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Volksstimme-Interview mit dem Ministerpräsidenten zu Tourismusprojekten am Brocken Haseloff: "Ich bleibe dabei, in Schierke muss etwas passieren"

06.04.2013, 01:19

Mit Millionen schwerem Einsatz sollen in Schierke Straßen und ein Parkhaus gebaut werden - mit dem Ziel, dem Brockenort wieder seinen früheren touristischen Glanz zu verleihen. Wie steht die Landesregierung zu diesen Projekten, angesichts geringer werdender Spielräume im Landeshaushalt? Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat sich den Fragen von Volksstimme-Redakteur Tom Koch gestellt.

Volksstimme: Zwei Brücken sind in Schierke neu gebaut, doch der Bau der Sandbrinkstraße, die beide miteinander verbinden und zum künftigen Parkhaus führen wird, soll sich um drei Millionen Euro verteuern. Herr Ministerpräsident, kann sich das Land das leisten?

Reiner Haseloff: Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur von Schierke sind aus Sicht der Landesregierung vordringlich. Nur so ist eine Entwicklung des Ortes mit neuen Angeboten, zur Attraktivitätssteigerung insgesamt möglich. Wir haben ein großes Interesse daran, dass die Gäste länger als bisher im Luftkurort am Fuße des Brockens bleiben. Das erfordert beispielsweise auch, dass wir im konkreten Fall die Sandbrinkstraße verkehrsgerecht ausbauen müssen.

Volksstimme: Übernimmt das Land die Mehrkosten, wird die teurere Straße wie ursprünglich zugesagt auch zu 90Prozent gefördert?

Haseloff:Die zugesagten Förderkonditionen bleiben Grundlage, zuvor muss jedoch die Investitionsbank des Landes ihre Prüfungen gemäß der Vorschriften abgeschlossen haben.

Volksstimme: Eine Lokalzeitung aus dem niedersächsischen Harz hat berichtet, Sie würden das "Mammut-Infrastrukturprojekt Schierke kritischer betrachten". Was bedeutet das?

Haseloff: Noch als damaliger Wirtschaftsminister habe ich 2010 in Schierke klar und deutlich erklärt: "Hier muss etwas passieren." Als Ministerpräsident habe ich daran nichts zurückzunehmen. Der Ort verfügt über eine reiche touristische Tradition, schöpft aber sein großes Potenzial nicht aus, das wollen wir ändern

"Ein neues Schierke um jeden Preis? Diese Frage stellt sich gar nicht."

Volksstimme: Ein neues Schierke um jeden Preis?

Haseloff: Eine solche Frage stellt sich doch gar nicht. Es gibt ein vom Wernigeröder Stadtrat beschlossenes Entwicklungsprogramm für Schierke, das unterstützt die von mir geführte Landesregierung. Bislang haben wir Fördergelder von knapp 14Millionen Euro bewilligt, um ein "Paket" aus zwei Brücken, besagter Sandbrinkstraße und dem Parkhaus samt Fußgängerbrücke zu bauen. Wir sind überzeugt, auf diese Weise schaffen wir genügend Anreize, dass den öffentlichen Bauten auch private Investitionen in touristische Angebote folgen werden.

Volksstimme: Als Ministerpräsident haben Sie gerade mit Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) die Haushaltsdebatte für 2014 eröffnet. Angesichts enger werdender finanzieller Spielräume. Wird es Fördergelder auch für die privaten touristischen Investitionen in Schierke geben?

Haseloff: Natürlich, und das nicht speziell nur in Schierke, die Regeln gelten einheitlich für die touristischen Schwerpunktregionen des Landes. Es braucht dafür einen Ansatz für ganzjährige Tourismusangebote, es müssen nachhaltige Investitionen sein, die vor Ort auch eine Wertschöpfung schaffen. Innovative Angebote beispielsweise in Wellness und Gesundheit sind durchaus förderfähig.

Volksstimme: Herr Haseloff, Sie gehören zu den Politikern, die stets länderübergreifende Angebote im Harz fordern. Wie bewerten Sie die bisherige Zusammenarbeit bei den Projekten von Braunlage am Wurmberg in Niedersachsen und das der Schierker am Winterberg?

Haseloff: Ich weiß, dass es bereits mehrere Gespräche zwischen Braunlage und den Verantwortlichen in Wernigerode gegeben hat. Im Wirtschaftsausschuss des Landtages haben sowohl der frühere Goslarer Landrat als auch Braunlages Bürgermeister die Schierker Pläne befürwortet, als einen Weg die Attraktivität des Harzes insgesamt zu steigern. Der gemeinsame Ansatz, länderübergreifende Tourismusangebote für Harzurlauber zu schaffen, kann von mir nur begrüßt werden. Wir unterstützen deswegen auch die Wernigeröder Aktivitäten, von Schierke eine Verbindung zu den Wintersportangeboten am Wurmberg zu schaffen.

