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Klaus Börner plädiert für Erhalt des Wasserturms, der Bibliothek, des Museums und Nutzung des KZ-Außenlagers als Bildungsobjekt Stadt erarbeitet neues Leitbild: "Mein Herz für Genthin"

Von Klaus Börner 22.03.2012, 03:05

Unter der Überschrift "Mein Herz für Genthin" arbeitet die Stadt an einem neuen Leitbild. Alle Bürger können sich mit ihren Vorschlägen einbringen. Der langjährige Museumsleiter Klaus Börner ist der erste Genthiner, der sich zu Wort meldet.

Genthin l Auf Grund der Auflösung des Altkreises Genthin 1993 und der Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft ohne die Klosterstadt Jerichow sucht Genthin nach einem neuen Leitbild für seine Weiterentwicklung sowohl für die wirtschaftliche als auch für seine kulturelle Entwicklung. Das zu DDR-Zeiten entwickelte Leitbild des Altkreises Genthin (Jerichow II) mit seiner umgebenen Landschaft, den von Wiesen und Wäldern eingebetteten Elbe-Havel-Kanal sowie dem ehrwürdigen Kloster Jerichow ist nicht mehr aktuell und kann auch durch die eigens geschaffene Verwaltungsgemeinschaft Jerichow nicht mehr verwendet werden (siehe Zeichnung). Mit der verwaltungsmäßigen Abtrennung der Klosterstadt mit rund 2 200 Einwohnern im Vergleich zu Genthin mit rund 17 000 ansässigen Bürgern (1991) hat sich für die ehemalige Kreisstadt eine völlig neue Situation und Entwicklung ergeben. Und das nicht nur auf Grund seiner günstigen Lage zur Ansiedlung von Unternehmen, sondern durch die inzwischen der Stadt auferlegten Sparzwänge.

Aus historischer Sicht war Genthin schon in der frühen Neuzeit (seit 1710) ein entwickelter Treffpunkt der damaligen Landstände der Elbe-Havel-Region (Jerichow I und II) und wurde 1816 zur Kreisstadt erklärt. Danach hat sich Genthin im Vergleich zu Jerichow wirtschaftlich sowie siedlungsgeschichtlich gut entwickelt.

Schon im Mittelalter hatten Genthin und Burg die gleichen Bedingungen und können auf eine gemeinsame Geschichte zurückblicken. So hätte beispielsweise nach der slawischen Besiedlung der Region im 9./10. Jahrhundert das im 12. Jahrhundert in Jerichow errichtete Prämonstratenserkloster zur Christianisierung des Landes auch auf Genthiner Boden stehen können. Als Vergleich sei auf die Errichtung der Burg und dem späteren Amt Plote verwiesen. Insofern können Genthin und Jerichow auf eine fast gleichlaufende Entwicklungsgeschichte zurückblicken und waren bis zur politischen Wende verwaltungsmäßig indirekt vereint. Die Erschließung des Klosters Jerichow als international anerkanntes Baudenkmal ging nachweislich damals nicht von der Stadt Jerichow, sondern von Genthin aus. Die inzwischen gewachsene Jerichower Verwaltungsgemeinschaft reicht heute bis zur Ostgrenze der Stadt Genthin und entwickelt sich vermutlich weiter.

Genthin ist heute nach dem Verlust seines Kreisstatus und den neu gebildeten Verwaltungsgemeinschaften zur Schaffung neuer Integrationsmerkmale und Leitbilder für die zukünftige Entwicklung gefordert. Geprüft werden sollen nach einem öffentlichen Aufruf des Bürgermeisters Wolfgang Bernicke unter anderem die Entwicklungsbereiche Wirtschaft, Kultur, Bildung, Sport, Tourismus sowie der Einzelhandel und die Entwicklung der Innenstadt.

Dazu möchte ich als langjähriger Bürger und Kenner der Geschichte der Stadt für den Bereich Kultur/Bildung einige Vorschläge und Gedanken unterbreiten, die ich auf Grund meiner persönlichen Erfahrungen und meinem Engagement gemacht habe. Aus meiner Sicht steht die Erhaltung des Genthiner Wasserturms, in dem der Kunstverein seinen Sitz hat und kulturelle Veranstaltungen für die Bürger der Stadt durchführt, als Kunst- und Kulturdenkmal an erster Stelle für ein Genthiner Leitbild.

Außerdem hat sich die Stadt- und Kreisbibliothek "Edlef Köppen" bisher mit vielen Veranstaltungen sowie seinen Forschungen zum Genthiner Schriftsteller Edlef Köppen für die Bevölkerung eingebracht und sollte auch weiterhin Bestand haben.

Obgleich das Kreismuseum Jerichower Land, das schon im 19. Jahrhundert durch den Genthiner Altertumsverein ins Leben gerufen wurde, nach wie vor seinen Standort in Genthin hat und sich mit laufenden Sonderausstellungen der Genthiner Öffentlichkeit widmet. Es obliegt aber in seinem Verantwortungsbereich dem Landkreis Jerichower Land mit Sitz in Burg und nicht der Stadt Genthin. Sein Einzugs- und Betreuungsgebiet erstreckt sich heute von Jerichow bis kurz vor Magdeburg bis in die Region Loburg/Leitzkau. Sein Arbeitsgebiet erstreckt sich heute auf den gesamten neu gebildeten Landkreis, das sind nach Auskunft des statistischen Landesamtes 157 673 Hektar Bodenfläche mit einer Nord-Südlänge von über 60 Kilometer.

Viele Bürger der Stadt betrachten das Museum Genthin noch heute als ihre Einrichtung, die aber sowohl in der Forschungsarbeit als auch in der Besucherbetreuung umfangreichere Aufgaben hat und keine Einrichtung der Stadt Genthin mehr ist.

Ein zentrales, öffentliches Schau- und Bildungsobjekt der Stadt ist das ehemalige KZ-Außenlager Ravensbrück/Sachsenhausen, das in letzter Zeit durch umfangreiche Forschungsarbeiten erschlossen, aber nicht anschaulich, neben dem KZ-Ehrenmal, dokumentiert wurde. Es ist dringend notwendig, die Forschungsarbeit auszuwerten, den Lager-standort sichtbar zu machen und das denkmalgeschützte Objekt für die Kultur- und Bildungsarbeit zur Veranschaulichung der faschistischen Kriegspolitik zu nutzen.

Das sind nur einige Hinweise und Vorschläge, die bei einer Diskussion über das Leitbild der Stadt berücksichtigt werden sollten. Auch die von mir erstellten Entwürfe für den Erhalt und die Nutzung des Wasserturms sind nur Vorschläge, weil das bisher vom Kunstverein genutzte Logo veränderungsbedürftig ist.