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Richter Axel Bormann: "Eine Geschichte, fast wie im Privatfernsehen" Kalbenserin wirft Nebenbuhlerin Blumentopf an den Kopf

Von Gesine Biermann 09.03.2013, 02:22

Weil sie ihrer Nebenbuhlerin einen Blumentopf gegen den Kopf warf, wurde eine junge Frau aus Kalbe im Gardeleger Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt.

Gardelegen l Man mag es kaum glauben, aber auch Richter schauen wohl ab und an TV-Gerichtsshows. Vor wenigen Tagen fühlte sich Richter Axel Bormann jedenfalls auch in seinem eigenen Gerichtssaal an eine solche erinnert: "Man denkt immer, diese Serien sind gestellt, die man beim Umschalten im Fernsehen versehentlich erwischt", sagte er achselzuckend, "aber offensichtlich passiert so manches davon auch im wahren Leben."

Und darüber hatte er nun sogar zu verhandeln. Spaßig war die Sache indes kein bisschen. Angeklagt war die 36-jährige Kalbenserin, die vor ihm auf der Anklagebank saß, nämlich wegen Körperverletzung mit einem gefährlichen Werkzeug.

Einen Hammer oder gar ein Stecheisen gezogen hatte die junge Mutter allerdings nicht. "Nach einer verbalen Auseinandersetzung mit einer Frau" hatte sie im Oktober des vergangenen Jahres aber zu einem Porzellanblumentopf gegriffen und ihrer Gegnerin diesen an den Kopf geworfen, zitierte die Staatsanwältin aus der Anklageschrift. "Die Geschädigte musste sich daraufhin in ärztliche Behandlung begeben." Die Dame sei als Nebenklägerin zugelassen.

Da letztere allerdings auch als Zeugin vernommen werden sollte, musste sie die Verhandlung bis zu ihrer Aussage verlassen. Eine richterliche Anordnung, die die Angeklagte augenscheinlich sehr erleichtert zur Kenntnis nahm: "Wenn ich Ihnen hier die ganze Geschichte erzählt habe, dann werden Sie nämlich den Kopf schütteln und mich verstehen", kündigte die Angeklagte dem Richter daraufhin an.

Nun, mit ersterem hatte sie recht. Das angekündigte Verständnis des Richters hielt sich indes sehr in Grenzen. Auch wenn die arbeitslose Frau offensichtlich keinen leichten Stand im Leben hat. Seit kurzen beziehe sie Leistungen aus Hartz IV, gab sie an. Im Haushalt lebt zudem ihre kleine Tochter. Der Ehemann, derzeit ebenfalls arbeitslos, befinde sich aktuell "auf Erziehungskur". Er sei alkoholabhängig.

"Er kommt immer mal wieder, dann weint er, und dann will ich ihm helfen."

Um ihn allerdings drehte sich auch der Streit zwischen den beiden Frauen, die im selben Haus wohnen. Denn der Mann der Angeklagten hatte offensichtlich eine Beziehung zu der Nebenbuhlerin begonnen, konnte sich bislang aber nicht recht zwischen beiden Frauen entscheiden. "Er kommt immer mal wieder, dann weint er, und dann will ich ihm helfen", so die Angeklagte. Zuweilen habe er ihr dann aber auch "nur Geld geklaut und ist dann wieder abgehauen zu ihr."

Dermaßen gedemütigt hatte die Geschichte Anfang Oktober ihren Höhepunkt erreicht. An jenem Tag habe ihr Mann in alkoholisiertem Zustand nämlich das Kind der Geschädigten aus der Kita abgeholt, "und sein eigenes Kind stehenlassen." Die gemeinsame Tochter habe immer wieder "Papa, Papa", gerufen, so die Angeklagte sichtlich angegriffen. "Da sind dann mit mir die Muttergefühle durchgegangen." Ohne zu zögern hatte sich die 36-Jährige daraufhin nämlich zu der Spielothek begeben, wo die Geschädigte arbeitete, und habe sie zur Rede stellen wollen. "Ich wollte ihr sagen, dass sich mein Mann vor ihr ekelt", erzählte sie dem Richter. Die Nebenbuhlerin habe daraufhin "aber nur dreckig gegrinst, und da sind mir die Sicherungen durchgeknallt. Ich war einfach nicht mehr Herr meiner Sinne." Ohne zu überlegen habe sie dann den Blumentopf gegriffen, der auf dem Tresen gestanden habe. Dass sie diesen "geschmissen haben soll", daran könne sie sich indes nicht erinnern, so die Angeklagte.

