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Vierter Teil der Volksstimme-Serie / Kameradinnen über schlimme Bilder, Ausbildung und Urkunden Vier Frauen für die Genthiner Feuerwehr

Von Kristin Schulze 25.03.2014, 01:16

Die Genthiner Feuerwehr feiert ihr 140-jähriges Bestehen am Wochenende mit einer großen Festveranstaltung. Wir widmen dem Jubiläum eine fünfteilige Serie und den heutigen vierten Teil den Feuerwehrfrauen.

Genthin l Später Nachmittag, auf dem Tisch steht eine Kanne Kaffee. Doreen Bode blättert in einem Hefter voller Urkunden. Nur widerwillig hat sie die rausgeholt, im Mittelpunkt stehen ist nicht ihr Ding. "Zehnjährige Mitgliedschaft in der Genthiner Feuerwehr", steht auf einer der Urkunden. Doreen Bode lacht. "Zu der Ehrungsveranstaltung hat unser Stadtwehrleiter Achim Schmechtig mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gelockt", erzählt sie. "Meine Haare waren nicht gemacht, und auf einmal musste ich in die Mitte." 2012 ist das gewesen, seit 2002 ist Doreen Bode Mitglied in der Genthiner Feuerwehr.

Die 39-Jährige klappt den Hefter entschlossen zu. "Es geht ja nicht um Urkunden, sondern ums Helfen", sagt sie bestimmt. Geholfen hat sie bei etlichen Einsätzen. Auch darüber gibt es in ihrem Schrank einen Hefter. Den zeigt sie bereitwilliger als die Urkundensammlung. Fein säuberlich abgeheftete Zeitungsartikel reihen sich aneinander. In einem wird über einen Verkehrsunfall mit einem Schwerverletzten berichtet. In einer Kleinstadt wie Genthin bleibt es für die Feuerwehrleute nicht aus, dass sie die Unfallopfer kennen. Genau das ist Doreen Bode in diesem Fall passiert. Sie schluckt, bevor sie von ihrem schlimmsten Einsatz berichtet. "Danach bin ich in ein tiefes Loch gefallen. Das sind Bilder, die man nicht mehr los wird."

Doreen Bode atmet tief durch und blättert weiter. Warum ist man nach solchen Erlebnissen noch immer in der Feuerwehr? "Ich habe das Helfersyndrom", sagt sie und lächelte. "Und wegen der Truppe." Die sei es auch gewesen, die sie aus dem Loch, in das sie nach dem Einsatz gefallen war, holte.

Sie nennt die Feuerwehr ihr zweites Zuhause. Besonders, als sie arbeitslos wurde und sich mit Nebenjobs über Wasser hielt, waren die Kameraden für sie da. Einer von ihnen war es auch, der ihr vorschlug, sich als Lkw-Fahrerin zu bewerben.

Das ist nicht gerade ein typischer Frauenberuf, aber allein unter Männern zu sein, kannte die zierliche Genthinerin ja schon von der Feuerwehr.

Auf die ist sie 2002 durch einen Bekannten aufmerksam geworden. Bode durchlief die klassische Feuerwehrkarriere: Grundausbildung zur Trupp-frau, Berufung zur Feuerwehrfrau, später zur Ober- und Hauptfeuerwehrfrau.

Eine, die das noch vor sich hat, ist Stefanie Köhn. Seit einem dreiviertel Jahr absolviert die 27-Jährige die Grundausbildung in der Genthiner Feuerwehr.

Einen Antrag bei Achim Schmechtig stellen, zum Dienstabend (mittwochs 19.30 bis 21.30 Uhr) gehen und sich vorstellen sowie auf das "Okay" der Mitglieder warten - die Aufnahme in die Feuerwehr beschreibt Stefanie Köhn als recht unkompliziert.

Schwieriger wird es dann während der Grundausbildung, 40 Stunden müssen in verschiedenen Ortsfeuerwehren absolviert werden. Meistens am Wochenende.

"Beim letzten Mal stand technische Hilfe auf dem Programm. Dafür ging es zu einem simulierten Autounfall ins Schopsdorfer Industriegebiet", erzählt Köhn. Und berichtet von der Arbeit mit Schere und Spreizer. Mit der Schere könne man Metallteile aufschneiden, mit dem Spreizer Autotüren gewaltsam öffnen. Beides sind Geräte, die bei einem Verkehrsunfall Leben retten können.

"Ich bin da noch ein ganz weißes Blatt", sagt die Genthinerin, die in Brandenburg als Apothekerin arbeitet. An Einsätzen darf sie erst nach der Grundausbildung teilnehmen. "Wie ich das psychisch wegstecke, kann ich noch nicht sagen. Ich habe großen Respekt vor den kommenden Aufgaben."

Die Ausbildung zur Feuerwehrfrau empfiehlt sie trotzdem. "Mir macht es Spaß. Es ist interessant, was man alles dazu lernt. Und der Zusammenhalt in der Genthiner Feuerwehr treibt mich an." Probleme, weil sie eine Frau ist, hatte sie nicht.

Das bestätigt auch Doreen Bode, die bei ihrem Eintritt die einzige aktive Frau war. "Einfach war das nicht, aber nach dem ich die Ellenbogen zeigte, wurde ich schnell akzeptiert."

Lesen Sie im fünften Teil unserer Serie am Freitag: Wissenswertes rund um die Genthiner Feuerwehr sowie das große Fest zum 140-jährigen Bestehen