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Fotos, Namensverzeichnisse, Notgeld und Zeitungen seit 1702 befinden sich in Zeitkapsel Lang gehütetes Geheimnis endlich gelüftet

Von Sandra Reulecke 16.08.2012, 05:20

Seit 60 Jahren ist er ein Geheimnis, der Inhalt der Badersleber Zeitkapsel. Doch nun wird er im Rahmen der Sanierungen an der Sankt Sixti-Kirche vor einigen Schaulustigen ans Tageslicht gebracht.

Badersleben l Gespannt schauen einige Dutzend Schaulistige in Badersleben in den Himmel. Sie beoachten, wie in gut 42 bis 45 Metern Höhe die Wetterfahne und die dazugehörige Kugel mit einem Durchmesser von 75 Zentimetern vom Turm der Badersleber Sankt Sixti-Kirche demontiert und in den Pfarrhof gebracht werden. In der Kugel befinden sich zwei Zeitkapseln, deren Inhalt bislang ein Geheimnis ist.

"Heute rief mich der Sohn des Dachdeckermeisters Herbert Biewendt an und teilte mir mit, dass sich in einer der Kapseln Unterlagen seines Vaters befinden", berichtet der Gemeindepfarrer Martin Quellmalz. Tatsächlich sind Schriften des Badersleber Dachdeckermeisters bei den Unterlagen. Er war für die letzte Schiefereindeckung des Turmdaches 1952 zuständig.

Die meisten Stücke, die in dieser Woche erstmals seit 60 Jahren wieder das Tageslicht erblickten, sind in einem erstaunlich guten Zustand. Neben Zeitungen verschiedener Jahre befinden sich Fotos, Briefe, Münzen, Geldscheine und Namenverzeichnisse in den Metalldosen. Einige der Zuschauer erkannten ihre Vorfahren unter den Namen.

"Die ältesten Beigaben stammen scheinbar aus dem Jahr 1702."

Klaus-Dieter Wende, Mitglied im Gemeindekirchenrat

"Besonders interessant ist das Notgeld, mit dem nur in Badersleben gezahlt werden konnte", berichtet Klaus-Dieter Wende, Mitglied im Gemeindekirchenrat. "Die ältesten Beigaben stammen scheinbar aus dem Jahr 1702, aber noch haben wir nicht alles sichten können. Auch die altdeutsche Schrift bereitet uns zum Teil Schwierigkeiten. Wir suchen nun nach Schriftkundigen."

Anlass der Kapsel-Öffnungen ist die derzeitige Sanierung des Kirchturms. "Das sind die umfassendsten Arbeiten seit 300 Jahren", so Quellmalz. Erstmals wurde die Kirche im 13. Jahrhundert erwähnt, um 1719 wurde sie zu einer evangelischen Saalkirche umgebaut. Doch im Laufe der vergangenen Jahrhunderte nagte der Zahn der Zeit an dem Bauwerk. "Risse und undichte Stellen machten es 2003 notwendig, mit dem Planungsring aus Wernigerode ein Sanierungskonzept zu erstellen", so Wende. "2009 folgte der erste Bauabschnitt am Turmhelm."

"Wir hoffen, dass die Arbeiten in drei bis vier Monaten abgeschlossen werden können. Aber bevor nicht alle Balken freigelegt sind, können wir noch nicht sagen, was alles ausgetauscht werden muss", so der Bauleiter Ulrich Rütjerodt. Finanziert werden die Arbeiten durch die Kirchgemeinde, den Kirchkreis Halberstadt, der Landeskirche, der Kirchbau-Stiftung, Lotto-Toto Sachsen-Anhalt, der Stiftung der Kreissparkasse Halberstadt sowie dem Amt für Landwirtschaft, Flurerneuerung und Forsten Mitte.