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Nach erfolgreichem Probelauf könnten weitere Lichtsignalanlagen in Halberstadt folgen Der Rotstift regiert: Die Stadt legt Ampel lahm und spart so 3000 Euro im Jahr

Von Jörg Endries 01.03.2012, 05:22

Ein Probelauf der besonderen Art beginnt heute in Halberstadt. Die Ampel in der Kühlinger Straße, die das Stadtzentrum mit dem Lindenweg sicher verbindet, wird abgestellt. Hintergrund: Die Stadt will Geld sparen.

Halberstadt l Die Kreisstadt nagt am Hungertuch, die Kassen sind leer. Im Rathaus regiert der Rotstift. Erst wurden aus dem Sparzwang heraus Papierkörbe abgebaut, jetzt werden Ampeln abgeschaltet.

Den Anfang macht heute die Ampelanlage in der Kühlinger Straße auf der Höhe des Durchgangs zum Lindenweg. Eine völlig neue Situation für Fußgänger und Fahrzeugführer. Zumal nicht nur diese Verkehrsteilnehmer von jetzt auf gleich ohne elektronische Regelung miteinander klar kommen müssen. Dazu zählt auch die Straßenbahn, die den Überweg quert. Fahrgäste steigen unmittelbar an der Ampel ein und aus. Verzichtet die Stadt aus Sparsamkeit auf die Sicherheit der Bürger? Eine Frage, die die Volksstimme Polizeihauptmeister Uwe Raugust, Verkehrstechniker im Polizeirevier Harz in Halberstadt, stellte.

"Ein Unfallschwerpunkt ist der Ampelbereich bislang nach unseren Erfahrungen nicht", so Raugust. "Würde sich daran mit der Ampelabschaltung etwas ändern, wird die Anlage sofort wieder in Betrieb genommen." Der Ordnungshüter versteht aber auch die Bürger, die fürchten, mit der Ampelabschaltung würde die Gefahr für Fußgänger, Opfer eines Unfalls zu werden, steigen. Fakt sei, dass in dem Moment, wo sich mit der Abschaltung grundlegend eine Situation ändert, sich alle Verkehrsteilnehmer auf diese neuen Verhältnisse einstellen müssen.

In den zurückliegenden Jahren habe es nur einen Unfall mit einem verletzten Fußgänger an der Ampel gegeben. Der Polizeihauptmeister bestätigt, dass die Kühlinger Straße eine sehr belebte Straße sei und zu den Hauptverkehrsadern Halberstadts gehört. Daran ändert sich erst etwas in den Abend- und Nachtstunden, in denen aber auch kaum Fußgänger unterwegs seien. Wieviel Fahrzeuge die Kühlinger Straße am Tag nutzen, könne derzeit nur geschätzt werden. Beamte des Polizeireviers hätten an einigen Kontrolltagen das Verkehrsaufkommen gezählt. "Hochgerechnet wären das zwischen 3000 bis 4000 Fahrzeuge pro Tag", berichtet Uwe Raugust. Über die Zahl der Fußgänger liege keine verlässliche Zahl vor.

Die Abschaltung erfolgt erstmal probeweise für die Dauer von drei Monaten. "Bis zum 31. Mai wird die Polizei die Verkehrsentwicklung in diesem Bereich unter die Lupe nehmen", informiert Ute Huch, Sprecherin der Stadtverwaltung Halberstadt. Nach Ablauf dieser Zeit sollen die gesammelten Daten ausgewertet werden, um zu entscheiden, ob die Ampel dauerhaft vom Netz genommen wird.

Gebaut wurde die Ampel, weil es an dieser Stelle, mitten im Stadtzentrum, damals den Bedarf gab, wie die Volksstimme von einer Mitarbeiterin des Stadt- und Landschaftspflegebetriebes Halberstadt, der die Lichtsignalanlagen im Auftrag der Stadt betreut, erfuhr. 1997, also noch vor Vollendung der Wiederbebauung des Stadtzentrums, fiel die Entscheidung zum Bau der Ampel. Zwei Kriterien seien dafür ausschlaggebend gewesen: Ein großes Fußgänger-Aufkommen und die nicht unproblematische Rechtsabbiegespur zum Parkhaus. Wieviel Geld, damals noch D-Mark, für den Bau geflossen ist, sei heute nicht mehr nachvollziehbar.

"Die Abschaltung der Ampelanlage ist ein Ergebnis der Haushaltskonsolidierung und der in einem Gutachten geforderten Einsparung bei den Kosten für die Lichtsignalanlagen im Stadtgebiet", bestätigt Ute Huch auf Nachfrage der Volksstimme. Im Fall der Kühlinger Straße spare die Stadt etwa 3000 Euro pro Jahr an Betriebs- und Unterhaltungskosten ein.

Damit jedoch nicht genug. Weitere Ampelanlagen in der Kreisstadt befinden sich ebenfalls auf der städtischen Streichliste und damit derzeit unter Beobachtung. Genauer gesagt zwei: Die Ampel in der Braunschweiger Straße/Ecke Sternstraße und die Ampel in der Hans-Neupert-Straße/Höhe Gebrüder-Rehse-Straße. Unterm Strich will die Stadtverwaltung mit der Abschaltung dieser drei Lichtsignalanlagen pro Jahr insgesamt etwa 8200 Euro einsparen.

Im Fall der Ampelanlage in der Braunschweiger Straße/Ecke Sternstraße muss man aber auch wissen, dass diese noch neue Lichtsignalanlage immerhin 30 000 Euro gekostet hat, wie Harald Müller, Fachgruppen- leiter im Landesbetrieb Bau Halberstadt Niederlassung West, auf Nachfrage der Volks timme informiert. Geld, das im Fall einer Abschaltung regelrecht zum Fenster herausgeschmissen worden wäre.