Die Beule, die die junge Frau von diesem Angriff davontrug, hatte ihre behandelnde Ärztin laut dem ärztlichen Protokoll in den Gerichtsakten allerdings noch am folgenden Tag deutlich ausmachen können. Und ebenso deutlich erinnern konnte sich die Zeugin und Nebenklägerin noch an jenen Tag im Oktober: "Ich hatte in der Spielothek Dienst", so die 29-Jährige. Die Angeklagte sei hereingekommen, habe sie beschimpft und verlangt "ich soll ihren Mann in Ruhe lassen."

"Seither achte ich immer darauf, dass man mich in Kalbe gar nicht sieht."

Dann habe sie aber schon den Blumentopf auf sich zufliegen sehen, der sie schließlich auch am Kopf traf. Daraufhin habe sie versucht, die Nachbarin mit einem Pfefferspray abzuwehren. "Ich habe ihr gesagt, sie soll mit ihrer Tochter" - das Kind hatte die Szene offenbar mit angesehen - "rausgehen." Noch während sie die Polizei angerufen habe, sei die Angeklagte aber erneut auf sie zugegangen und habe ihr das Gesicht zerkratzt, berichtete die Frau. Seither fühle sie sich verfolgt. "Ich achte immer darauf, dass man mich in Kalbe gar nicht sieht."

War die Angeklagte bis dahin während der Befragung ruhig geblieben und hatte die Aussage ihrer Konkurrentin nicht angezweifelt, hielt es sie allerdings bei der nachfolgenden Befragung durch den Richter nicht mehr aus. Der Mann der Angeklagten wohne derzeit bei ihr, versicherte die Zeugin nämlich, "er steht sogar bei mir im Mietvertrag."

Genau das allerdings sah die Angeklagte anders: "Er wohnt bei mir, du verlogenes Aas", beschimpfte sie die Zeugin, "sag die Wahrheit Fräulein!"

Genau daran indes hatten schließlich weder die Staatsanwältin noch der Richter irgendwelche Zweifel. Sie glaubten der Zeugin. Dass die 36-Jährige tatsächlich mit dem Blumentopf nach der Geschädigten geworfen habe, stehe für sie fest, versicherte die Anklägerin. Und dafür gebe es keine Entschuldigung, "sie mag in Rage gewesen sein, wie sie will."

Die Spannungen, die zwischen den Beteiligten herrschten, "müssen wir aber trotzdem ein bisschen berücksichtigen", empfahl sie. Positiv sah sie auch, dass die Angeklagte "bislang unbescholten, bemüht und einsichtig" sei - über den Täter-Opfer-Ausgleich hatte sie der Geschädigten zum Beispiel einen Entschuldigungsbrief geschrieben und die Bezahlung des Attestes übernommen, eine Geste, die auch Richter Axel Bormann wohlwollend zur Kenntnis nahm.

Und er verurteilte die Angeklagte dann schließlich auch in einem nur minderschweren Fall der Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10 Euro. Da sie verurteilt wurde, muss die Kalbenserin allerdings auch die Gerichtskosten übernehmen.

Ganz kostenlos gab er der jungen Frau dann aber noch einen Rat mit auf den Weg: "Ich kann verstehen, dass Sie sich gekränkt fühlen", versicherte er, "auch wenn Ihr Mann in seinem besoffenen Kopf ein fremdes Kind abholt. Das allerdings sollten Sie dann mit Ihrem Mann ausmachen und nicht mit der Geschädigten!"