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Scheunenexplosion in Vahrholz "Ein ganzes Dorf steht unter Schock"

Die Explosion einer Scheune in Vahrholz bei Kalbe kostete am frühen
Mittwochabend einen 27-jährigen Altmerslebener das Leben (wir
berichteten). Derzeit suchen Beamte des Landeskriminalamtes nach der
Unfallursache. Sicher ist indes schon jetzt: Der Unfall hätte deutlich
schlimmere Folgen haben können.

Von Gesine Biermann 07.02.2014, 02:23

Vahrholz l Mauersteine bilden kleine Berge auf den Bürgersteigen, schwere Stahlträger und Dachplatten wurden an die Seite gelegt. Autos können die Vahrholzer Dorfstraße gestern schon wieder passieren. Und sie rollen in Dutzenden an. Bullis vom Landeskriminalamt parken neben Lieferwagen regionaler Handwerksbetriebe, Schaulustige steigen aus ihren Pkw.

Am frühen Mittwochabend riss eine mächtige Explosion die Vahrholzer aus ihrem vorabendlichen Tun. Eine Scheune direkt an der Dorfstraße zerbarst offenbar mit kaum vorstellbarer Wucht.

An der gegenüberliegenden Fassade des örtlichen Dorfgemeinschaftshauses sind in mehreren Metern Höhe die Abrücke schwerer Stahlträger zu erkennen, die der Druck der Explosion wie Strohhalme über die Straße geschleudert hat. "Rund 80 Kilo ist der schwer", schätzt Kalbes Verwaltungsmitarbeiter Uwe Wolff, hebt einen der Träger an und schüttelt mit dem Kopf.

Beim Dorfgemeinschaftshaus besteht Einsturzgefahr.

Wolff hilft mit seinen Mitarbeitern aber auch sonst, wo er kann. "Unsere Leute haben das Signal, dass sie unbürokratisch zufassen sollen, wo immer das nötig ist", versichert Bürgermeister Karsten Ruth auf Nachfrage. Sowohl gestern als auch bereits am Mittwochabend hatte sich Ruth selbst ein Bild von den Auswirkungen des Unfalles gemacht. Sein Eindruck: "Ein ganzes Dorf steht unter Schock."

Gestern Vormittag trifft das ganz sicher noch auf die meisten der Vahrholzer zu, die dem Geschehen an der Dorfstraße folgen. Fassungslos schauen die Anwohner auf das Trümmerfeld, das mal eine Scheune war.

Den jungen Mann, der am Mittwoch darunter starb, kannten und mochten offensichtlich alle. Dass er zum Zeitpunkt der Explosion allein in dem Gebäude war, in dem er sich gemeinsam mit Freunden offenbar eine kleine private Autowerkstatt eingerichtet hatte, ist aber vermutlich purer Zufall gewesen: "Manchmal haben 15 bis 20 Jungs auf einmal dort an ihren Fahrzeugen herumgeschraubt", sagt einer der Vahrholzer Feuerwehrmänner, die am Mittwochabend vor Ort waren, auf Nachfrage.

Und nicht nur das: "An den Wochenenden waren auch die Frauen und Kinder oft da, im Sommer haben sie vor der Scheune gegrillt. Wenn das an so einem Tag passiert wäre ...", sagt ein Anwohner und lässt den Rest des Satzes offen.

Fassungslosigkeit nach Explosion

Ohnehin können die Nachbarn noch gar nicht fassen, dass niemand sonst verletzt wurde: "Meine Frau geht in diese Richtung und um diese Zeit oft mit dem Hund spazieren", erzählt Eckhard Wolff, der nur rund 80 Meter entfernt von der Unfallstelle wohnt. Am Mittwoch sei sie zufällig mal in die andere Richtung gegangen.

Und auch Heiko Niemeyer hatte Glück: "Fünf Minuten vorher war ich noch im Dorfgemeinschaftshaus", erzählt der Vahrholzer. In zwei Wochen habe er dort mit der Familie feiern wollen, hatte schon mal Vorbereitungen treffen wollen. "Purer Zufall", dass er zu dem Zeitpunkt nicht mehr dort, sondern "hundert Meter weiter bei uns zu Hause" gewesen sei, sagt seine Frau und wischt sich verstohlen eine Träne ab. "Das ganze Dorf hat vermutlich in der Nacht kein Auge zugemacht".

Solidarität nach dem Unglück ist spürbar

Bei aller Trauer und Fassungslosigkeit ist gestern aber auch so etwas wie Solidarität zu spüren. So mancher Vahrholzer fasst beim Aufräumen mit zu. Ein Dachdeckermeister aus der Vahrholzer Straße in Kalbe zieht seine Mitarbeiter spontan von anderen Baustellen ab und schickt sie auf die kaputten Dächer neben der Explosionsstelle.

Und auch ein Ehepaar, das sein Haus in unmittelbarer Nachbarschaft wegen Einsturzgefahr verlassen musste, findet noch in der selben Nacht bei Angehörigen Aufnahme. Die Situation stellt die Dorfgemeinschaft vor eine Probe, sagt Karsten Ruth: "Aber sie kriegen das hin."