"Das große Projekt kritisch zu betrachten, ist durchaus positiv"

Volksstimme: Es gibt eine private Initiative von Skisportlern, die einen alpinen Skihang an Schierkes Großem Winterberg fordert.

Haseloff: Ich habe mich darüber vom Leiter des Nationalparks informieren lassen. Es hat bereits vor vielen Jahren im und für den Nationalpark einen Flächentausch am Kleinen Winterberg und im Eckertal gegeben, um eine touristische Entwicklung in Schierke zu ermöglichen. Im Ortsentwicklungskonzept spielen Überlegungen zur Ausweitung des Wintersportangebots durch einen Skihang am Großen Winterberg keine Rolle. Insofern werde ich mich auch zu diesem Thema nicht weiter äußern.

Volksstimme: Herr Ministerpräsident, Ihren Kollegen David McAllister (CDU) haben Sie nach der Niedersachsen-Wahl verloren. Haben Sie zum neuen SPD-Ministerpräsidenten in Hannover, Stephan Weil, erste Kontakte geknüpft, etwa über Gemeinsames im Harz bereits gesprochen?

Haseloff: Am Rand von Bundesrat und Ministerpräsidentenkonferenz sind wir uns schon begegnet, haben uns als "Länder-Nachbarn" bekanntgemacht. Zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt gibt es regelmäßig gemeinsame Kabinettsitzungen. Ich plane für das erste Halbjahr 2014 ein solches Treffen beider Regierungen, dann sind wir Gastgeber. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir dabei auch über das Verbindende im Harz sprechen, immerhin gibt es dort den bundesweit einzigen länderübergreifenden gemeinsamen Nationalpark.

Volksstimme: Diese Sitzung wird im Harz stattfinden?

Haseloff: Das kann ich heute noch nicht zusagen.

Volksstimme: Als Chef der Landesregierung von Sachsen-Anhalt tragen Sie Verantwortung für das gesamte Land. Wie passt dazu, das Schierker Tourismusprojekt in diesem hohen Maße zu fördern? Schafft das nicht ähnliche Begehrlichkeiten anderswo im Land?

Haseloff: Natürlich wird außerhalb des Harzes genau hingesehen, was wir als Land hier in Schierke unterstützen. Unbestritten ist jedoch, dass der Harz eine der attraktivsten Tourismusregionen in Sachsen-Anhalt ist. Jede dritte touristische Übernachtung gibt es hier, und über Steuereinnahmen profitieren wir als Land ja auch davon, wenn der Harz eine für viele - künftig gern noch mehr - Urlauber eine gefragte Ferienregion ist, wenn unsere Gäste länger bei uns bleiben.

Volksstimme: In der Wernigeröder Haushaltsdebatte hat eine Koalition aus Ihrer Partei, der CDU, und Linke einen Etatbeschluss zunächst verhindert. Oberbürgermeister Peter Gaffert beklagte daraufhin, damit werde die Entwicklung in Schierke behindert. Eine Entwicklung, die speziell von Ihnen und von Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU)tatkräftig unterstützt wird. Fühlen Sie sich von Ihren Parteimitgliedern vor Ort im Stich gelassen?

Haseloff: Keineswegs, das Werden und Wachsen dieses großen Projekts kritisch zu betrachten, ist durchaus positiv. Land und Kommunen befinden sich in einer Konsolidierungspartnerschaft, da ist es nur legitim, dass Transparenz gefordert wird, dass man bei manchen Entwicklungen eher defensiv reagiert. Ich halte diese Debatte im Wernigeröder Rat für eine notwendige Klammer zwischen den Schwerpunkten, die wir als Land setzen, und dem verantwortungsvollen Handeln vor Ort.

"Über das Zugesicherte hinaus, gibt es derzeit keine weiteren Zusagen"

Volksstimme: Herr Ministerpräsident, zurück zum Ausgangspunkt unseres Gesprächs: Die Sandbrinkstraße wird deutlich teurer, Planungen für das Schierker Parkhaus wurden geändert, die Ausschreibung muss wiederholt werden. Die finanziellen Folgen dabei sind noch unklar. Machen Sie sich deswegen Sorgen?

Haseloff: Alle Projekte im Land, auch im Tourismus, auch in Schierke, werden von uns in dem Maße kritischer betrachtet wie die Haushaltsvolumina geringer werden, das ist doch selbstverständlich. Ich sage aber ebenso klar und deutlich, wir als Land stehen hinter dem Projekt, hinter dem offensiven Ansatz von Wernigerode, Schierke nachhaltig zu entwickeln. Dazu gehört aber auch, über das von uns als Land bereits zugesicherte Fördervolumen hinaus, wird es derzeit keine weiteren Zusagen geben.