-Plattform verbreitete das Zitat.

Über den Magdeburger SPD-Bundestagsabgeordneten und innenpolitischen Sprecher seiner Fraktion brach daraufhin ein rechtsextremer E-Mail-Shitstorm herein.

In einer Woche mehr als 140 Anfeindungen
In einer Woche waren es mehr als 140 Anfeindungen. Die Palette reicht von rassistischen Beschimpfungen bis zu subtilen Morddrohungen. Als Beleg einige Beispiele:

- "Ihre Ausage ... zeigt, dass Sie nicht viel im Kopf haben. ... Kein Wunder, wenn man solche Parteimitglieder wie Aydan Özoguz (Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, d. Red.) in den eigenen Reihen hat. Es wird Zeit, dass sich in unserem Land was ändert, ehe ihr Drecksäcke das Land an ,Muslime` verhökert."

- "Schämen Sie sich und hauen Sie ab aus Deutschland."

- "Wir wollen diese Typen und Verbrecher und Betrüger nämlich nicht haben, egal woher diese muslimische rückständige Brut auch kommt."

- "Sie sollten sich ... ernsthaft überlegen, ob Sie nicht besser zum Islam konvertieren und mit Ihren ganzen Volksverbrechern der Sharia Partei Deutschland nach Islamistan auswandern, bevor Ihnen hier in einem Nürnberg 2.0 der Prozess wegen Hochverrats gemacht wird."

- "Es kommt der Tag, da kommt der Geist des Führers zurück... Dann werden KZ aufgebaut. Dort werden große Jauchegruben ausgehoben, in die man Euch Dreck reinwirft."

Auffällig ist dabei: Längst nicht alle Absender bleiben dabei anonym, manche melden sich mit Namen, Adresse und Telefonnummer. Ein Phänomen, das Lischka besonders erschüttert. "Es wird teilweise ganz offen mit Absender gesagt, was vor Jahren nicht mal hinter vorgehaltener Hand geäußert worden hätte".

Für den SPD-Politiker ist dies Ausdruck einer Parallelgesellschaft, die intgerationsunwillig sei und all das verachte, was die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland ausmache. "Diese Leute vereint blinder Hass auf diese Republik, auf alle Menschen, die fremd und anders sind - bei Hautfarbe, der Religion und Gesinnung. Sie pfeifen auf den ersten Satz des Grundgesetzes, der da lautet: ,Die Würde des Menschen ist unantastbar.`"

Bei allem Verständnis für Politikverdrossenheit werde hier alle Menschlichkeit fallengelassen, meint Lischka. "Niemand bekommt gern solche Briefe, auch ich nicht. Und es lässt mich auch nicht kalt."

Parallelwelt am rechten Rand
Manche Schreiben würden zweifellos eine Strafanzeige rechtfertigen. Der Magdeburger Politiker will jedoch einen anderen Weg gehen: Die Beschimpfungen publik machen. "Damit deutlich wird: Wir haben eine Parallelwelt am rechten Rand, der wir die Stirn bieten müssen."

In den vergangenen Wochen gab es deutschlandweit immer wieder rassistische Hassausbrüche und Drohungen gegen Politiker, Bürgermeister oder Menschen, die Flüchtlingen helfen. In Sachsen-Anhalt wurde der Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper zeitweilig unter Polizeischutz gestellt. Nach dem Anschlag auf die vorbereitete Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz musste auch der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich, entsprechend abgeschirmt werden.

Innenpolitiker Lischka nennt Fakten: "In Deutschland gibt es jeden Tag einen fremdenfeindlichen Übergriff, beinahe jeden zweiten Tag einen Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft."

Die Pegida-Bewegung sei ein wesentlicher Nährboden dafür. "Pegida ist ein Brandbeschleuniger." Lischka weiß von Fällen, dass Gegner des Magdeburger Ablegers Magida von Rechtsextremen gejagt und verfolgt werden. "Ich habe den Eindruck, die rechtsextreme Szene ist seit Pegida wie auf Droge."

Dazu tragen Auftritte wie der von Wilders in Dresden bei, der dort unter anderem erklärte, dass nicht alle Muslime Terroristen seien, doch "die meisten Terroristen sind Muslime". Für seine Verhältnisse ist das noch zurückhaltend - der Niederländer hat in der Vergangenheit den Koran als schon "faschistisch" bezeichnet, mit Adolf Hitlers "Mein Kampf" verglichen und ein Verbot verlangt.

Lischka warnt: "Der Riss in unserer Gesellschaft wird stärker. Die sich hinter Pegida versammeln, glauben, für die Mehrheit in Deutschland zu sprechen. Ich schätze die Mehrheitsgesellschaft aber anders ein. "